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Online-Datern nur eineinhalb Jahre. Bei Frank sollte es nicht anders sein.
Online-Dating, oder: Die Single-Party, die niemals aufhört
Parship ging am Valentinstag 2001 in Deutschland online. Aus PR -Sicht keine schlechte Idee, die Seite an jenem Tag zu starten, an dem sich alljährlich Tausende Singles fragen, warum ausgerechnet sie keinen Strauß überteuerter Schnittblumen abkriegen. Bis heute zählt der Valentinstag zu den Tagen im Jahr, an dem Partnerbörsen die meisten Neuanmeldungen verzeichnen. Frank wählt die halbjährige Mitgliedschaft für 239,40 Euro.
Ihm steht nun eine schier unendliche Auswahl an Singles zur Verfügung. Parship verweist auf 1,4 Millionen aktive Mitglieder. Bei einem Geschlechterverhältnis von – laut Unternehmen – etwa 50:50 warten also 700 000 Frauen auf ihn. Er könnte seine Suche auf die vierzehn Parship-Ableger in anderen Ländern ausdehnen, das wären dann noch mal zehn Millionen Singles. Bei anderen Anbietern sind ähnlich viele Singles angemeldet: ElitePartner verweist auf 750 000 aktive Mitglieder, FriendScout wirbt mit monatlich einer Million.
Die Zahl registrierter Singles ist die zentrale Werbebotschaft einer Partnerbörse, der vielleicht größte Trumpf, den sie ausspielen. Wer kommt sich bei so vielen Gleichgesinnten noch wie ein Außenseiter vor? Genau deshalb geben die Partnerbörsen die Gesamtzahl der Singles an und nicht die des bevorzugten Geschlechts – was ja sinnvoller wäre. Die Zahl aller Mitglieder sagt: »Du bist nicht allein. Auch wenn dein gesamter Freundeskreis aus Pärchen besteht und du dich wie ein Restposten fühlst, da draußen sind Millionen von Menschen, denen es genauso geht wie dir.«
Die Kölner Privatinitiative »singleboersen-vergleich.de« geht von sechzig Millionen Mitgliedschaften in Deutschland aus. Das heißt natürlich nicht, dass drei Viertel aller Deutschen auf Partnersuche im Web sind, die Mehrzahl dieser Profile sind Karteileichen. Da sind Mitglieder, die jemanden gefunden haben und aufhören, die Seiten zu besuchen. Da sind Leute, die sich anmelden, aber nicht für die Seite bezahlen wollen (das heißt, sie haben zwar ein Profil, können aber keinen Kontakt zu anderen aufnehmen). Und da sind Hunderte Mitarbeiter von Partnerbörsen, die dazu aufgefordert werden, ein Profil zu pflegen – egal, ob sie auf der Suche nach einem Partner sind oder nicht.
Doch selbst wenn die Mitgliederzahl geschönt sein sollte, stehen Frank Hunderttausende Kandidatinnen zur Verfügung. Die Angebotsseite im Markt der Liebe ist unerschöpflich. War die Partnerwahl früher auf ein Dorf oder eine Kleinstadt begrenzt und sozial kontrolliert durch Familie, Kirche und Gesellschaft, sind ihr heute keinerlei Grenzen gesetzt: Dank Skype und Billigfliegern können wir theoretisch Beziehungen auf der ganzen Welt führen; mit Menschen jeden Alters, jeder Schicht und Nationalität. Daraus ergibt sich ein schier unendlicher Pool an Liebesmöglichkeiten.
Dabei macht die größere Auswahl Franks Suche nicht leichter, sondern komplizierter. Der Entscheidungstheoretiker Peter M. Todd vom Max-Planck-Institut in München hat untersucht, wie viele Kandidaten ein Single benötigt, um eine Entscheidung zu treffen. Dazu befragte er 88 junge Erwachsene: Die Mehrzahl von ihnen glaubte, zwanzig bis fünfzig Kandidaten seien die beste Grundlage für eine Wahl.
Doch der Wissenschaftler hatte Zweifel: Todd bat seine Probanden, sich bei einer (fingierten) Partnervermittlung im Internet anzumelden. Die eine Gruppe bekam die vermeintlich ideale Anzahl von zwanzig Kandidaten präsentiert, eine andere konnte sich nur zwischen vieren entscheiden. Danach sollten die Probanden sich die Seite noch beliebig lange anschauen. Im Anschluss wurden sie befragt, wie gut ihnen das Angebot gefallen habe. Das Verblüffende: Die Gruppe, die nur vier Kandidaten begutachten konnte, war ebenso zufrieden wie die Gruppe, die aus zwanzig Profilen auswählen durfte. Doch diese Gruppe konnte sich wesentlich schlechter an Einzelheiten der Kandidaten erinnern.
Peter Todd folgerte, dass Menschen den zeitlichen und emotionalen Aufwand unterschätzen, den eine größere Auswahl mit sich bringt. Die technischen Möglichkeiten, die das Internet bietet, überfordern die kognitiven Fähigkeiten des Menschen, der es evolutionär gewohnt ist, aus einer eher kleinen Auswahl seinen Partner zu wählen.
Die Folge ist das, was Verhaltenspsychologen decision fatigue , also Entscheidungsmüdigkeit, nennen. Diese
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