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Diese Dinge geschehen nicht einfach so

Diese Dinge geschehen nicht einfach so

Titel: Diese Dinge geschehen nicht einfach so Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taiye Selasi
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flüstert andächtig: »Sie ist
so schön
, mein Gott!«
    Taiwo wird aus unerklärlichen Gründen wütend.
     
    Alle bleiben unentschlossen stehen.
Einer muss die Initiative ergreifen
, denkt jeder. Kehinde geht vor, um Fola zu umarmen, aber vor Schreck nimmt sie sein Gesicht gleich zwischen die Hände und verhindert so mehr oder weniger die Umarmung. »Ein Bart«, sagt sie lachend.
    »Nicht weinen«, sagt er zärtlich.
    »Oh, weine ich?« Immer noch lachend, wischt sie sich die Tränen von den Wangen.
    Die anderen kommen jetzt auch, drängen sich, umarmen sie nacheinander. »Ling«, flüstert Fola, »wie schön, dass du es geschafft hast«, während Sadie wartet und die beiden beobachtet. Und sich bemüht, kein böses Gesicht zu machen.
    Sie kennt diese Momente. Dieses Begrüßungslächeln. Diese schwerelose Demonstration echter Wärme, wie es sie nur für ein Fast-Mitglied der Familie gibt.
Reale
Mitglieder bekommen eine schwerer wiegende Begrüßung. »Und Sadie«, sagt Fola, beide Hände ausgestreckt, ihr Mund umgefaltet, den Kopf schräg gelegt. Sadie geht zu ihr. Sie ist plötzlich ganz nervös, weil so viele Leute zuschauen, und will Fola ganz lässig und erwachsen umarmen, ein cooles »Mom, wie schön, dich zu sehen«, aber der Geruch ist überwältigend, und sie merkt, wie sie zerbröckelt, und fängt hemmungslos an zu schluchzen.
    Der Geruch ihrer Mutter, sofort vertraut – der Geruch von frischem Gebäck und Dax Indian Hemp, seit zwanzig Jahren Folas Haarmittel, grün mit braunen Flecken, wie etwas, das sie auch für die Gartenarbeit verwenden könnte – und wie sich ihre Mutter
anfühlt
, so unglaublich nachgiebig, ihre Haut an Armen und Händen, wie die eines Kindes, das ist eine so warme Begrüßung, ungetrübt, viel zu weit geöffnet für Sadie, mehr, als sie aushalten kann, zu viel, um zu glauben, dass sie das verdient. Sie vergräbt ihr Gesicht an der weichen Schulter ihrer Mutter und umschlingt ihre Taille. »Es tut mir so leid«, murmelt sie.
     
    Fola lacht leise und streichelt Sadies Zöpfe. Olu beobachtet die beiden und wünscht sich, sie würden das zu Hause machen. Damit Ling nicht verlegen auf ihre Sandalen schauen muss, während der Rest ihres »Wie schön, dass du es geschafft hast«-Lächelns starr wird vor Staunen. Fola hebt das Kinn, um über Sadie wegzublicken, und gibt den anderen mit einer Geste zu verstehen, sie sollen sich der Umarmung anschließen. Olu schaut zu Taiwo, die unerklärlicherweise ein richtig wütendes Gesicht macht, und befürchtet, sie könnte Folas leises »Kommt her« nicht akzeptieren. Um ein gutes Beispiel zu geben, macht er einen Schritt nach vorn und legt seine langen Arme um Folas hochgewachsene Gestalt. Kehinde macht einen Schritt, so dass er hinter Sadie steht, und drückt die Hand zwischen ihre Schulterblätter, um sie zu beruhigen. Ling berührt Olu, hält aber Distanz, fasst nur kurz nach seinem Ellbogen, drückt ihn einmal, lässt wieder los. Taiwo schaut zu, denkt, dass sie gern näher hingehen will, um sich ein einziges Mal in ihrem Leben dazugehörig zu fühlen, egal wie lose und unförmig die Gruppe ist, sie will irgendwie mitten drin sein. Aber sie kann es nicht.
    3
    Im Mercedes ist nicht genug Platz für alle. Taiwo und Kehinde fahren in einem Taxi hinterher.
    4
    Sie sitzt mit dem Gesicht zum Fenster, Kehinde den Rücken zugewandt, und erinnert sich daran, wie sie Lagos das erste Mal gesehen hat: das Grau, die diesige Luft und das Chaos, die Straße von Ikeja, die Straßenhändler mit Krimskrams und lebendigen Schlachthühnern, die Art, wie Femi in die Hände klatschte, als sie in die Wohnung kamen, seine Kokain-kalten Lippen auf ihrer Stirn, sein Lachen, und wie ihr Bruder aussah, als er dastand, kälter und härter, als sie ihn je gesehen hatte, außer wenn er schlief –
    da macht die Erinnerung einen Jumpcut – abrupter Szenenwechsel zur Barrow Street, November, nackt, sie sitzt auf dem Fensterbrett, raucht Kringel –
    und dann weiter, zum Ende der Geschichte: Sonnenaufgang, Spätsommer, die Ehefrau in Apulien, auf der Suche nach Käse, ein kleiner Gasthof am Meer, ideal fürs Beenden, die Zeitung zwischen ihnen, das Schweigen ein Totengeläut.
     
    Am Wochenende fuhren sie immer ans Meer. Er nannte sie »mein Wassermädchen«, was auch passte: Sie war am glücklichsten, wenn sie nah am Wasser war, vor allem am Ozean, obwohl auch der Hudson diesen Zweck erfüllen konnte. (Das hat mit Astrologie zu tun, sagt er, sie ist ein Wasserzeichen.

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