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Titel: Diesen Partner in den Warenkorb legen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annabel Dilling
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die man gut findet. Matching eben. Ein Songzitat bei Facebook, das einem Tränen in die Augen treibt. Stiftung Partnertest. Qualitätsurteil: vielversprechend.
    Das Internet hat die Partnersuche zum Produktvergleich gemacht: Man recherchiert online die Basics (wie viel Megapixel hat die Digitalkamera? Wo ist er zur Schule gegangen?), so dass man im Laden beziehungsweise beim Treffen ganz auf sein Gefühl vertrauen kann (wie liegt die Kamera in der Hand? Flattern die Schmetterlinge im Bauch?).
    Interessant ist psychologisch gesehen nicht nur die Vorrecherche im Internet, sondern auch der Vorgang des Auswählens, der für Partnerbörsen wie ElitePartner und Parship so typisch ist: Vom Gesicht auf dem Foto, das ja – solange nicht aktiv freigeschalten – unkenntlich ist, sind bestenfalls Umrisse zu erahnen. Die einzigen Informationen, die man (neben der Matchingzahl) zunächst zur Verfügung hat, sind die Postleitzahl, das Alter und der Beruf.
    Anhand dieser Kriterien muss man entscheiden: Schaue ich mir das Profil genauer an oder klicke ich weiter? Vor allem der Beruf bekommt dadurch einen ungemein hohen Stellenwert. Architekt, 38, aus 80xxx, oder lieber Programmierer, 35, aus 71xxx? Chirurg oder Grundschullehrer. Anwalt oder Fitnesstrainer. Daumen rauf, Daumen runter. Gefällt mir nicht. Diesen Kandidaten aus den Favoriten entfernen.
    Durch die Überbewertung des Persönlichkeitsmerkmals »Beruf« tendiert man zum einen dazu, Leute gut zu finden, die etwas Ähnliches machen wie man selbst: Schlicht weil man meint, diese einschätzen zu können. Dates zu haben, sich auf neue Menschen einzustellen, ist sowieso schon unwägbar und anstrengend genug, da bleibt man lieber auf vertrautem Terrain – und hat gleich ein prima Gesprächsthema, wenn es zum ersten Treffen kommt.
    Wenn die einzige Information über jemanden, den man nicht kennt, der Beruf ist, führt das außerdem fast automatisch dazu, direkte Rückschlüsse auf die Persönlichkeit zu ziehen – und die Stereotypen-Maschine anzuwerfen: Steuerberater – Erbsenzähler. Immobilienmakler – Geldschnösel. Sozialarbeiter – Schluffi. Die meisten von uns haben Vorurteile dieser Art. Und zwar genau so lange, bis wir einen Menschen kennenlernen, der aufs Charmanteste widerlegt, dass alle Beamten spießig oder alle Friseure schwul sind. Nur: Zu dieser Begegnung kommt es in diesem Fall nicht, weil alle mit dem »falschen« Beruf vorher aussortiert werden. Ebenso wie die, bei denen vermutlich kein hohes Einkommen zu erwarten ist. Künstler, freie Autoren und Studenten zum Beispiel.
    Dabei ist es nicht so, dass ab dreißig plötzlich alle zu kalten Materialisten werden: Man stellt den Suchfilter schlicht deshalb so engmaschig ein, weil man es kann. Weil das Prinzip Partnerbörse (»Zehn Millionen Singles in ganz Europa warten auf Sie«) geradezu darauf ausgelegt ist, brutal auszusortieren. Weil man, selbst wenn man nur nach gut verdienenden Akademikern über 1,90 sucht, die in ihrer Freizeit gerne surfen, noch ein Dutzend Partnervorschläge bekommt.
    Durch die nie versiegende Auswahl an Singles im Internet kann man ungestört einem falschen Ideal nachjagen. Denn wer sagt einem, dass der fröhliche Krankenpfleger nicht besser zu einem passt als der desillusionierte Chirurg, der aufgrund seiner unmenschlichen Arbeitszeiten stets kurz vor dem Burn-out steht?
    Viele Online-Dater, mit denen ich für das Buch gesprochen habe, sagten, dass sie eher nach Leuten Ausschau halten, die – optisch und beruflich – »über ihnen stehen«. Und berichten von den gemischten Gefühlen, wenn sie Partneranfragen von Mitgliedern bekommen, die in ihren Augen eine Liga unter ihnen spielen: Was fällt diesem dämlich grinsenden Grundschullehrer mit dem Bauchansatz eigentlich ein? Mein Marktwert ist doch wesentlich höher! Der Supermarkt mit dem gigantischen Angebot verpflichtet das Individuum nicht nur zur Suche nach dem bestmöglichen Match, sondern vor allem zur Suche nach dem bestmöglichen Deal.
    »Paarforscher haben herausgefunden« – Hat die Wissenschaft die Liebe entzaubert?
    Auf das Gebiet zwischenmenschlicher Beziehungen ist nicht nur die Küchenpsychologie, sondern auch die professionelle Wissenschaft vorgedrungen. Ein riesiger Output an nützlichem und unnützem Wissen über Männer, Frauen und ihre Gefühle füreinander befeuert Frauenzeitschriften, den Buchmarkt und Quizsendungen im Fernsehen (»Wie liebt Deutschland?«). In einer Zeit, in der die Deutungsmacht von Politik

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