Diener des Boesen
kam.
Thomas von Woodstock, Herzog von Gloucester.
Gloucester war noch in London geblieben, nachdem sein älterer Bruder Lancaster mit seiner Familie und seinem Gefolge nach Kenilworth abgereist war. Nach einigen unerquicklichen Wochen hatte Gloucester London schließlich verlassen, um seinen Ländereien einen Besuch abzustatten, und hatte seinem Bruder ausrichten lassen, dass er sich ihm erst zu den Neujahrsfeierlichkeiten anschließen würde.
Seine vorzeitige Ankunft und sein finsterer Gesichtsausdruck verhießen daher nichts Gutes.
Gloucester ging auf die Tafel an der Stirnseite des Saals zu und wischte sich mit einer ungeduldigen Handbewegung den Schnee von seinem Umhang.
Lancaster erhob sich, und die anderen taten es ihm gleich.
»Bruder«, sagte Lancaster und streckte die Hand aus, um Gloucester zu begrüßen. Neville bemerkte, wie blass Gloucester aussah und tauschte einen kurzen Blick mit Bolingbroke: Richard?
»Was ist passiert?«, fuhr Lancaster fort. »Gibt es schlechte Neuigkeiten?«
Gloucester öffnete seinen Umhang und warf ihn auf eine Bank. »Es gibt wahrlich schlechte Neuigkeiten, Johann. Darf ich…?«
»Natürlich, natürlich!« Lancaster reichte Gloucester einen Kelch mit Wein, und dieser stürzte ihn hinunter und wischte sich den Mund mit dem Rücken seiner behandschuhten Hand ab.
Ein Tropfen Wein blieb in seinem Mundwinkel hängen und funkelte wie ein Blutfleck, und Neville spürte, wie ihm ein kalter Schauer den Rücken hinunterlief.
»Diese Nachricht hat mich über mehrere Boten erreicht«, sagte Gloucester, »und ich habe keine Mühen gescheut, sie dir zu überbringen, ehe du sie von jemand anderem erfährst. Aber zunächst einmal, setzen wir uns doch… ich muss erst zu Atem kommen. Ich glaube nicht, dass mich meine Beine noch viel länger tragen.«
Lancaster bedeutete den anderen, ihre Plätze wieder einzunehmen, und goss Gloucester noch ein wenig Wein nach, ehe auch er sich setzte.
»Ich danke dir«, sagte Gloucester, nahm den Wein und ließ sich mit offensichtlicher Erleichterung auf der Bank nieder.
Er zögerte einen Moment lang, ließ den Blick über die Tafel gleiten und sah dann seinen Bruder an. »Johann«, sagte er ruhig, »ich bringe schlimme Neuigkeiten, und ich werde erst sprechen, wenn du mir dein Wort gibst, dass du jedem Mann hier vertraust.«
Johann starrte ihn an und blickte sich dann langsam am Tisch um. Er nickte Bolingbroke, Neville und Raby zu. Und ebenso Heinrich, seinem Sohn aus der Verbindung mit Katherine – auch wenn er ein Bischof war, galt Heinrichs Treue zuallererst seinem Vater. Dann fiel sein Blick auf Rabys zwei Söhne am anderen Ende des Tisches. Er musterte sie einen Moment lang und sah dann Raby fragend an.
»Sie sind mein eigen Fleisch und Blut«, sagte Raby. »Sie werden Euch ebenso wenig verraten wie mich.«
Johann nahm Rabys Wort mit einem Nicken entgegen und bedeutete schließlich seinem Bruder weiterzusprechen.
»Vor zehn Tagen«, sagte Gloucester und ließ den Blick um den Tisch schweifen, »sind Nachrichten aus Katalonien und Aquitanien eingetroffen. Graf Pedro ist es gelungen, seinem unehelichen Halbbruder Heinrich die Macht wieder zu entreißen, ohne Hotspurs Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Hotspurs Streitkräfte hatten Bordeaux noch nicht einmal verlassen, als Pedro bereits alles wieder unter Kontrolle hatte. Pedro hat Hotspur ausrichten lassen, dass er nicht mehr in Katalonien gebraucht würde – er war zu dem Schluss gekommen, dass er doch keine verfluchten Engländer auf seinem Gebiet haben wollte.«
Bolingbroke lachte. »Der arme Hotspur, auf schmähliche Weise um seinen Ruhm gebracht!«
Gloucester warf ihm einen finsteren Blick zu. »Hotspur hat nicht vor, sich um seinen Ruhm bringen zu lassen. Kannst du dir vorstellen, dass er sich mit einem Achselzucken zufriedengibt und nach Hause zurückkehrt? Nein, Hotspur hat beschlossen, dass er ein anderes Widerstandsnest ausräumen will.«
Tiefes Schweigen herrschte im Saal.
Schließlich ergriff Lancaster wieder das Wort: »Weiter, Mann, weiter!«
»Hotspur marschiert nach Norden auf Limoges zu.«
» Was?«, riefen Lancaster und mehrere andere Männer im Saal. »Warum zum Teufel Limoges?«
Die kleine Stadt Limoges lag etwa vierzig Meilen südlich von Chauvigny an der Vienne. Nach dem Sieg der Engländer bei Poitiers hatte sie dem schwarzen Prinzen und seinen Erben die Treue geschworen und war eine sichere Hochburg der Engländer – so hatten alle Anwesenden jedenfalls
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