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Diener des Boesen

Diener des Boesen

Titel: Diener des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
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warf Bolingbroke eine der Rollen ins Gesicht. »Schaut euch an, was ihr da gestohlen habt!«
    Bolingbroke hob ebenfalls eines der Pergamente auf und entrollte es ein wenig.
    In seinem Gesicht zuckte es, dann sagte er mit einem Ausdruck größter Überraschung: »Aber… aber das sind ja…«
    »Die gesamte verfluchte Schatulle ist mit Bauplänen für das neue Dach des Saals von Westminster gefüllt«, sagte Lancaster. »Keine himmlischen Beschwörungen. Keine göttlichen Geheimnisse. Nichts, was beweisen könnte, dass Richard tatsächlich ein Dämon ist, wie ihr behauptet! Was habt ihr nur getan?«
    Neville blinzelte und plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Die Rolle, die er in der Hand hielt, war mit komplizierten Zeichnungen von Dachbalken, Trägern und Türmen bedeckt…
    Fassungslos schrie er auf und augenblicklich herrschte Stille im Raum.
    Lancaster wandte sich wieder Neville zu und streckte die Hand aus, doch Neville sprang auf, packte die leere Schatulle und warf sie mit Schwung durch das geschlossene Fenster des Morgenzimmers.
    Glas zersplitterte, und alle außer Neville wandten sich ab, um ihre Gesichter zu schützen.
    »Was habe ich getan?«, flüsterte Neville. Blut lief an seinem Gesicht hinab. An seiner Stirn hatte sich ein Glassplitter in seine Haut gebohrt. »Was habe ich nur getan?«
    Ein kalter Wind wehte durch das zerbrochene Fenster herein, und die mit Blut und Glassplittern bedeckten Pergamentrollen zu Nevilles Füßen bewegten sich und raschelten leise. Neville begann zu lachen – ein raues, verzweifeltes Geräusch, das in Bolingbrokes Ohren wie das Rauschen von Engelsschwingen über den Eiswüsten des Himmels klang.

Kapitel Sechs
     
    Vesper an der Vigil des Festes des heiligen Franziskus
    Im ersten Jahr der Regentschaft Richard II.
    (Montag, 3. Oktober 1379, früher Abend)
     
    – V –
     
     
     
    Er setzte sich zu ihr, doch sie wandte den Kopf ab und weigerte sich, ihn auch nur anzusehen.
    Sie hatte sich zusammengerollt und hielt Rosalind im Arm, als sei das kleine Mädchen das Einzige, was die Erinnerung an die grauenhaften Ereignisse dieses Tages lindern könnte.
    »Margaret…«
    Immer noch schwieg sie.
    »Tom…«
    Er drehte sich um. Mary stand hinter ihm, und Agnes saß etwas abseits neben einem Kohlebecken.
    »Verschwindet!«, sagte Neville.
    Marys sonst so gutmütiges und friedfertiges Gesicht war von Zorn erfüllt. »Wie könnt Ihr es wagen, so mit mir zu sprechen? Wer seid Ihr, dass Ihr glaubt, Ihr könntet ihr mehr Trost spenden als ich? Welches Recht habt Ihr, an Margarets Seite zu sein und mich fortzuschicken?«
    »Mary…«
    »Für Euch Mylady, Neville! Mag sein, dass ich meinem Gemahl nicht genug bedeute, als dass er mir seine düsteren Geheimnisse anvertrauen würde, aber jeder konnte sehen, mit welcher Sorgfalt Ihr über diese Schatulle gewacht habt, die Ihr aus Westminster gestohlen habt. Selbst ich weiß inzwischen, dass der Auftrag, den Ihr mir und Margaret gegeben habt, nur eine List war, damit Ihr Euren eigenen Angelegenheiten nachgehen konntet, während Eure Gemahlin Richard schutzlos ausgeliefert war.«
    Sie holte tief Luft, und Neville zuckte zusammen, als er ihren Gesichtsausdruck sah.
    »Nicht Richard und de Vere haben Margaret geschändet«, sagte Mary sehr beherrscht, »sondern Ihr… Ihr und mein Gemahl.«
    Neville wandte den Blick ab, denn er konnte die Anklage und Abscheu in Marys Augen nicht ertragen.
    »Ich werde gehen«, sagte Mary, »denn ich will mit Euch nicht mehr in einem Raum sein. Aber Agnes wird hierbleiben und über Margaret wachen, und Ihr werdet sie nicht fortschicken.«
    Neville sah zu Agnes hinüber, und ihr Gesichtsausdruck glich Marys entschlossener Miene.
    Er nickte, und Mary musterte ihn noch einen Moment lang und ging dann schließlich aus dem Zimmer.
     
     
    Neville streckte die Hand aus, um Margarets Gesicht zu berühren, doch ihre Stimme ließ ihn innehalten.
    »Fass mich nicht an.«
    »Margaret… Meg…«
    »Ist die Schatulle das wert gewesen, Tom? Kennst du jetzt die Geheimnisse der Engel? War mein Leiden notwendig, um in den Besitz dieser kostbaren Schatulle zu gelangen?«
    Neville rang um Worte. Er betrachtete Rosalind, die friedlich schlief, obwohl sie von so viel Wut und Schmerz umgeben war.
    Dann blickte er wieder hoch und sah Margaret in die Augen, und plötzlich wurde ihm mit Schrecken klar, dass sie wusste, was geschehen war.
    »Es war die falsche Schatulle«, flüsterte er.
    Margaret begann zu lachen, so

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