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Dienstags bei Morrie: Die Lehre eines Lebens (German Edition)

Dienstags bei Morrie: Die Lehre eines Lebens (German Edition)

Titel: Dienstags bei Morrie: Die Lehre eines Lebens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mitch Albom
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Gabel kämpfte, sie in einen Tomatenschnitz zu stechen versuchte, wobei er ihn die ersten beiden Male verfehlte – eine mitleiderregende Szene, und dennoch konnte ich nicht leugnen, daß eine fast magische Heiterkeit und Gelassenheit von ihm ausging, dieselbe beruhigende Ausstrahlung, die mir schon damals im College so wohl getan hatte.
    Ich warf einen Blick auf meine Uhr – die Macht der Gewohnheit; es wurde allmählich spät, und ich dachte daran, die Flugreservierung zu ändern. Dann tat Morrie etwas, das ich bis heute nicht vergessen habe.
    »Du weißt, wie ich sterben werde?« sagte er.
    Ich hob die Augenbrauen.
    »Ich werde ersticken. Ja. Meine Lunge kann wegen meines Asthmas nicht mit der Krankheit fertig werden. Die Krankheit kriecht langsam meinen Körper hinauf. Sehr bald wird sie sich auch meiner Arme und meiner Hände bemächtigen. Und wenn sie meine Lunge erreicht…«
    Er zuckte die Schultern.
    »… dann gehe ich unter.«
    Ich hatte keine Vorstellung, was ich sagen sollte. Ich stotterte: »Tja, du weißt, ich meine … man kann nie wissen.«
    Morrie schloß die Augen. »Ich weiß, Mitch. Du brauchst keine Angst vor meinem Sterben zu haben. Ich hatte ein gutes Leben, und wir alle wissen, daß es passieren wird. Ich habe vielleicht noch vier oder fünf Monate.«
    »Ach was«, entgegnete ich nervös. »Niemand kann sagen …«
    »Ich kann«, sagte er leise. »Es gibt sogar einen kleinen Test. Ein Arzt hat ihn mir gezeigt.«
    »Ein Test?«
    »Atme ein paarmal ein.«
    Ich tat, was er gesagt hatte.
    »Und jetzt noch einmal, aber diesmal zählst du, wenn du ausatmest, so weit du kannst, bevor du wieder einatmest.«
    Ich atmete rasch aus und zählte dabei. »Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht…« Ich kam bis siebzig, bevor ich völlig außer Atem war.
    »Gut«, sagte Morrie. »Du hast eine gesunde Lunge. Jetzt beobachte mal, was ich mache.«
    Er atmete ein und begann dann, mit leiser, schwankender Stimme zu zählen. »Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn, elf, zwölf, dreizehn, vierzehn, fünfzehn, sechzehn, siebzehn, achtzehn …«
    Er hielt inne, schnappte nach Luft.
    »Als der Arzt mich das erstemal bat, das zu tun, konnte ich bis dreiundzwanzig zählen. Jetzt nur noch bis achtzehn.«
    Er schloß die Augen, schüttelte den Kopf. »Mein Tank ist fast leer.«
    Ich trommelte nervös auf meine Oberschenkel. Das reichte für einen Nachmittag.
    »Komm mal wieder vorbei, um deinen alten Professor
zu besuchen«, sagte Morrie, als ich ihn zum Abschied umarmte.
    Ich versprach ihm, daß ich es tun würde, und versuchte nicht an das letztemal zu denken, als ich ihm dies versprochen hatte.
     
     
     
    Im Buchladen des Campus kaufe ich die Bücher ein, die auf Morries Leseliste stehen. Ich kaufe Bücher, von denen ich nie wußte, daß es sie gibt,Titel wie »Jugend: Identität und Krise«, »Ich und du«, »Das geteilte Selbst«.
    Bevor ich das College besuchte, wußte ich nicht, daß man menschliche Beziehungen nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten analysieren kann. Bis ich Morrie begegnete, glaubte ich es nicht.
    Aber seine Leidenschaft für Bücher ist real und ansteckend. Manchmal, nach dem Unterricht, wenn der Raum sich geleert hat, beginnen wir uns ernsthaft zu unterhalten. Er stellt mir Fragen nach meinem Leben und zitiert dann Sätze von Erich Fromm, Martin Buber, Erik Erikson. Häufig stellt er ihre Worte in den Vordergrund, bringt seine eigenen Ansichten in Form einer Fußnote an, obwohl er dieselben Dinge gedacht hat. Dies sind die Momente, in denen ich mir bewußt werde, daß er tatsächlich ein Professor ist, nicht ein Onkel. Eines Tages beklage ich mich über die Verwirrung, die typisch ist für mein Alter, darüber, daß man Dinge von mir erwartet, die im Gegensatz zu dem stehen, was ich selbst möchte.
    »Habe ich dir von der Spannung zwischen den Gegensätzen erzählt?« fragt er.
    »Der Spannung zwischen den Gegensätzen?«
    »Das Leben ist eine Serie von Schritten nach vorn und wieder zurück. Du möchtest eine Sache tun, aber du bist gezwungen, etwas anderes zu tun. Etwas verletzt dich, und zugleich weißt du, daß es das eigentlich nicht tun sollte. Du betrachtest bestimmte Dinge als selbstverständlich, obwohl du weißt, daß du niemals etwas als selbstverständlich betrachten solltest.
    Eine Spannung zwischen Gegensätzen, als zögest du an einem Gummiband. Und die meisten von uns leben irgendwo in der Mitte.«
    »Klingt sehr nach einem

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