Diener des Boesen
bemerkte, wohin sie gingen.
»Vielleicht in mein Gemach…«, begann Mary.
»Nein!«, sagte Margaret; das erste Wort, das sie seit ihrer Schändung herausbrachte. »Nein. Nicht dahin, wo Ihr und Hal schlaft.«
»Dann werden wir Euch in mein Gemach bringen«, sagte Katherine entschlossen, und dagegen erhob Margaret keine Einwände.
Bolingbroke und Neville trugen die Schatulle zu Lancasters Morgenzimmer.
Hinter ihnen folgten die schweren Schritte der anderen drei Männer.
Als sie dort angelangt waren, schloss Lancaster die Tür hinter ihnen und verriegelte sie.
»Erzählt mir, was vorgefallen ist«, sagte er.
Bolingbroke begann ihm kurz zu berichten, was sich ereignet hatte, doch er war noch nicht weit gekommen, als Lancaster ihn unterbrach.
»Ihr habt Sturry und Arundel bloßgestellt? Mein Gott, Hal, was ist denn nur in euch gefahren?«
Noch ehe Bolingbroke etwas erwidern konnte, trat Raby vor, packte ihn bei der Schulter und riss ihn zu sich herum.
»Wie dumm Ihr seid!«, sagte er. »Glaubt Ihr etwa, Ihr könnt Euch mit der Größe Eures Vaters messen? Wollt Ihr den mächtigen Adligen des Reiches spielen? Wo habt Ihr Euren Verstand gelassen? Ihr habt nicht nur Sturry und Arundel in Gefahr gebracht, gute Männer, die ihre Treue sicher teuer bezahlen müssen, sondern auch Euren Vater. Gütiger Himmel, Hal, Richard würde einen Mann schon wegen eines Stück Fleischs hinrichten lassen, das er aus seiner Küche gestohlen hat, ganz zu schweigen von einer Schatulle, die so bedeutsam ist, wie es diese hier angeblich sein soll!«
Raby holte wütend Luft. »Wahrscheinlich habt Ihr mit dieser närrischen Gedankenlosigkeit das ganze Haus Lancaster dem Untergang geweiht! Und du«, er wandte sich an Neville, »hast einen wertvollen Menschen zerstört.«
»Sie hat dir immerhin so viel bedeutet, dass du sie verlassen hast, Onkel!«, erwiderte Neville und machte seinen Schuldgefühlen Luft, indem er seinerseits seinem Onkel Vorwürfe machte. Schließlich hatte dieser es einst kaum erwarten können, sich Margarets zu entledigen, als ihm die Ehe mit Lancasters Tochter in Aussicht gestellt worden war.
»Genug!«, brüllte Lancaster. »Mir reicht es. Neville, öffnet die verfluchte Schatulle. Wir wollen doch sehen, ob ihr Inhalt es wert war, Margaret und dieses gesamte Haus ins Verderben zu stürzen.«
Bolingbroke und Neville hatten die Schatulle auf dem Boden abgestellt, als sie den Raum betreten hatten. Nun hob Neville sie hoch und setzte sie auf einem Tisch ab. Sie war verschlossen, und Neville besaß keinen Schlüssel dafür, doch er hatte keinerlei Erbarmen mit einem Gegenstand, der so viel Leid verursacht hatte. Deshalb zog er sein Messer aus dem Gürtel, schob die Klinge unter das Schloss und riss sie mit der ganzen Kraft seiner Wut und Verzweiflung nach oben.
Das Schloss fiel klappernd zu Boden, und alle zuckten zusammen.
Neville holte tief Luft und stieß den Deckel auf.
Agnes war auf dem Weg in den Garten gewesen, wo sie mit Rosalind spazieren gehen wollte, als ihr Courtenay begegnet war. An seinem Gesichtsausdruck hatte sie sofort erkannt, dass etwas Schreckliches geschehen sein musste. »Was ist passiert?«, hatte sie gefragt, und er hatte lediglich »Lady Margaret« geflüstert. Diese beiden Worte hatten ausgereicht, um Agnes sofort in den Palast zurückeilen zu lassen.
Sie traf die drei Frauen an der Tür zu Katherines Gemach.
Wie Katherine musste auch Agnes nur Margarets Gesicht sehen, um zu wissen, was passiert war. Sie wechselte einen Blick mit den anderen Frauen.
»Sie wird ein Bad brauchen«, sagte Katherine, als sie die Tür öffnete. »Wir müssen sie reinwaschen von diesem Schmutz, ihren Körper und auch ihre Seele. Agnes… du heißt doch Agnes, nicht wahr?… Gut. Agnes, lass rasch etwas Wasser bringen. Am besten Rosenwasser. Kommt, wir wollen Margaret aufs Bett legen und ihre kleine Tochter hier auf das Kissen, damit wir uns an die Arbeit machen können.«
Agnes verließ das Gemach und eilte zur Küche. Sie bat darum, dass die Pagen die Wasserkrüge vor der Tür des Gemachs abstellten, und kehrte dann mit einem kleinen Krug erwärmtem Rosenwasser zurück.
Mary und Katherine waren dabei, Margaret zu entkleiden, und diese stöhnte und versuchte immer wieder, sich mit den Tüchern zu bedecken, mit denen die Frauen sie waschen wollten. Katherine blickte auf, als Agnes mit dem Rosenwasser eintrat.
»Gut«, sagte sie und wandte sich dann wieder der stöhnenden und sich kraftlos
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