Diener der Finsternis
Wein über ihre Dominos verschütteten. Die makabre Szene ging in unnatürlichem Schweigen vor sich.
»Wir wollen näher herankriechen«, flüsterte der Herzog. »Während sie sich vollaufen lassen, mag sich eine Gelegenheit ergeben, Simon zu fassen zu bekommen. Wenn er sich für einen Augenblick ein paar Schritte von den anderen entfernt, streite nicht erst mit ihm. Schlag ihn sofort k.o.«
Sie krochen den Hügel hinunter an die Seite des Teichs, wo die Tische standen. Der monströse Bock saß immer noch auf dem Thron. Im Licht der zwölf schwarzen Kerzen konnten sie die Personen, die sie kannten, trotz der Masken und Dominos identifizieren. Tanith war nicht darunter.
Simon nagte genau wie die anderen an einem Brocken, als habe er sich plötzlich in ein Tier verwandelt. Dann riß er der maskierten Frau neben ihm die Flasche weg, verschüttete einen großen Teil des Inhalts über sie und sich selbst und stürzte den Rest hinunter.
Wieder hatte Rex das Gefühl, das müsse ein Alptraum sein. Länger als eine halbe Stunde rissen sich die Teufelsanbeter um das Essen wie ein Pack Wölfe, bis die Tische umgekippt und der Boden mit Abfällen, Knochen und leeren Flaschen bedeckt war.
Endlich schlenderte Simon, zu dreiviertel betrunken, auf die Seite, warf sich ins Gras und bedeckte das Gesicht mit den Händen.
»Jetzt!« befahl der Herzog.
Er und Rex hatten sich schon halb erhoben, als sich der Mann mit dem verstümmelten Ohr zu Simon begab. Eine Sekunde später folgte ihm eine Gruppe aus zwei Frauen und drei weiteren Männern. De Richleau biß die Zähne zusammen und hielt Rex an der Schulter zurück.
»Es hat keinen Zweck«, stieß er wild hervor. »Wir müssen warten. Vielleicht bekommen wir noch eine Chance.« Sie ließen sich wieder ins Gras sinken.
Die Gruppe bei den Tischen war nun im Zustand der Volltrunkenheit. Alle fluteten zu dem Bock auf dem Thron zurück. Rex und de Richleau hatten sich so darauf konzentriert, Simon im Auge zu behalten, daß sie erst jetzt bemerkten, was Mocata und ein Halbdutzend andere Meister des Pfades zur Linken trieben. Sie hatten vor dem Bock einen Extratisch aufgestellt und aßen dort. Im Vergleich zu der Mehrzahl der Teilnehmer schienen sie erstaunlich nüchtern zu sein.
»Der Teufel ißt also auch«, murmelte Rex.
»Ja«, stimmte der Herzog zu, »wenigstens aber seine Oberpriester, und wenn ich überhaupt etwas davon weiß, ist es ein widerliches Mahl. Kannibalismus, mein Freund. Es kann ein totgeborenes Baby sein oder vielleicht ein unglückliches Kind, das sie gestohlen und ermordet haben, auf jeden Fall aber ist es menschliches Fleisch.«
Indem wurde ein großer Kessel gebracht und vor dem Thron abgestellt. Mocata und die anderen warfen Portionen des Essens, das vor ihnen auf dem Tisch stand, hinein. Darunter war ein runder Gegenstand, der dumpf aufschlug.
Rex schüttelte es, als er bemerkte, daß der Herzog recht hatte. Der runde Gegenstand war ein menschlicher Schädel.
»Sie kochen die Überreste mit verschiedenen anderen Zutaten auf«, erklärte de Richleau. »Am Schluß der Zeremonie erhält jeder eine kleine Flasche des widerwärtigen Gebräus und einen Anteil der Asche von dem Holzfeuer, das sie jetzt unter dem Kessel entzünden. Diese Mittel benutzen sie für ihre infamen Zwecke das Jahr über bis zum nächsten Großen Sabbat.«
»Ich kann nicht glauben, daß sie mit den Resten von Menschenfleisch, so entsetzlich das auch ist, irgend etwas Böses bewirken können«, protestierte Rex.
»Das ist die Antithese des Leibs Unseres Herrn«, flüsterte der Herzog. »Ich versichere dir, Rex, ebenso wie mit Hilfe der Hostie schon zahllose Wunder geschehen sind, können mit diesem blasphemischen Gebräu schreckliche Dinge bewirkt werden.«
Rex war zutiefst erschüttert über diese Parodie auf alles, was ihm seit seiner Kindheit heilig war.
»Gott im Himmel«, fuhr der Herzog fort, »sie wollen das gräßlichste aller Sakrilege begehen. Sieh nicht hin, Rex – sieh nicht hin.« Er bedeckte das Gesicht mit den Händen und begann zu beten. Rex jedoch gelang es nicht, seinen Blick abzuwenden.
Ein großer silberner Abendmahlskelch wurde von Hand zu Hand gereicht. Rex erkannte bald, zu welchem Zweck er benutzt wurde, aber welche Absicht dahintersteckte, merkte er erst, als der Kelch wieder bei dem katzenköpfigen Mann angekommen war. Einer der anderen amtierenden Teufelspriester holte ein paar runde, weiße Scheiben hervor, zweifellos aus einer Kirche gestohlene
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