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Dies Herz, das dir gehoert

Dies Herz, das dir gehoert

Titel: Dies Herz, das dir gehoert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Ausdruck von Strenge verlieh.
    Diese Frau winkte ihm kurz, näher zu kommen, musterte ihn einmal von oben bis unten – das Mädchen stand ein wenig abseits, sah ihn aber auch an, er fühlte es – und sagte dann: »Ich glaube, Sie können die Arbeit nicht schaffen.«
    »Ich weiß, dass ich es kann«, meinte er bestimmt.
    »Es ist aber nicht die Arbeit, die Sie sonst getan haben.«
    »Es ist etwa die Arbeit, die ich in den letzten Jahren getan habe, drüben in den Staaten.«
    Die Frau sah ihn nachdenklich an. Unwillkürlich ging ihr Blick dorthin, wo das Mädchen stand, wie er wusste. Er fühlte, dass ihm heiß im Gesicht wurde.
    »Also gut«, entschied die Frau. »Es ist aber nur für heute früh. Hanne, zeige ihm Bescheid. Zuerst müssen die Kisten zu dem Wagen hinaus. Der Aufseher hat sich schon beschwert, dass wir den Gang vollgestellt haben. Er soll sich beeilen. – Und schreib richtig an! Schreib endlich einmal richtig an!«
    Das Mädchen nickte nur und ging ihm wieder voraus. Sie gingen durch die ganze Halle bis in ihren Hintergrund, wo die Grossisten ihre Lager haben.
    Ein dicker, schweißtriefender Mann in sehr schmutzigem weißem Übermantel begrüßte sie lärmend: »Endlich kommen Sie! Fräulein Lark. Ich sage Ihnen zum letzten Mal, Sie kriegen kein Obst mehr von mir zugeteilt, wenn Sie mich immer mit dem Abtransport sitzenlassen! – Wo haben Sie denn Ihren tüchtigen Emil?«
    »Dieser ...«, »Herr« hatte sie sagen wollen, aber sie merkte noch rechtzeitig, dass dies falsch gewesen wäre, und verbesserte sich: »Dieser Mann springt für ihn ein.«
    »Der hier? Der Herr? Ohgottohgott, ich seh schon, um acht steht der Gang noch voll, und ich muss Strafe zahlen. Aber die Strafe zahlen Sie – und Obst bekommen Sie auch nicht mehr von mir, Fräulein Lark!«
    »Geben Sie dem Herrn doch erst eine Chance, ehe Sie schimpfen, Herr Oppermann«, sagte das Mädchen ruhig lächelnd. »Er sagt, er kennt die Arbeit.«
    »Kennt die Arbeit! Wenn ich so etwas höre! Junger Herr, was wiegt denn so eine Kiste mit 250 Apfelsinen?«
    »Bei kalifornischen rechneten wir etwa hundert englische Pfund, das sind 40 Kilo etwa«, sagte Johannes Wiebe ohne Zögern.
    »Er weiß es!«, rief der Dicke plötzlich ganz versöhnt. »Woher wissen Sie was von kalifornischen Apfelsinen, he, junger Herr?«
    »Ich habe in Kalifornien auf einer Obstfarm gepackt – Apfelsinen und Grapefruit.«
    »Großartig! Und was wiegt ein Zweizentnersack Weißkohl?«
    »Hundert Kilo.«
    Herr Oppermann lachte, die beiden andern lächelten.
    »Kommen Sie, kommen Sie!« Der Dicke lief ihnen geschäftig voraus in einen langen, düster beleuchteten Gang, der voll war von Kisten und Säcken.
    »Da, diesen Schwindel müssen Sie bis sieben Uhr fortgeschafft haben. Los, Fräulein Lark, schreiben Sie an ... Zählen Sie nach, junger Mann, dass es auch stimmt. Sie bekommen ...«
    Das Mädchen stand da mit Bleistift und Buch, Johannes war bei den Kisten, Herr Oppermann diktierte im Eiltempo:
    »Sie bekommen heute 42 Jaffa à 51.70 – macht 217.14,68 Spanier à 42.65 – macht 290.02, 40 Treibgurken à 4.50 – macht ...«
    »Oh, Herr Oppermann, bitte nicht so schnell, ich komme nicht mit«, rief das Mädchen flehend.
    »Wieder kommen Sie nicht mit! Immer kommen Sie nicht mit! Und wenn ich noch so langsam diktiere, hinterher stimmt’s doch nie!«, entrüstete sich Herr Oppermann.
    »Lassen Sie mich bitte schreiben«, sagte Johannes. »Ich kann’s wirklich.«
    Wortlos gab sie ihm Block und Bleistift in die Hand, während Herr Oppermann in noch schnellerem Tempo diktierte.
    »So«, sagte er endlich. »Nachrechnen müssen Sie’s alleine. Ich habe noch andere Kundschaft. Zeigen Sie mal her, dass wenigstens die Zahlen stimmen.«
    Er nahm den Block in die Hand.
    »Sehen Sie sich das an, Fräulein Lark! Das ist eine Handschrift! Wo haben Sie so schreiben gelernt? Sie sind ja tüchtig. Wenn Sie im Fortkarren nur halb so tüchtig sind ... Da steht die Sackkarre. Warten Sie, ich schmeiß Ihnen eine Lederschürze raus, es ist ja schade um Ihren schönen Anzug. Jackett, Schlips und Kragen baumeln Sie man da auf, hierher kommt keiner. Und nun los!«
    Herr Oppermann verschwand in dem dunklen Gang. Wortlos reichte Hannes dem Mädchen Block und Stift. Er hätte sich gefreut, wenn sie einen Blick auf den Block geworfen hätte. Plötzlich freute er sich der unpersönlichen Geschäftshand, die ihm sein Bruder aufgezwungen. Aber sie sagte nur leise: »Danke!«
    Nach kurzem Zögern zog

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