Diener der Finsternis
Komteß d’Urfé besonders für die Mondphasen interessiert hatte. »Wir sind im dunklen Viertel. Aber trotzdem wird es besser sein.«
Als der Hispano in einer Reihe mit den anderen Autos stand, an denen alle Lichter gelöscht waren, schlichen sie sich in der Richtung fort, die die Satanisten genommen hatten. Auf der Kuppe hielten sie an. Vor ihnen breitete sich ein natürliches Amphitheater aus. Auf seinem Grund schimmerte ein kleiner Teich. De Richleau nickte verstehend.
»An diesem Ort wird die Zeremonie stattfinden. Der Sabbat kann nur an einem Platz abgehalten werden, in dessen Nähe es offenes Wasser gibt.« Die beiden Freunde legten sich in das Gras und versuchten, unter den dunklen Gestalten Simon zu entdecken.
Man stellte eifrig Tische auf und leerte die Eßkörbe. Rex sah, wie sich eine Gruppe von etwa einem Dutzend Personen nach links zu einem Haufen von Steinen begab, die in dem ungewissen Licht einen zerklüfteten, natürlichen Thron zu bilden schienen.
Auch de Richleaus Augen waren auf diese Stelle gerichtet. Nach und nach schlossen sich alle maskierten, schwarzgekleideten Menschen denjenigen an, die vor den Steinen standen. Einen Augenblick später erkannten die Beobachter, daß sich auf dem Thron ein großer, dunkler Schatten materialisierte. Ein schwaches, violettes Leuchten umgab ihn wie eine Aura.
Sogar aus der Entfernung, in der sie sich befanden, konnten die Freunde erkennen, daß auf den alten Steinen dasselbe teuflische Wesen saß, das de Richleau für Mocatas Diener gehalten hatte. Der Sabbat hatte begonnen.
XV
Da sämtliche Teilnehmer jetzt in einem weiten Kreis den Thron umstanden, hatten die hintersten nur noch auf dem Abhang Platz gefunden und waren nicht mehr als fünfzig Meter von der Stelle entfernt, wo der Herzog und Rex im Gras lagen.
»Wie lange wird es dauern?« hauchte Rex ein wenig nervös.
»Bis zum Hahnenschrei. Das wird zu dieser Jahreszeit ungefähr um vier Uhr sein. Es ist ein alter Glaube, daß das Krähen eines Hahns die Macht hat, Zauber zu brechen. Paß auf, ob du Simon siehst.«
»Das tue ich. Was werden sie bis dahin alles treiben?«
»Zuerst huldigen sie dem Teufel. Dann fressen und saufen sie, weil sie alles im Gegensatz zu dem christlichen Ritual tun. Anstelle des Fastens setzen sie Völlerei. Paß auf! Die Anführer stehen jetzt vor dem Altar.«
Ein halbes Dutzend schwarzer Gestalten stellte hohe Kerzen – elf in einem Kreis und die zwölfte in der Mitte – vor dem Thron auf. In der windstillen Nacht brannten sie mit stetigen blauen Flammen und beleuchteten auch die Tische, auf denen das Festmahl angerichtet war. Außerhalb des Lichtkreises schien das Tal dunkler als zuvor zu sein, so daß die Menschen in ihm sich wie auf einer Bühne scharf abhoben.
»Das sind die schwarzen Kerzen, die aus Pech und Schwefel hergestellt werden«, murmelte der Herzog. »In einer Minute wirst du sie riechen können. Sieh dir mal die Priester an. Habe ich dir nicht gesagt, daß zwischen dem modernen Teufelskult und Voodoo wenig Unterschied besteht? Wir könnten ebensogut Zeugen einer heidnischen Zeremonie in einem afrikanischen Dschungel sein.«
Die Anführer trugen jetzt phantastische Kostüme. Einer hatte eine Katzenmaske vor dem Gesicht und ein Pelzgewand, dessen Schwanz hinter ihm auf dem Boden schleifte. Ein anderer war als abstoßende Kröte maskiert. Das Gesicht eines dritten blickte durch die klaffenden Kiefer eines Wolfs. Mocata, den sie an seiner Korpulenz von den anderen unterscheiden konnten, hatte Flügel an seinen Schultern befestigt, die ihm das Aussehen einer riesigen Fledermaus gaben.
Rex schauderte. »Diese infernalische Kälte steigt den Hügel hinauf«, entschuldigte er sich. »O Gott! Das Ding auf dem Thron – es verändert die Gestalt!«
Bis die Kerzen angezündet wurden, hatte der schwache violette Schein, der von der Gestalt ausging, ausgereicht, um zu zeigen, daß sie menschlich und das Gesicht zweifellos schwarz war. Es nahm jetzt eine gräuliche Farbe an, und es geschah etwas mit der Kopfform.
»Das ist der Bock von Mendes, Rex«, wisperte der Herzog. »Mein Gott! Das ist entsetzlich!« Während er noch sprach, wurden die verschwommenen Formen deutlicher. Die Hände, die in einer Art Gebetshaltung nach vorn gestreckt gewesen waren, sanken nach unten und wurden zu großen, gespaltenen Hufen. Nach oben ragte der monströse, bärtige Kopf eines riesigen Ziegenbocks, mindestens dreimal so groß wie der eines normalen Tieres. Die
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