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Diebin der Nacht

Diebin der Nacht

Titel: Diebin der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meagan McKinney
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die Bettler und Diebe, Huren und Gauner warf, kämpften in seinem Innern Mitgefühl und Ekel gegeneinander an. Und überall die Gassenkinder, verlassene und verwaiste Kinder, die sich allein durchs Leben schlugen, indem sie mit den streunenden Hunden um einen trockenen Schlafplatz kämpften.
    Die Wall Street braucht eine weitere Börse, dachte er. Eine Schmutzbörse. Das war nämlich eine der am reichlichsten vorhandenen Waren in der Stadt.
    Plötzlich kam die Kutsche mit einem Ruck zum Stehen, einen Moment später setzte sie sich wieder in Bewegung. In unmittelbarer Nähe von Five Points, das durch drei sich kreuzende Straßen gebildet wurde, gab es ein verwirrendes Labyrinth dunkler, zwielichtiger Gassen, Heimat der Halbwelt, die außer in den Penny-Zeitungen selten erwähnt wurde. Ohne Vorwarnung bog die Kutsche scharf in eine dieser Gassen ein und hielt erneut an, so abrupt, dass die Zugketten rasselten und Rafe vom Sitz geschleudert wurde. Er streckte seinen Kopf hinaus. »Wilson, verdammt, was zum Teufel -?«
    Noch bevor er seine Frage beenden konnte, schoss eine schlanke, wohlgeformte weibliche Hand durch das Fenster und drückte einen feuchten Bausch unter seine Nase. Rafe gelang es, sein Gesicht abzuwenden, nicht jedoch, bevor er den üblen Geruch von Chloroform eingeatmet hatte. Er war nicht bewusstlos, hatte jedoch das Gefühl, einen wuchtigen Schlag abbekommen zu haben.
    Rafe fiel der Länge nach in den Sitz zurück. In seinem Kopf drehte sich alles, er nahm nur noch ein schallendes Durcheinander von Geräuschen wahr, die nicht genau zu identifizieren waren. Dann öffnete jemand mit einem Ruck die Tür.
    »Steig aus, Jack, und zwar ein bisschen flott, sonst jag ich dir ’ne Kugel durch den Kopf!«
    Schwankend und gegen Übelkeit ankämpfend stieg Rafe mit wackeligen Beinen aus. Die Gasse war staubig und mit Abfall übersät. In der zunehmenden Dämmerung konnte er einen großen Mann erkennen, der einen Mantel aus grobem Wollstoff und eine dreckige, in seine Stiefel gesteckte Segeltuchhose trug. Seine rechte Hand umklammerte eine alte Dragonerpistole.
    Rafe warf einen flüchtigen Blick über die Schulter und sah einen zweiten Mann oben auf dem Kutschbock stehen, der ein großes Messer an Wilsons Kehle drückte. Irgendjemand hielt eine Laterne vor Rafes Gesicht.
    »Schau dir bloß diese schöne Kleidung an!«, rief der Mann in der Gasse aus, während er Rafes Überzieher befühlte. »Es ist unser Glückstag, Schätzchen.«
    Rafe nahm rasch wahr, dass er zu der Frau sprach, die die Laterne hielt - derselben Frau, die ihn betäubt hatte. Eine schwarze Dominomaske verdeckte eine Hälfte ihres Gesichtes, ein mit Perlen besticktes Kopftuch aus tiefroter Seide bändigte ihr üppiges dunkles Haar. Sie trug einen geflickten braunen Wollrock und eine schmuddelige grüne Samtjacke, unter der sich ihr wogender Busen abzeichnete.
    Sie erwiderte seinen forschenden Blick mit kühlen, glänzenden Augen, die wie Eissplitter hinter der Maske hervorstarrten. Er hätte ihr Herz für genauso kalt halten können, wäre da nicht diese unerwartete Gefühlsregung gewesen, die er plötzlich in ihnen erkennen konnte. In ihren blauen Tiefen lag ein verletzter, vorwurfsvoller Ausdruck, der nichts mit ihm, eher mit der Welt zu tun zu haben schien.
    Dieser Ausdruck verriet ihm, dass sie kein völlig verhärtetes Wesen war. Noch nicht jedenfalls.
    Sein Blick trieb ein schwaches Lächeln über ihr Gesicht, bei dem sie einen Mundwinkel hochzog. Die blauen Augen blitzten auf, schauten dann weg, als fühlte sie sich unbehaglich.
    »Du erkennst ihn doch sicher?«, sagte sie dann verächtlich zu ihrem Gefährten, wobei die Kultiviertheit ihrer Stimme ihn erschütterte. »Es ist Rafael Belloch persönlich. Er baut Tunnel und Brückengerüste für die Kansas-Pacific. Oder pflegte es zu tun, denn ich habe gehört, dass er inzwischen Unternehmer geworden ist.
    »Allmächtiger Gott! Du hast Recht, es ist Belloch.«
    Der Räuber oben auf dem Kutschbock schnaubte. »Sicher, und der hier oben ist Rockefeller.«
    »Es ist Belloch, verdammt noch mal!«, versicherte ihm der große Mann, der Rafe mit der Dragonerpistole in Schach hielt. »Sein Bild war gerade im Herold. Dort, schaut nur! Schaut euch die Geschirre an - alle vergoldet.«
    »Natürlich ist es Belloch«, bestätigte mit samtweicher Stimme die Frau. »Sein attraktives Gesicht ist keines, das eine Frau so leicht wieder vergisst.«
    Im nächsten Moment nahmen ihre Worte jedoch einen

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