Diese Lippen muss man Kuessen
als ein Taxi auf dem Glatteis ins Rutsehen kam und fast gegen einen Bus geknallt wäre. Das erschütterte sie. Inzwischen schneite es so stark, dass sie nicht mal das Gebäude gegenüber erkennen konnte.
“Was schlägst du vor? Dass wir hier bleiben sollen?”
“Ist das so eine abwegige Idee? Die Couch lässt sich ausziehen. Du und deine Tochter könnt hier im Wohnzimmer schlafen. Du hast doch nicht wieder in zweiter Reihe geparkt, oder?”
“Nein, ich lerne aus meinen Fehlern.”
“Es wäre eindeutig einer, jetzt in diesen Schnee rauszugehen.”
Kayla biss sich auf die Lippe. “Ich weiß nicht…”
“Ich schon. Ihr bleibt hier. Das ist endgültig.”
Sie kniff die Augen zusammen. Ashley hätte Jack verraten können, dass das Ärger bedeutete. “Ich lasse mir nicht gern Befehle erteilen.”
“Ich auch nicht.” Jack lächelte. “Aber du hast mir schon eine Menge erteilt. Nun weißt du, wie ich mich dabei gefühlt habe.”
In anderer Hinsicht wusste Kayla aber nicht, was er empfand, zum Beispiel für sie. Ihr war nicht klar, ob dieser Hunger in seinen Augen seine normale Reaktion auf jede Frau war, die ihm über den Weg lief, oder ob er etwas Besonderes bedeutete. Doch warum sollte ein Mann wie er, der jede Frau haben konnte, an einer wie ihr interessiert sein, einer berufstätigen Mutter, die nicht allzu gut aussah? Und falls er es tatsächlich war, was wollte sie dann deswegen unternehmen?
„Mommy, du hast gesagt, wir bleiben nicht lange”, meldete sich Ashley zu Wort. “Hugs will nach Hause.”
“Ich weiß, Liebling. Aber siehst du, wie stark es draußen schneit? Es wäre sicherer, wenn wir hier bleiben würden.”
“Ich will nach Hause.”
“Magst du Pizza?” fragte Jack plötzlich Ashley. “Ich bekomme gleich eine geliefert. Eine große.” Immerhin hatte Jack gedacht, er würde sie mit drei Freunden teilen, die genug Appetit für sechs hatten … “Und ich habe Kabelfernsehen. Ich wette, da läuft irgendwo etwas Gutes für Kinder. ” Er sank auf die Couch und griff nach der Fernbedienung. Dabei wirkte er wie ein Ertrinkender, der nach einem Rettungsring greift.
Das Schicksal hatte Mitleid mit ihm. Er fand schnell eine Zeichentrickserie, die zu Ashleys Lieblingsprogrammen gehörte. Das lenkte sie soweit ab, dass Kayla ihr Mantel und Stiefel ausziehen konnte, ohne dass sie sich gewehrt hätte.
Trotzdem blieb sie dicht bei ihrer Mutter, auch als Kayla das Fenster schließen ging.
Da die Pizza bald darauf eintraf, lief es glatter, als Jack gehofft hatte. Das Schokoladeneis, das er im Kühlfach hatte, erwies sich auch als Volltreffer bei Ashley und verschaffte ihm ein falsches Gefühl der Sicherheit.
Der Wetterbericht meldete, dass im gesamten Norden von Illinois ein Schneesturm wütete.
Ashley machte erst wieder Ärger, als es Zeit war, ins Bett zu gehen.
“Ich will nicht mehr hier bleiben”, erklärte sie dann entschieden. “Ich will nach Hause. Sofort!”
“Das geht nicht, Liebling. Draußen liegt zuviel Schnee. Es ist sicherer, wenn wir heute Nacht hier bleiben. Morgen fahren wir nach Hause und spielen im Garten. Wir können einen Schneemann bauen. Das würde dir doch gefallen, oder? Hugs kann uns helfen.“
” Hugs will nicht helfen. Wir wollen nach Hause.”
“Das geht nicht”, rief Kayla verzweifelt.
“Will nach Hause!” heulte Ashley. Dann deutete sie auf Jack.
“Er ist der Monstermann!”
Jack war bereits zusammengezuckt, als er den ersten schrillen Ton gehört hatte. Jetzt wirkte er, als hätte er einen Peitschenhieb abbekommen.
“Das tut mir leid”, entschuldigte sich Kayla schnell. “Sie hat es nicht so gemeint.”
Aber Jack hörte ihr gar nicht zu. Er war in Erinnerungen an ein anderes Kind versunken, das ihn für ein Monster gehalten hatte.
Es war in seinem ersten Jahr bei der Feuerwehr passiert, und seitdem hatte er sich bemüht, es zu vergessen. An den meisten Tagen gelang es ihm, obwohl es Kollegen gab, die behaupteten, dieser Vorfall würde auch heute noch Jacks Vorgehensweise bestimmen. Aber er sorgte dafür, dass sie nie mit ihm selber darüber sprachen, denn alles Gerede konnte das schreckliche Geschehen nicht rückgängig machen.
Mit einem Mal hatte er das Bedürfnis zu verschwinden. Er drehte sich um und ging hinaus, ohne ein Wort zu sagen.
Ashley hörte auf zu weinen und lutschte statt dessen an ihrem Daumen, was sie manchmal tat, wenn sie unsicher war.
“Ashley, das hättest du nicht sagen dürfen”, rügte Kayla
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