Diener des Boesen
Zufriedenheit.
Es gab einen weiteren Anlass zur Freude, als Johanna unmittelbar nach der Schäfermesse bei Tagesanbruch die ersten Wehen bekam und einen gesunden Sohn zur Welt brachte, gerade als die Kirchenglocken zur Mittagsmesse läuteten. Katherine, Mary und Margaret sowie drei Hebammen und zwei Zofen hatten ihr bei der Geburt beigestanden. Nach den beiden furchtbaren Erfahrungen, die sie mit der Kindgeburt gemacht hatte, hatte Margaret erwartet, dass es eine anstrengende Prozedur werden würde. Stattdessen war es sogar eine sehr angenehme Erfahrung gewesen. Johanna brachte ohne weitere Schwierigkeiten ihr Kind auf die Welt, und Margaret war von der Zuneigung und Freundschaft, die die anderen Frauen ihr bezeugten, zutiefst ergriffen.
»Euer Sohn ist wahrhaft ein gesegnetes Kind«, sagte Margaret zu Johanna, beugte sich vor und strich dem Kind über die Wange, während es an der Brust seiner Mutter lag. »Denn er ist am Tag der Geburt unseres Herrn, Jesus Christus, auf die Welt gekommen.«
Johanna, der Tränen der Freude und Erleichterung über die Wangen liefen, konnte nur lächeln. Wie die meisten Frauen hatte sie sich vor der Geburt gefürchtet… doch ihre Wehen hatten nur wenige Stunden gedauert, und ihr Kind war mit solcher Leichtigkeit auf die Welt gekommen, dass sie sich eine halbe Stunde nach der Geburt schon kaum mehr an die Schmerzen erinnerte.
Außerdem war es ein Sohn… ihr Gemahl würde vor Freude außer sich sein!
»Ich danke Euch für Eure Hilfe und Euren Beistand«, flüsterte Johanna schließlich, hob die Hand und ergriff die Margarets. »Ich wünsche Euch, dass Ihr auch so eine leichte Geburt haben werdet, wenn Ihr im nächsten Herbst Nevilles Sohn auf die Welt bringt.«
Margaret starrte sie erschrocken an. Nicht nur wegen Johannas Worten – Konnte es stimmen? Trug sie wirklich bereits das Kind in sich, das über Hals und ihr Schicksal entscheiden würde? –, sondern auch wegen der Kraft, die durch ihre miteinander verbundenen Hände geflossen war. Es war die Kraft und Macht der Frauen, wurde ihr klar, gestärkt durch die gemeinsame Erfahrung der Kindgeburt.
Margarets Augen füllten sich mit Tränen, und sie beugte sich vor und gab Johanna einen zarten Kuss auf den Mund, um die Verbindung zu besiegeln. »Möge Euer Wunsch in Erfüllung gehen«, sagte sie und richtete sich wieder auf.
In diesem Augenblick regte sich das Kind und fing an zu weinen, und beide Frauen mussten lachen, trotz aller Tränen.
Nicht nur der neugeborene Junge, der ganze Tag stand unter einem guten Stern.
Raby war in Hochstimmung, und dem Wein, der in dieser Nacht zur Feier des Weihnachtsfestes ausgeschenkt wurde, wurde reichlich zugesprochen. Die Frauen, die sich ihren Männern bei der Feier angeschlossen hatten, verabschiedeten sich, sobald das Mahl beendet war, um in Johannas Gemach zurückzukehren und dort das Fest der Geburt des Herrn und den Geburtstag des neugeborenen Kindes so zu begehen, wie es unter Frauen üblich war. Gleichwohl floss auch bei den Frauen reichlich guter und süßer Wein.
Die Komplet kam und ging, und die Familie Lancasters saß immer noch um einen Tisch vor dem prasselnden Feuer im großen Saal. Schalen mit Früchten und Zuckerwerk standen überall auf der Tafel, doch sie wurden kaum angerührt. Stattdessen bedienten sich die Feiernden lieber bei den silbernen Krügen voll Wein aus der Gascogne, die um den Tisch herumgereicht wurden. Es wurde immer wieder mit allerlei derben Trinksprüchen auf Rabys Wohl angestoßen – wobei sich allerdings die Fröhlichkeit bei Rabys ältesten Söhnen ein wenig gezwungen ausnahm – und darauf, dass Bolingbroke der Nächste sei, dem man zur Geburt eines Sohnes gratulieren würde.
Bolingbroke lächelte nur und zwinkerte den anderen über den Rand seines Weinkelches zu, stellte dann seinen Wein auf den Tisch und erinnerte sie daran, dass sich Mary noch kaum von ihrer Fehlgeburt erholt hatte und es deshalb nicht der richtige Zeitpunkt sei, um über ihre Gebärfreudigkeit zu scherzen.
Die Männer amüsierten sich gut und freuten sich für Raby und Johanna, nutzten den Anlass jedoch auch dazu, für eine Weile den unangenehmen Gedanken zu vergessen, dass zum Jahreswechsel höchstwahrscheinlich eine weitere Auseinandersetzung mit Richard bevorstand.
Der Wein war gut und wirkte Wunder, was das Vergessen anbelangte, doch er konnte nichts gegen das Unheil ausrichten, das unvermittelt durch die Doppeltüren am anderen Ende des Saals hereingestürmt
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