Diese Nacht gehoert der Liebe
Dabei wehte ihm der Duft ihres Parfüms entgegen. Feminin. Verführerisch. Er griff nach einer Tüte Makkaroni und trat noch einen Schritt näher.
Dreh dich doch um, flehte er innerlich. Er konnte es kaum erwarten, endlich zu sehen, ob das Gesicht zu dem Körper passte.
Und dann drehte sie sich um, und er sah ein zartes herzförmiges Gesicht mit großen, ausdrucksvollen grüne Augen und rosigen Lippen.
Die Frau erstarrte und wurde kreidebleich.
Sie erkennt mich, dachte er zufrieden und schenkte ihr das strahlende Lächeln, mit dem er unzählige Male in Zeitungen und Illustrierten abgebildet gewesen war. „Hallo”, grüßte er mit seinem ganzen Charme. Sie schien bewegungsunfähig. Er wertete das als gutes Zeichen. „Ich bin Nick Santos.”
Sie schnappte nach Luft und wollte etwas erwidern. Aber es kam kein Laut über ihre Lippen. Ehe er sich’s versah, wirbelte sie herum und rannte geradewegs in die aufgetürmten Bohnendosen.
Der Turm kippte mit einem lauten Scheppern um. Die Frau stürzte zu Boden. Die Dosen ergossen sich über sie und rollten in sämtliche Richtungen.
Himmel, eine solche Reaktion hatte er noch bei keiner Frau erlebt!
Betroffen legte Nick die Makkaroni beiseite und kniete sich neben die Fremde. „Ist alles in Ordnung?”
Sie nickte, weigerte sich jedoch, ihn anzusehen. Sie winkte ihn lediglich weg. Als er ihre Schultern umfasste, zuckte sie unter seinem Griff zusammen, als hätte sie einen Stromstoß bekommen.
„Maggie! Ist alles in Ordnung?”
George Kromby, der Geschäftsleiter und ein ehemaliger Klassenkamerad von Nick, kam den Gang hinuntergelaufen, sein weißer Kittel flatterte locker um seine untersetzte Gestalt.
Ruckartig schaute sie auf und ihr entsetztes Gesicht verblüffte Nick. Sie hatte doch nicht etwa Angst vor ihm? Er kannte die Frau noch nicht einmal.
Oder doch?
Maggie? grübelte Nick. Sie hatte etwas Vertrautes an sich, aber er hätte nicht sagen können, was es war. Bei dem Duft ihres Parfüms und der Seide unter seinen Fingern konnte er sich kaum konzentrieren.
„Maggie, hast du dir wehgetan?” George kniete sich neben sie.
„Nein, es geht.” Der leicht heisere Unterton ihrer Stimme brachte Nicks Blut in Wallung.
Er wollte nicht, dass Maggie ging. Aber schon entzog sie sich ihm und rappelte sich auf. „Es tut mir Leid, George. Ich habe nicht aufgepasst.”
„Ich habe Rickie gleich gesagt, der Turm ist zu hoch.” George hob ihre Handtasche auf und reichte ihr den Korb. Nick merkte gleich, dass der Geschäftsführer des Supermarkts ebenso von ihr bezaubert war wie er selbst.
„Es war allein meine Schuld. Bitte, verzeih mir meine Unge schicklichkeit.” Maggie strich sich über die Kleidung und schenkte George ein flüchtiges Lächeln, bei dem er errötete.
„Entschuldige, aber ich muss nach Hause.”
Ohne Nick mit auch nur einem Blick zu beachten, wandte sie sich um und schritt den Gang hinunter.
„Bestell Mrs. Smith einen schönen Gruß von mir!” rief George ihr nach.
Mrs. Smith?
Maggie Smith?
Die Frau von eben sollte die dünne, kleine Margaret Smith mit dem lockigen roten Haar und der großen Brille sein?
Zuletzt hatte er sie vor zwölf Jahren gesehen, kurz bevor er Wolf River verlassen hatte. Er hatte in der Autowerkstatt im Ort gearbeitet, und sie war mit ihrem Vater vorbeigekommen, der bei seinem 1956er Chevy die Zündkerzen eingestellt haben wollte. Damals war Nick einundzwanzig gewesen, und sie musste sechzehn oder siebzehn gewesen sein. Margaret war das scheueste Mädchen, das er je kennen gelernt hatte. Er hatte sie immer gegrüßt. Sie hatte seinen Gruß auch immer erwidert, ihn aber niemals angesehen.
Offenbar war sie noch genauso schüchtern wie damals. Sie sieht mich jedenfalls nicht an, dachte er verärgert und konnte es kaum glauben, dass Margaret Smith zu einer attraktiven Frau herangewachsen war.
Ihr Parfüm hing noch in der Luft, und plötzlich wurde Nick bewusst, dass sie beide, er und George, in die Richtung starrten, in die Maggie verschwunden war.
Nick klopfte George kameradschaftlich auf die Schulter. „Na, komm, ich helf dir eben mit den Dosen.”
„Was?” George blinzelte und sah Nick verständnislos an. „Ach so, ja. Nein, ist gut, Nick.
Das mache ich schon.”
„Kein Problem.” Nick bückte sich und griff nach einer Dose. „Wie geht es denn ihren Eltern?” fragte er beiläufig. „Wohnen sie noch in der Belview Avenue?”
George nickte, nahm gleich ein paar Dosen und begann sie zu stapeln. „Mr.
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