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Diebe

Diebe

Titel: Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Gatti
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schiebt sich vom Wachmann weg, auf ein Geschäft einige Schritte weiter links zu. Um aber gleich darauf wieder auf den Gehsteig zurückzutreten. Die Frau und ihre Freunde sind noch da, aber niemand blickt in ihre Richtung. Der Wachmann ist unterdessen weitergegangen.
    Sie ist vorsichtig. Demi sagt, ein guter Dieb ist unsichtbar. Ein guter Dieb hängt nicht an irgendwelchen Ecken herum, er ist geschäftig, wie alle anderen auch, er macht irgendetwas, geht irgendwohin. Ein guter Dieb weiß, was sein Opfer tun wird, noch ehe das Opfer es tut. Ein guter Dieb erkennt die Gelegenheit und ist dann so schnell, dass man ihn schon filmen und anschließend den Film in Zeitlupe abspielen muss, um verfolgen zu können, wie seine Hand sich bewegt hat. Das sind Demis Worte, obgleich auch er ja kürzlich von dem kleinen Mädchen beobachtet worden ist. Demi sagt, dass man außerdem auch ein bisschen Glück braucht.
    Der rundgesichtige Wachmann hat es nicht so furchtbar eilig. Er trottet gemächlich voran, inzwischen wendet er auch regelmäßig den Kopf, manchmal, um hübschen Mädchen nachzusehen, meistens aber, um die Cafés und Restaurants zu begutachten, an denen er vorbeikommt. Sie weiß, woran er denkt, und sie hat eine deutliche Ahnung, wo er haltmachen wird: bei Brastoliris, der bekannten Konditorei. Ja, wer sagt’s denn, da bleibt er auch schon vor dem Schaufenster stehen, um das goldkrustige Gebäck zu betrachten, dann tritt er kurz entschlossen durch die Tür.
    Baz bleibt ein Stück zurück, im Halbschatten rechts neben der Ladenfront. Dies ist jetzt die Gelegenheit. Wenn er aus dem Geschäft kommt, wird er mit der Papiertüte beschäftigt sein. Zu gierig, um mit dem Probieren zu warten, bis er zu Hause ist, wird er auf dem Weg zur Straßenbahnhaltestelle schon mal ein Stück essen, und die Haltestelle ist nur zwanzig Meter weiter die Straße hinunter.
    Das heißt, sie wird sehr schnell sein müssen. Sie muss den Schlüssel klauen, einen Abdruck davon in der Seife machen und dann den Schlüssel wieder an seinen Platz bugsieren, bevor der Mann nach Hause kommt. Glück wird sie dabei auch brauchen.
    Kurze Zeit später kommt er aus dem Geschäft, bleibt so dicht in ihrer Nähe stehen, dass sie die Mischung aus Schweiß und dem scharfen Ammoniak aus dem Krankenhaus riechen kann, so dicht, dass sie hören kann, wie er atmet, gierig, stoßweise. Er ist nicht der Mann, der einem kranken Hund hinterherlaufen könnte, geschweige denn, einem von Fays schnellfüßigen Dieben. Er hantiert mit der Papiertüte, ganz wie sie’s vorhergesehen hat, und dann, gerade als er den Kopf ein wenig zurückbiegt, um das Gebäck ohne Verluste im weit geöffneten Mund unterzubringen, hält Baz den Atem an, rückt so nahe an ihn heran, dass sie mit seinem Schatten verschmilzt, schiebt ihre Hand in seine Tasche, fasst den Schlüsselgriff mit Zeige- und Mittelfinger und ist wieder weg, bevor er seinen zweiten Bissen nimmt. Mit einem vergnügten kleinen Grunzen setzt sich der Wachmann Richtung Haltestelle in Bewegung, während Baz, ohne ihn aus den Augen zu lassen, den Schlüssel in die Seife presst und hofft, dass der Abdruck gut genug sein wird.
    Sie wünschte, sie könnte sich unter einer Straßenlaterne davon überzeugen, aber das wäre ein törichtes Risiko, und ohnehin hat sie keine Zeit dafür. Eine Straßenbahn ist um die Ecke gebogen und fährt in diesem Moment ein. Ein letztes Mal drückt sie zu, und dann, als die Straßenbahn schon wieder abfährt, läuft sie mit lockeren Schritten hinterher und schwingt sich auf.
    Nach fünfundzwanzig Minuten Fahrt durch die Stadt in Richtung Fluss fragt sich Baz allmählich, ob er wohl bis ganz zum Agua-Platz will, doch zwei Stationen vorher, in der Via Amaro, steigt er dann aus und sie folgt ihm rasch. Dies ist eine eher raue Gegend, und der Wachmann ist auf der Hut, geht zügig, möglichst immer im Licht, huscht eilig durch eine Gruppe von Jugendlichen, die an einer Straßenecke herumhängen. Einer von ihnen, der seine Uniform bemerkt hat, ruft ihm eine Beleidigung nach, die der Wachmann aber ignoriert. Er ist keiner, der sich mit anderen Leuten anlegt. Die Jugendlichen lachen und einer wirft mit einer Zigarettenkippe nach ihm. Baz umkurvt die Gruppe weiträumig, alle Sinne angespannt, aus Wachsamkeit nicht unbedingt nur vor der Polizei, sondern vor jedem, der ihr gefährlich werden könnte – immerhin hat sie, wie ihr sehr wohl bewusst ist, ein Bündel Geldscheine im Hosenbund stecken.
    Als der Wachmann

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