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Diebin der Nacht

Diebin der Nacht

Titel: Diebin der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meagan McKinney
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Schmuckstücke geworfen.«
    »Ich werde rechtzeitig zurück sein«, versprach sie ihm und behielt ihren Groll für sich.
    Allem Anschein nach hatte sie einen äußerst erstrebenswerten gesellschaftlichen Terminkalender. Neben den zahlreichen - endlosen, korrigierte sie sich — Bällen, Abend- gesellschaften und frühen Abendessen gab es da noch die Besuche von Museen, Opern, dem Theater und den Vortragssälen. Trotz allem befand sie sich jedoch in einem Zustand unaussprechlicher Einsamkeit. Sie war zwar unter Menschen, jedoch nicht mit ihnen - sie war nur dort, um zu stehlen.
    Hush folgte ihr aus dem Salon hinaus und durch das Haupt-Empfangszimmer in die Vorhalle. »Mystere?«, sprach er sie an, als sie nach dem gläsernen Knauf der Eingangstür griff.
    »Hmm?« Gedankenverloren drehte sie sich um und erwiderte seinen düsteren, intelligenten Blick.
    »Wann werde ich hier zusammen mit dir ... ehm, ich meine mit euch allen leben dürfen?«
    Sie lächelte, obwohl seine Worte ihr einen Stich versetzten. »Schon recht bald, denke ich. Auf jeden Fall aber hängt das von Paul ab.«
    Aus Angewohnheit schüttelte er sich seinen dunklen Haarschopf aus den Augen. »Mr. Rillieux ... er mag mich, nicht wahr? Er findet, dass ich gute Arbeit leiste, stimmt s ?«
    Mystere glaubte daran, bei sehr sorgfältiger Betrachtung eines Gesichtes nicht nur erkennen zu können, war für ein Mensch derjenige war, sondern auch, was aus ihm werden würde. Und was sie in Hushs Gesicht sah, gefiel ihr. Hinter dem Schmutz und den Narben und der rauen Politur eines Gassenjungen sah sie ein aufrichtiges Herz und echte Charakterstärke.
    »Hush«, antwortete sie, »er ist ziemlich zufrieden, ja. Mach dir deswegen keine Gedanken. Aber du weißt hoffentlich, dass niemand dazu gezwungen werden kann ... ein Dieb zu werden?«
    »Gezwungen? Mir gefällt es. Mit Sicherheit ist es tausendmal besser, als unter Häusern herumzukriechen, um Ratten zu vergiften.«
    »Ich weiß. Aber denke immer daran, auch wenn du lediglich das tust, was Paul dir aufträgt, dass du genauso gut etwas anderes tun könntest, etwas, das dir sogar noch besser gefallen würde. Etwas Ehrenhaftes. Bringe dir selbst ein nützliches Gewerbe bei - kannst du lesen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Aber ich kann ein wenig rechnen.«
    »Nun, dann werde ich dir das Lesen beibringen. Für einen so intelligenten Jungen wie dich wird es ein Kinderspiel sein, das zu lernen. Wir werden damit anfangen, sobald du das nächste Mal wieder zu uns kommst.«
    Sein Gesicht hellte sich angesichts dieser Aussicht auf. Sie drehte sich zur Tür um, aber erneut hielt seine Stimme sie vom Gehen ab. »Mystere?«
    »Ja?«
    Er warf einen flüchtigen Blick über seine Schulter, um sicherzugehen, dass Rillieux den Salon nicht verlassen hatte. »Wirst du ... du weißt schon, gezwungen?«
    Sie durchforschte sein Gesicht. »Du hast es erraten, nicht wahr? Das mit der Lady Moonlight?«
    Er nickte.
    »Du bist wirklich intelligent. Lass es aber Paul nicht wissen, dass du es weißt.«
    »Wirst du denn nun? Gezwungen, es zu tun, meine ich?«
    Irgendetwas in dem neugierigen Blick, den er ihr zuwarf, erinnerte sie an die Art, wie Rafe Beiloch sie am vorangegangenen Abend angeschaut hatte, als wollte er die Tiefen ihrer Seele erforschen.
    Sie wollte gerade nach einer Antwort suchen, als ihr Blick auf die Kaminuhr aus Messing und Glas fiel: schon nach zehn.
    »Wir werden später darüber reden«, sagte sie zu ihm und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange. »Lass dir nur eines gesagt sein: Hochtrabende Worte wie >Aneignung< ändern nichts an einer Sache. Stehlen mag dir leicht und gewinnbringend erscheinen, aber egal, wie gut man auch darin wird, es ist und bleibt eine Sünde und ein Verbrechen.«
    »Nicht, wenn du es tust«, beharrte er in einem Ton, der keinen Einspruch duldete.
    Paul ist nicht der Einzige, der ihn verdirbt, dachte sie mit einem flauen Gefühl im Magen, als sie nach draußen ging. Ungeachtet dessen, was er gerade gesagt hatte, fühlte sie sich völlig außer Stande, ihm in die Augen zu schauen oder ihm eine abschlägige Antwort zu geben.
     

4
    Es gab keinen Bus zum Lafayette Place, Mystere brauchte jedoch nur ein paar Blocks weiterzulaufen, um einen Expresswagen zu erreichen, der von einem riesigen Pferd gezogen wurde. Dieser brachte sie direkt zum Parkeingang an der Fifth Avenue Ecke 59. Straße.
    Trotz ihrer nervösen Erwartung dessen, was sie bei dem Treffen mit Lorenzo Perkins erfahren sollte, genoss

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