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Diener des Boesen

Diener des Boesen

Titel: Diener des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
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bislang geglaubt.
    Gloucester lächelte spöttisch. »Auch Limoges hat inzwischen von der wundersamen Jeanne d’Arc gehört, die weithin als die heilige Jungfrau von Frankreich bekannt ist. Angestachelt von ihrem Bischof, hat die Stadt es sich anders überlegt und nunmehr Karl und Frankreich die Treue geschworen und nicht mehr den… nun ja, den verfluchten Engländern. Hotspur marschiert gen Norden, um sich mit dem Problem auseinanderzusetzen, wie es in seiner Nachricht an Richard gelautet hat.«
    »Und Richard?«, fragte Bolingbroke.
    »Richard ist begeistert. Seiner Meinung nach ist Limoges klein genug, um Hotspur keinen allzu großen Widerstand entgegenzusetzen, und doch wieder groß genug, dass sich alle zufrieden die Hände reiben können, wenn die Lage dort ›geklärt‹ist.«
    »Das mag ärgerlich sein«, sagte Lancaster, »besonders, wenn es Hotspur tatsächlich gelingt, die Stadt einzunehmen, aber es ist doch kein großes Drama.«
    »Es sei denn, Richard und Hotspur geht es um mehr als nur um Limoges«, sagte Neville ruhig.
    Erneut herrschte Schweigen. Was könnte nach Limoges kommen? Alle erinnerten sich an Arundels Worte in jener Nacht im Keller des Savoy Palace: Richard hat gar nicht vor, den Feldzug nur auf Katalonien zu beschränken – er will einen neuen Vorstoß in das Herz Frankreichs wagen.
    »Es gibt noch mehr Neuigkeiten«, sagte Gloucester schließlich. »Die uns direkt betreffen. Im Augenblick ist Frankreich die geringste unserer Sorgen.«
    »Ja?«, sagte Lancaster.
    »Richard hat seinen Günstling mit noch mehr Titeln überhäuft.«
    »De Vere?«
    »Ja. Und einer davon ist besonders schwerwiegend.«
    »Und welcher wäre das?«, fragte Lancaster.
    Gloucester zögerte einen Moment. »König von Irland.«
    In der Runde herrschte verblüfftes Schweigen. Es hatte bereits Gerüchte in dieser Hinsicht gegeben… doch kaum jemand hatte geglaubt, dass sie sich tatsächlich bewahrheiten könnten.
    »Die Iren werden das niemals hinnehmen«, sagte Raby schließlich.
    »Ich habe gehört«, sagte Gloucester, »dass Richard mit einer Armee in Irland einfallen und die Iren mit Gewalt dazu zwingen will, ihren neuen König anzuerkennen. Richard will seinen Liebhaber ganz sicher nicht nur mit hübschen, aber nutzlosen Titeln überhäufen. Irland soll de Vere tatsächlich gehören.«
    »Wenn er das tut, unterschreibt Richard Englands Todesurteil«, sagte Neville. »Der Krieg mit Frankreich ist noch nicht vorbei, und wenn Richard die englische Armee nun nach Irland schickt anstatt nach Frankreich…«
    »Dann müssen wir uns auf eine Invasion des schwächlichen Dauphin und seiner heiligen Jungfrau gefasst machen«, beendete Raby den Satz für ihn. »Wie wir gehört haben, hat sich ihm nun auch der Norden Frankreichs angeschlossen, und Richard kann es sich eigentlich nicht erlauben, tatenlos zuzusehen.«
    »Und dann sind da noch die Steuern, die Richard erheben muss, um den Feldzug nach Irland finanzieren zu können«, warf Bolingbroke ein. »Vielleicht wirkt sich das sogar zu unseren Gunsten aus. Wir werden so verdammt arm sein, dass die Franzosen womöglich zu dem Schluss kommen, dass es sich nicht lohnt, England zu erobern!«
    Keiner lachte über den Scherz, und wieder herrschte Schweigen am Tisch.
    »Richard hat für Januar eine Parlamentssitzung anberaumt«, sagte Gloucester. »Er hält weiter an seiner Kopfsteuer fest und braucht die Zustimmung des Parlaments, um sie einführen zu können.«
    Wie zuvor ließ Lancaster seine Augen über die Runde wandern und musterte jeden der Anwesenden genau.
    »Dann ist es wohl an der Zeit, dass wir nach London zurückkehren«, sagte er.

Kapitel Fünf
     
    Am Fest der Heiligen Drei Könige
    Im ersten Jahr der Regentschaft Richard II.
    (Freitag, 6. Januar 1380)
     
     
     
    Den Bewohnern der südöstlichen Grafschaften Englands war zu den Weihnachtsfeierlichkeiten nicht ganz so viel Behaglichkeit und Freude vergönnt wie der Familie Lancasters. Am Morgen des vierten Adventssonntags hielt bitterer Frost die Häuser und Felder in eisiger Umklammerung, der bis in die Woche nach Weihnachten anhielt. Nicht einmal die ältesten Dorfbewohner konnten sich an einen kälteren oder härteren Winter erinnern. Erfrorene Raben fielen vom Himmel, ausgehungerte Wildschweine griffen kleine Kinder und junge Lämmer an, und Männer und Frauen teilten ihre zu dünnen Bettdecken mit Ratten, die von der Wärme der Menschen angelockt wurden. In Gegenden, in denen die Gutsherren das Auflesen

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