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geht. Auch wenn ich selbst gerne wandere und bergsteige – der Mann, der in seinem Profil angibt: »Ich hasse die Alpen, ich bin am liebsten drinnen« bekäme von mir einen Pluspunkt für Originalität.
Als Lebensmotto schreibe ich einen lustigen Spruch hin, den ich auf Facebook gelesen habe: »Life is too short to remove USB safely«. Schnell merke ich, dass sich viele Mitglieder dankbar an diesem Anker festhalten. Ich bekomme zig Nachrichten, in denen auf diesen Satz Bezug genommen wird. Auf meine Vorliebe für die italienische Küche spricht mich niemand an.
»Ihre Partnervorschläge: 625, davon 35 neue Mitglieder.«
»Er, 37, Zahnarzt, sehr attraktiv, hat Ihr Profil besucht.«
»Er, IT -Berater, 32, könnte gut zu Ihnen passen.«
Es kann jetzt endlich losgehen.
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Amors Albtraum: Wie sich Millionen von Menschen in Partnerbörsen vernünftig verlieben wollen
Die Geschichte des Online-Datings nimmt ihren Anfang natürlich in New York. 1965 erfinden der Buchhalter Lewis Altfest und der IBM -Programmierer Robert Ross den technischen Automaten für Kompatibilitätstests, kurz: TACT , einen Rechner, mit dem die beiden Tüftler einsame New Yorker miteinander verkuppeln wollen.
Von den Teilnehmern verlangen sie fünf Dollar und lassen sie einen Fragebogen mit einhundert Multiple-Choice-Fragen beantworten. Im Abschnitt »Philosophische Lebensfragen« heißt es beispielsweise: »Wenn Sie die Wahl hätten, die Tätigkeit von a) Schweitzer b) Einstein oder c) Picasso auszuüben, welche würden Sie wählen?« Dann werden die Antworten auf Lochkarten übertragen und in einen IBM -Rechner der Serie 1400 gegeben: Wenig später spuckt das Gerät pro Abonnent fünf Karten mit entsprechenden Partnervorschlägen aus.
Zunächst haben Altfest und Ross nur Abonnenten aus der progressiven Upper East Side, doch schon bald spricht sich ihr Service in ganz New York herum. Innerhalb eines Jahres melden sich 5000 Menschen bei TACT an. Altfest und Ross veranstalten nun auch Partys, wo sich die zusammengeführten Paare treffen können. Sie sind zu Pionieren der Single-Industrie geworden.
Die TACT -Werbeanzeige, die Mitte der Sechziger in Zeitschriften erscheint, zeigt eine gut aussehende Abonnentin, darunter deren Aussage: »Manche denken, Computer Dating ziehe nur Verlierer an. Diese Verliererin ist zufällig eine talentierte Modeillustratorin in einer der bekanntesten Werbeagenturen New Yorks. Sie macht Quiche Lorraine, spielt Schach und fährt gerne Ski. Von wegen Loser!«
TACT war der erste Computer-Dating-Service der Welt – und mit genau denselben Vorurteilen konfrontiert, die den Seiten bis vor Kurzem auch in Deutschland anhafteten.
Doch diese Zeiten sind vorbei.
Der Markt wird kleiner – Warum wir ab 30 gezielter nach der Liebe suchen
Galten Singlebörsen – ob digital oder analog – noch vor einigen Jahren als Sammelbecken für Verzweifelte und kauzige Übriggebliebene, nutzen heute etwa 5,5 Millionen Singles in Deutschland das Internet häufig oder gelegentlich zur Partnersuche. Neun Millionen Menschen beziehungsweise achtzehn Prozent aller deutschen Internetnutzer haben online schon einen Partner gefunden, hat eine Studie des Bundesverbands der Informationswirtschaft (Bitkom) ergeben. 5
Frank Dietrich ist einer davon. Ich treffe ihn an einem Sommerabend 2011 in einem Bistro in Berlin-Friedrichshain. Die Bedienung hat den Wein und die Cola noch nicht hingestellt, da sagt der 37-Jährige schon einen der bemerkenswertesten Sätze an diesem Abend: »Mit Anna, das war nicht gerade Liebe auf den ersten Blick. Es war wie bei einem Lied, bei dem man erst, je öfter man es hört, merkt, dass es perfekt ist.«
Doch vielleicht ist es besser, ganz von vorne anzufangen.
Frank ist studierter Informatiker und arbeitet als Projektmanager für einen Buchverlag, er ist für das gesamte Online-Angebot zuständig. Frank ist eher klein, drahtig – das kommt von seinem Hobby Triathlon –, er hat dunkles Haar, eine schwarze Hornbrille und einen Dreitagebart. Vor seinem aktuellen Job arbeitete Frank viele Jahre bei einem Musikmagazin. Er war der einzige Informatiker, umgeben von jungen Journalisten mit Umhängetaschen und ihren studentischen Lesern, anders gesagt: Er, der Fahrer eines BMW -Cabrios, war vor allem auf Partys, zu denen die meisten Mädchen mit gebrauchten Fahrrädern kamen.
»Irgendwie habe ich seit dieser Zeit ein kompliziertes Beuteschema«, erzählt Frank. Einerseits sucht er nach einer Freundin, die wie er
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