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Dienstags bei Morrie: Die Lehre eines Lebens (German Edition)

Dienstags bei Morrie: Die Lehre eines Lebens (German Edition)

Titel: Dienstags bei Morrie: Die Lehre eines Lebens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mitch Albom
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Morrie.
    Sie lächelte.
    »Du bist hübsch. Gib mir deine Hand.«
    Sie tat es.
    »Mitch sagt, du bist professionelle Sängerin.«
    »Ja«, sagte Janine.
    »Er meint, du bist großartig.«
    »Oh«, erwiderte sie lachend. »Nein. Das sagt er nur so.«
    Morrie runzelte die Stirn. »Würdest du mir etwas vorsingen?«
    Also – ich habe Leute das zu Janine sagen hören, seit ich sie kenne. Wenn Leute entdecken, daß dein Beruf das Singen ist, sagen sie immer: »Sing uns doch was vor.« Da sie voller Zweifel ist, was ihr Talent angeht, und eine Perfektionistin im Hinblick auf äußere Bedingungen, hat Janine es niemals getan. Sie lehnte jedesmal höflich ab. Und das war die Reaktion, die ich auch jetzt erwartete.
    In dem Augenblick begann sie zu singen:
    »The very thought of you
and I forget to do
the little ordinary things
that everyone ought to do …«
    Es war ein Lied aus den dreißiger Jahren, geschrieben von Ray Noble, und Janine sang es sehr liebevoll und schaute Morrie dabei direkt in die Augen. Ich war wieder einmal erstaunt über seine Fähigkeit, Menschen Gefühle zu entlocken, die sie sonst nicht preisgeben. Morrie schloß die Augen, um die Klänge in sich aufzunehmen. Als die liebevolle Stimme meiner Frau den Raum füllte, erschien ein breites Lächeln auf seinem Gesicht. Und obwohl sein Körper so unbeweglich war wie ein Sandsack, konnte man fast sehen, wie er darin tanzte.
    »I see your face in every flower,
your eyes in stars above,
it’s just the thought of you,
the very thought of you,
my love …«
    Als sie zu Ende gesungen hatte, öffnete Morrie die Augen, und Tränen rollten ihm die Wangen hinunter. In all den Jahren habe ich meine Frau noch nie so singen gehört wie in jenem Augenblick.
     
    Ehe. Fast jeder, den ich kannte, hatte ein Problem damit. Einige hatten Probleme reinzukommen, andere hatten Probleme rauszukommen. Meine Generation schien mit den Verpflichtungen, die die Ehe mit sich brachte, zu kämpfen, als wäre sie ein Alligator in irgendeinem modrigen Sumpf. Ich hatte mich daran gewöhnt, bei Hochzeiten dem Paar zu gratulieren, und dann den Bräutigam ein paar Jahre später mit einer jüngeren Frau, die er mir als eine Freundin vorstellte, im Restaurant sitzen zu sehen. »Weißt du, ich habe mich von Sowieso getrennt…«, sagte er dann.
    Warum haben wir solche Probleme? Ich fragte Morrie danach. Da ich sieben Jahre lang gewartet hatte, bevor ich um Janines Hand anhielt, fragte ich mich, ob Leute meines Alters vorsichtiger waren als die, die vor uns kamen, oder einfach nur egoistischer?
    »Tja, deine Generation tut mir leid«, sagte Morrie. »In dieser Kultur ist es sehr wichtig, eine liebevolle Beziehung zu finden, weil es so vieles darin gibt, was lieblos ist. Aber die armen jungen Leute von heute – entweder sind sie zu egoistisch, um eine wirklich liebevolle Beziehung aufzubauen, oder sie stürzen sich in die Ehe, und dann, sieben Monate später, lassen sie sich wieder scheiden. Sie wissen nicht, was sie von einem Partner wollen. Sie wissen nicht, wer sie selbst sind – woher sollten sie wissen, wen sie heiraten?«
    Er seufzte. Morrie hatte in seinen Jahren als Professor viele unglückliche Liebende beraten. »Es ist traurig, denn es ist sehr wichtig, einen Menschen zu haben, den man liebt.
Das wird dir vor allem bewußt, wenn du in einer Situation bist wie ich, wenn es dir nicht so gutgeht. Freunde sind großartig, aber Freunde werden in der Nacht, in der du hustest und jemand Stunde um Stunde mit dir aufbleiben muß, um dich zu trösten und dir zu helfen, nicht dasein.«
    Charlotte und Morrie, die sich als Studenten kennengelernt hatten, waren vierundvierzig Jahre verheiratet. Jetzt beobachtete ich sie, wie sie miteinander umgingen, wenn sie ihn an seine Medizin erinnerte oder hereinkam und seinen Hals streichelte oder über einen ihrer Söhne redete. Sie waren ein perfektes Team, brauchten häufig nicht mehr als einen Blick, um zu wissen, was der andere dachte. Charlotte war ein eher zurückhaltender Mensch, anders als Morrie, aber ich wußte, wie sehr er sie respektierte. Wenn wir uns unterhielten, sagte er manchmal: »Charlotte ist vielleicht nicht einverstanden, wenn ich darüber rede« und beendete das Gespräch. Das waren die wenigen Male, wo Morrie etwas zurückhielt.
    »Das jedenfalls habe ich über die Ehe gelernt«, sagte er jetzt. »Du wirst auf den Prüfstand gestellt. Du findest heraus, wer du bist, wer der andere ist, und wie ihr miteinander auskommt oder

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