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Diebin der Zeit

Diebin der Zeit

Titel: Diebin der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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meinte zu schweben. Aller Schmerz wich aus ihm, wurde seltsam . bedeutungslos.
    Eucharius ergab sich dem für ihn bestimmten Los und wurde dafür in einer Weise belohnt, wie er es sich nie erträumt, wie er es nie gewollt hätte. Aber danach fragte ihn sein unmenschlicher Peiniger nicht .
    *
    Einige Tage später
    Das Dorf hieß Saquefort, und es quittierte die Ankunft von RÖSS-LINS WANDERSCHAU mit unverhohlener Ablehnung. Etwa fünfzig Kilometer Distanz hatte der Wagenzug zwischen sich und Paris gebracht, aber noch immer war die dortige zersetzende Aura in Landru gegenwärtig. Ihn schauderte beim bloßen Gedenken an das, was sich vor den Toren der mittelalterlichen Stadt zugetragen hatte.
    Wie, fragte er sich ein ums andere Mal, kann es überhaupt sein, daß
    ich hierher gelangte? In diese Zeit und in diesen Körper!
    Ein Körper namens Racoon.
    Existierte dessen geknechtete Seele noch irgendwo in einem fernen Winkel des vereinnahmten Gehirns - in einem unzugänglichen Versteck, aus dem sie Landru vielleicht sogar beobachtete, um eine Gelegenheit abzuwarten, den dreisten Eindringling wieder zum Teufel zu jagen?
    So oft Landru auch in sich lauschte, er konnte nicht das geringste Echo jenes Bewußtseins erspüren, das diese Hülle von Geburt an bewohnt hatte und durch den Kelchritus in den Stand eines Mächtigen unter Ohnmächtigen erhoben worden war .
    Macht - Ohnmacht.
    Die Vorstellung, daß er diesen Körper selbst einst getauft hatte, mutete bizarr und völlig abwegig an. Gewiß hatte kein Kelchhüter vor ihm je einen so tiefen Einblick in das Leben eines Täuflings erfahren!
    Was aber war aus seinem eigenen Körper geworden? Gab es ihn überhaupt noch, und wenn ja, wo - in welchem Zustand? Seelenlos? Oder war seine Seele in diese Hülle und Zeit kopiert worden? Erlebte ein anderer Landru irgendwo anders gerade völlig gegensätzliche Dinge .?
    Sinnlos, darüber nachzugrübeln. Kopfschüttelnd starrte Landru auf das seichte Wasser des Baches, der sich idyllisch durch ein fruchtbares Tal wand, umgeben von saftig grünen Wiesen und Wäldern. Vögel zwitscherten. Der Wind flüsterte in knorrigen alten, die Ufer säumenden Bäumen. Ab und zu knarrte ein Ast. Es war Abend, die Sonne sank, und hinter einem kleinen Hügel lag das Dorf, bei dem Landru einen Halt befohlen hatte.
    Befohlen . Ja, er befahl über diese absonderliche Gemeinschaft, seit er auf sie getroffen war! Weder Rößlin noch ein anderes Mitglied seiner zusammengewürfelten Truppe hatte die Mittel, einem Vampir zu widerstehen, und so hatte Landru sie alle mit seiner Hypnose für sich eingenommen. Sein Wille flackerte in jedem Auge, das ihn ansah. Es war die einzige Möglichkeit gewesen, etwas Ruhe zu finden, denn er brauchte Zeit, sich in der veränderten Welt zurechtzufinden, in die er geschleudert worden war.
    Die Erinnerung half ein wenig dabei. Er kannte diese Epoche ja, wie viele andere, aus eigenem Erleben. Dennoch hatten ihn die Jahrhunderte danach geprägt, und das neuzeitliche Leben des ausgehenden 20. Jahrhunderts hatte bleibende Eindrücke in ihm hinterlassen, die aktueller waren und sich nicht einfach ausknipsen ließen .
    Landru fuhr sich über das Gesicht, das ihm auch in den zurückliegenden Tagen nicht sehr viel vertrauter geworden war. Es gab nicht einmal einen Spiegel, in den er hätte schauen können, um das ihm auferzwungene Äußere zu mustern. Von der Brust aus abwärts stellte die Betrachtung kein Problem dar, aber das Gesicht, das, was eine Person am wahrhaftigsten prägte, blieb ihm verschlossen wie jedem Vampir. So war er auf Beschreibungen derer angewiesen, mit denen er sich umgab, in erster Linie .
    Vom Lager her näherte sich das charakteristische Schrittgeräusch seines Dieners.
    Landru lächelte vage, weil er gerade an ihn gedacht hatte. Er wartete, bis Eucharius neben ihn getreten war, doch auch dann würdigte er ihn noch keines Blickes.
    »Ja?« fragte er, die Augen nicht von dem ruhigen Strom abwendend, in dem er sich versenkt hatte. Versenkt, um Antworten auf Fragen zu finden, von denen möglicherweise seine Existenz abhing.
    Falls er noch existierte. Falls er nicht schon in einem ähnlich grausamen Traum gefangen war wie die von ihm geschaffene Dienerkreatur .
    »Rößlin hat nach Euch gefragt«, sagte der Zwillingsköpfige tonlos. »Er verlangt Euch zu sprechen.«
    Landru löste auch jetzt nicht die Anker, die er in den treibenden Fluten geworfen hatte. »Er verlangt, so, so. Sag ihm, ich komme, so-bald es meine Zeit

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