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Dienstags bei Morrie: Die Lehre eines Lebens (German Edition)

Dienstags bei Morrie: Die Lehre eines Lebens (German Edition)

Titel: Dienstags bei Morrie: Die Lehre eines Lebens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mitch Albom
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Ausdruck. Ihr »Hallo« klang leise und sanft.
    »Wie geht es ihm?« sagte ich.
    »Nicht so gut.« Sie biß sich auf die Unterlippe. »Ich mag nicht darüber nachdenken. Er ist so ein liebevoller Mann, weißt du?«
    Ich wußte es.
    »Dies ist so schrecklich schade.«
    Charlotte kam den Flur herunter und umarmte mich. Sie sagte, Morrie würde noch immer schlafen, obwohl es zehn Uhr war. Wir gingen in die Küche. Ich half ihr aufzuräumen, bemerkte all die Tablettendosen, die auf dem Tisch aufgereiht waren, eine kleine Armee von braunen Plastiksoldaten mit weißen Mützen. Mein alter Professor nahm mittlerweile Morphium, um sich das Atmen zu erleichtern.
    Ich stellte das Essen, das ich mitgebracht hatte, in den Kühlschrank – Suppen, Gemüsekuchen, Thunfischsalat. Ich entschuldigte mich bei Charlotte, daß ich es mitgebracht hatte. Morrie konnte so etwas seit Monaten nicht mehr essen,
das wußten wir beide, aber das Ganze war mittlerweile eine Art Ritual. Manchmal, wenn du jemanden verlierst, klammerst du dich an jedes Ritual.
    Ich wartete im Wohnzimmer, wo Morrie und Ted Koppel ihr erstes Interview gemacht hatten. Ich las die Zeitung, die auf dem Tisch lag. Zwei Kinder aus Minnesota hatten sich gegenseitig erschossen, als sie mit den Revolvern ihrer Väter gespielt hatten. In einer Gasse in Los Angeles hatte man ein Baby in einem Mülleimer gefunden.
    Ich ließ die Zeitung sinken und starrte in den leeren Kamin. Ich klopfte mit dem Schuh leicht auf den Hartholzfußboden. Schließlich hörte ich, wie eine Tür sich öffnete und schloß, und dann Charlottes Schritte, die sich näherten.
    »Okay«, sagte sie sanft. »Er ist bereit, dich zu sehen.«
    Ich stand auf und ging in Richtung unseres vertrauten Zimmers, da sah ich eine fremde Frau, die am Ende des Flurs auf einem Klappstuhl saß, den Blick auf ein Buch gerichtet, die Beine übereinandergeschlagen. Dies war eine Hospizkrankenschwester, eine der Frauen, die rund um die Uhr Wache hielten.
    Morries Arbeitszimmer war leer. Ich war verwirrt. Dann ging ich zögernd zum Schlafzimmer zurück, und da lag er. Er lag im Bett. Ich hatte ihn nur ein einziges Mal so gesehen – als er massiert wurde –, und sein Aphorismus: »Wenn du im Bett bleibst, bist du tot« fiel mir wieder ein.
    Ich ging hinein, zwang mich zu lächeln. Er trug ein gelbes,
pyjamaähnliches Oberteil, und eine Wolldecke bedeckte ihn von der Brust abwärts. Sein Körper war so zusammengeschrumpft, daß ich den Eindruck hatte, irgend etwas fehlte. Er war so klein wie ein Kind.
    Morries Mund stand offen, und seine Haut spannte sich blaß über seinen Wangenknochen. Als sein Blick in meine Richtung wanderte, versuchte er zu sprechen, aber ich hörte nur ein leises Grunzen.
    »Da ist er ja«, sagte ich und versuchte, soviel freudigen Optimismus wie möglich aufzubringen, obwohl meine Reserven erschöpft waren.
    Er atmete aus, schloß die Augen und lächelte dann, wobei der bloße Versuch ihn zu ermüden schien.
    »Mein … lieber Freund …«, sagte er schließlich.
    »Ich bin dein Freund«, sagte ich.
    »Mir geht’s … heute … nicht so gut …«
    »Morgen wird’s dir bessergehen.«
    Er atmete erneut aus und nickte mühsam. Er kämpfte mit etwas unter der Decke, und ich erkannte, daß er versuchte, seine Hände in Richtung der Öffnung zu bewegen.
    »Halt sie …«, sagte er.
    Ich zog die Decke herunter und ergriff seine Finger. Sie verschwanden in meinen. Ich beugte mich über ihn, bis mein Gesicht ein paar Zentimeter von seinem Gesicht entfernt war. Dies war das erste Mal, daß ich ihn unrasiert sah, wobei die kleinen weißen Stoppeln so unpassend wirkten, als hätte jemand fein säuberlich Salz über seine Wangen und sein Kinn
gestreut. Wie konnte neues Leben in seinem Bart sein, wenn es sich an allen anderen Stellen zurückzog?
    »Morrie«, sagte ich sanft.
    »Coach«, verbesserte er mich.
    »Coach«, sagte ich. Es überlief mich kalt. Er sprach abgehackt und hastig, Luft einatmend, Wörter ausatmend. Seine Stimme war dünn und rauh. Er roch nach Salbe.
    »Du … bist eine gute Seele.«
    Eine gute Seele.
    »Es hat mich erreicht…«, flüsterte er. Er schob meine Hände auf sein Herz. »Hier.«
    Ich hatte das Gefühl, einen Kloß im Hals zu haben.
    »Coach?«
    »Ja?«
    »Ich weiß nicht, wie man sich verabschiedet.«
    Er tätschelte schwach meine Hand, hielt sie auf seiner Brust fest.
    »Dies ist die Art … wie wir … uns verabschieden …«
    Er atmete sanft, ein und aus. Ich konnte

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