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Diebin der Nacht

Diebin der Nacht

Titel: Diebin der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meagan McKinney
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Bist du schon wach?«, fragte die Stimme einer Frau.
    Hastig nahm sie die Haube vom Kopf und stopfte sie in ihren Weidenkorb - gerade noch rechtzeitig bevor die Tür aufschnappte und eine Frau um die dreißig mit feuerrotem Haar auf Lockenwicklern unter einer Spitzenhaube ihren Kopf in den Raum hineinstreckte.
    »Schon auf und angezogen! Donnerwetter! Ich selbst bin gerade erst aufgestanden.«
    »Guten Morgen, Rose.«
    Rose O’Reilly schenkte dem schwarzen Kleid einen skeptischen Blick. Sie hatte eine großporige Haut und ein von Sorgen gezeichnetes Gesicht, das schon vor seiner Zeit gealtert war. »In diesem abgerissenen Kleid hast du dein ganzes hübsches Aussehen verloren.«
    Mystere ignorierte das einfach. »Ist Paul schon auf?«
    »Ja. Er ist mit Hush zusammen im Salon unten. Unterrichtsstunde, weißt du.«
    »In Ordnung. Ich werde sofort nach unten gehen.«
    Rose wollte gerade die Tür zuziehen, zögerte dann aber doch. »Übrigens, es steht heute Morgen überall in den Zeitungen.«
    »Was - oh. Du meinst sicher Mrs. Pendergasts Brosche.«
    »Alle sind in heller Aufregung. Evan sagt, dass sogar der Milchmann nicht davon aufhören wollte. Die Polizei gelobt, den Dieb zu schnappen. Sie rufen sogar eine Spezialeinheit ins Leben, nur um Lady Moonlight in die Falle zu locken. Ich habe Paul gesagt, dass er sich ganz schön weit vorwagt, aber er hat mir geantwortet, ich solle den Mund halten, er wisse genau, was er tue. Ich hoffe bei Gott, dass er Recht damit hat, ansonsten kann es uns alle teuer zu stehen kommen.«
    Nachdem sie ihre Neuigkeiten losgeworden war, ging Rose wieder fort. Ihre warnenden Worte ließen Mystere jedoch mit einem besorgten und unbehaglichen Gefühl zurück. Vor allem, als sie sich daran erinnerte, wie Rafe Beiloch sie am vorhergehenden Abend mit seinen dunklen, anklagenden Augen erforscht hatte. Paul tat ihn als Sonderling ab, sie jedoch spürte die gefährliche, unterdrückte Spannung in ihm. Dieser Mann war wie ein eingesperrter Tiger, der nur darauf wartete, dass irgendein Dummkopf die Tür des Käfigs öffnete.
    Trotzdem war es das Risiko wert. Keiner der anderen - nicht einmal der einfallsreiche Hush, der trotz seiner jungen Jahre schon ein erstaunlicher Taschendieb war - brachte Beute mit, die sich mit der Lady Moonlights messen ließ. Das war auch unmöglich, denn die anderen verfügten nicht über ihren leichten Zugang zu den ganz Reichen. Und je mehr sie einbrachte, desto höher sollte ihr Anteil sein - so zumindest hatte Rillieux es ihr versprochen. Geld, das sie so dringend benötigte.
    Mystere schloss die oberste Schublade eines goldbronzenen Louis-XVI-Schreibtisches auf und nahm eine kleine Schatulle aus Birkenholz heraus. Der zerlesene und zerrissene Brief, den sie vorsichtig herausholte und entfaltete, war auf Kanzleipapier geschrieben, das durch sein Alter, durch Berührung und durch Belichtung verblasst war. Sie tadelte sich selbst dafür, ihn trotzdem erneut in die Hand zu nehmen. Es gab jedoch Momente, in denen sie es einfach tun musste, ansonsten hätte sie wohl aufgehört, daran zu glauben, dass ihr Kampf es wert war.
    Am besten war der gedruckte Briefkopf zu erkennen, der aus einem zweigeteilten Bild bestand, und zwar aus einem halben Adler, an dem der Arm eines Mannes angebracht war, in dessen Hand ein Dolch steckte. Das Datum unter dem Briefkopf war ebenfalls klar zu erkennen, es war der 12. April 1863. Die saubere Handschrift selbst war jedoch fast verblasst und wurde zunehmend undeutlicher, je länger Mysteres Blick über die Seite glitt.
     
    Lieber Brendan,
    ich bete zu Gott, dass dieser Brief mitsamt dem beigefügten Bankscheck dich und deine Familie gut erreicht. Ich weiß, wie schrecklich es heutzutage in Dublin ist. Glaube mir, auch in New York ist es hart gewesen, als ich hier ankam.
    Trotzdem jedoch bin ich über meine kühnsten Hoffnungen hinaus erfolgreich gewesen. Ich weiß, dass es mit deiner Gesundheit in letzter Zeit nicht gut bestellt ist, aber wenn irgend möglich, so bitte ich dich eindringlich, deine Familie hier nach New York zu bringen. Sei versichert, dass ich über die Mittel verfüge sicherzustellen, dass du dich gut hiereinrichten kannst. Das Leben ist turbulent und verwirrend, vor allem jetzt, da wir auf das Ende dieses schrecklichen Krieges warten. Wie dem auch sei, ein Mann, der bereit ist, die Ärmel hochzukrempeln, wird reichlich Möglichkeiten finden, seine eigene Lage und die seiner Kinder zu verbessern.
    Da wir gerade davon sprechen,

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