Diener des Boesen
spöttisches Lachen war zu hören – es stammte von de Vere, der sich auf Richards Bett niedergelassen hatte.
»Deshalb möchte ich noch einmal den Schwur erneuern, den ich an Eurem Krönungstag geleistet habe«, fuhr Bolingbroke fort. »Ich bin Euer treuer Vasall und werde Euch dienen in Friedens- wie in Kriegszeiten…«
»Ach, spart Euch die Lügen«, sagte Richard gelangweilt. »Mich könnt Ihr nicht täuschen! Steht auf und geht mir aus den Augen. Ich habe Lancaster wissen lassen, dass er für Euch und Eure Taten verantwortlich ist und dass ich weder Euch noch ihn vor der Versammlung des Parlaments im neuen Jahr zu sehen wünsche.«
Bolingbroke erhob sich langsam. »Es ist nicht ratsam, das Haus Lancaster gegen sich aufzubringen, Majestät.«
»Wollt Ihr mir etwa drohen? Habt Ihr völlig den Verstand verloren? Verschwindet!«
»Hal«, sagte Mary leise.
Neville gelang es schließlich, seine Erstarrung abzuschütteln. Er ging zu Margaret und Mary hinüber und streckte die Hand nach seiner Gemahlin aus, doch Margaret wich vor ihm zurück, sobald er sie berührte.
»Fass mich nicht an!«, sagte sie, und Neville zuckte zurück.
Zumindest haben wir die Schatulle… zumindest das.
Doch seltsamerweise schenkte ihm dieser Gedanke keinen Trost. Stattdessen spürte er Grauen und ein tiefes Schuldgefühl in sich aufsteigen, als wäre seine Seele zerrissen worden.
Als Margaret vor ihm zurückgewichen war, war ihm so, als hätte er aufgehört zu leben.
Mary führte Margaret zur Tür. Als sie an Richard vorbeigingen, streckte dieser die Hand aus und strich sanft über Margarets Wange.
Sie wimmerte und zuckte so heftig vor seiner Berührung zurück, dass sie gestürzt wäre, wenn Mary sie nicht festgehalten hätte.
Als die Frauen das Gemach verlassen hatten, ging Neville zu Bolingbroke hinüber, der immer noch vor Richard stand.
Neville verneigte sich mit hasserfüllter Miene vor Richard. »In diesem Leben«, sagte er zu Richard, »seid Ihr mein König und herrscht über mich und meine Gemahlin. Aber es gibt noch ein anderes Leben, das auf uns wartet, und dort werdet Ihr auf ewig für das Leid büßen, das Ihr heute angerichtet habt.«
Zum ersten Mal trat ein unsicherer Ausdruck in Richards Gesicht.
Bolingbroke sagte leise und drohend: »Ich habe gehört, Richard, dass die Tore der Hölle seit vielen Jahren offen stehen und dass Satans Diener sich unter die Menschen gemischt haben. Gebt acht, dass sie Euch nicht holen, ehe Eure Zeit gekommen ist.«
Und damit ging er aus dem Zimmer, gefolgt von Neville.
Als sie Richards Gemach verlassen hatten und die Türen sich hinter ihnen geschlossen hatten, wandte sich Neville an Bolingbroke:
»Warum drohst du Richard mit den Dienern der Hölle«, sagte er, »wenn sie doch seinem Befehl unterstehen?«
Aber Bolingbroke warf Neville nur einen schwer zu deutenden Blick zu, ohne zu antworten. Die beiden Männer gingen zu Mary und Margaret hinüber, die erschöpft an einer Wand lehnten, und brachten sie zum Kai zurück, wo Arundel besorgt auf und ab ging.
Margaret klammerte sich den ganzen Weg über an Mary und stolperte hin und wieder, während sie leise in sich hinein weinte. Sie ließ weder Neville noch Bolingbroke in ihre Nähe.
Kapitel Vier
Nach der Non, an der Vigil des Festes des heiligen Franziskus
Im ersten Jahr der Regentschaft Richard II.
(Montagnachmittag, 3. Oktober 1379)
– III –
Während der Stunde, die sie im Palast gewesen waren, hatten sich dichte Wolken über London und Westminster zusammengezogen, und der Himmel schien schwer und unheilvoll. Mary murmelte beruhigende Worte in Margarets Ohr, die starr und teilnahmslos dastand, und konnte sie schließlich dazu bewegen, vom Kai in das Boot zu steigen und sich zu setzen. Dann holte Mary einen Umhang herbei, legte ihn Margaret um die Schultern und zog den schweren Stoff schützend über ihren Kopf.
Sie schloss Margaret in die Arme und zog sie an sich, während sie weiterhin beruhigende Worte murmelte.
Neville stieg nach ihnen ins Boot. Er zögerte einen Moment, blickte zu Mary und Margaret hinüber und sah sich dann suchend im Boot um.
Dort war sie!
Die Schatulle stand halb verborgen unter einer der Bänke, und Neville ging dorthin und setzte sich. Er beugte sich vor und berührte die Schatulle, als wollte er sich vergewissern, dass sie tatsächlich existierte, und sah dann wieder zu Margaret hinüber.
Es war die Sache ganz sicher wert gewesen. Margaret würde sich
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