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Diebin der Nacht

Diebin der Nacht

Titel: Diebin der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meagan McKinney
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wobei sie sich durch ein beeindruckendes Gewirr von Finanziers, Stahl- und Ölmagnaten sowie Eisenbahnbaronen hindurchschlängeln musste.
    Nur einer von ihnen beunruhigte sie jedoch wirklich. Obwohl sie ihren scheuen und unaufdringlichen Blick beibehielt und - wie es sich für ein anständiges junges Mädchen gehörte - diesen Mann nicht ein einziges Mal direkt anschaute, so war sie sich doch bewusst, dass er sie von seinem einsamen Aussichtspunkt aus beobachtete. Sein Gesicht konnte sie nicht erkennen, sie bemerkte aber, dass er einen dunklen Anzug aus Kammgarn trug, und zwar einen ohne den eleganten Schwalbenschwanz der alten Garde.
    Sie verscheuchte ihre bösen Vorahnungen und schlüpfte unbemerkt an Philip Armour, einem Millionär aus Chicago, vorbei, der gerade vor einer Gruppe seiner Kaufmannskollegen eine Rede hielt.
    »Die besten Immobilien bekommt man jetzt«, versicherte er ihnen, »und selbst wenn wir schließlich Brooklyn unter großem Protest in unseren Verwaltungsbereich hineingezwungen haben werden, so ist die einzige Wachstumsmöglichkeit die nach oben. Genau so, wie das in Chicago schon der Fall ist. Mit all den Schiffen, die mit Rekordgeschwindigkeit durch die Narrows fahren, haben wir keine andere Wahl.«
    Selbst Mystere, deren Leben weit entfernt war von dem Geldfieber, das einen großen Teil der Stadt befiel, wusste, dass es die Wall Street gewesen war, durch die die Unionsstaaten während des amerikanischen Bürgerkrieges mit Geld versorgt worden waren. Und nun war es auch die Wall Street, die die astronomischen Kapitalgewinne des langen Nachkriegsbooms erntete. Durch ihre Anwesenheit beim Vanderbilt-Ball im März, die Schlagzeilen machte, hatte Mrs. Astor diesen einst von ihr verurteilten neureichen Millionären ihre seltene Zustimmung gewährt.
    Der Rest der alten Aristokratie war treu und brav ihrem Beispiel gefolgt. Mystere bemerkte, dass selbst alteingesessene New Yorker in großer Zahl erschienen waren, was diese Tatsache bestätigte. Trotzdem jedoch starben alte Vorarteile nur langsam aus, und diese Gruppe mied ostentativ Armour und jeden sonst, der sich nicht an die strikten gesellschaftlichen Regeln hielt und bei Abendgesellschaften über Geschäfte redete. Mrs. Astors Elitekem stritt die Existenz von Vulgarität zwar nicht ab, man bestand jedoch darauf, sie an dem Ort zu belassen, an den sie gehörte. »Handel ist nützlich«, hatte sie einst Mystere anvertraut, »aber das ist ein Abwasserkanal ebenfalls.«
    Mystere hatte ihre Bank schon fast wieder erreicht, als sie spürte, wie eine Hand ihren rechten Ellbogen ergriff.
    »Miss Rillieux«, begrüßte sie ein blasser, korpulenter Mann unbestimmten mittleren Alters. »Sie sehen heute Abend verdammt hübsch aus. Ich habe Sie seit dem Vanderbilt-Ball nicht mehr gesehen.«
    »Danke, Mr. Pollard. Ja, ich befürchte, dass ich in letzter Zeit sehr häuslich gewesen bin. Mrs. Astor hat mich zu diesem Abend überredet.«
    »Ein Pluspunkt für sie. Obwohl man einem in diesen Tagen ein Einsiedlerdasein kaum verübeln kann«, nörgelte Abbot Pollard. »Ja doch, man kommt uns in allen Stadtvierteln zuvor. Haben Sie kürzlich die Stadtteile Upper East und Upper West gesehen? Sie sind inzwischen ein regelrechter Schandfleck geworden mit ihren Reihenhäusern und Mietskasernen. Und erst der Park! Gott steh uns bei, der ist nun bevölkert mit Arbeitern und Ladenmädchen, die in Straßenbahnen und dieser stinkenden, qualmenden, lauten Hochbahn dorthin kommen. Man muss quer über den Harlem River fahren, um eine friedliche Kutschfahrt machen zu können. Es ist skandalös, aber daran ist ja wohl diese Tammany-Politik schuld.«
    Abbot war berüchtigt für seine snobistischen Tiraden. Mystere lächelte ihm verständnisvoll zu. »Der Park ist nicht ausschließlich für die Reichen angelegt worden«, erinnerte sie ihn freundlich. »Er ist geplant worden als das Gesellschaftszimmer der Stadt, erinnern Sie sich?«
    »Das ist ganz schön edelmütig, meine Liebe. Sie sind noch jung und unschuldig, daher vergebe ich Ihnen. Aber ich zum Beispiel erlaube keinem den Zutritt zu meinem Gesellschaftszimmer, der die Dienste eines Läusekammes in Anspruch nehmen muss.«
    Sie wollte ihm gerade antworten, als eine kräftige männliche Stimme hinter ihr für sie Partei ergriff.
    »Das ist engstirnig und grausam, Abbot. Ich habe eine Menge Ladenmädchen gesehen, die liebenswürdig, intelligent und hübsch sind. Wo bleibt Ihre Einstellung von noblesse oblige, mein Herr?«
    Ein

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