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herausgeschrieben. Auf meine fragenden Blicke hin kamen wir ins Gespräch – erst redeten wir nur über die Zeitschriften vor uns auf dem Tisch. Aber es dauerte nicht lange, da sprachen wir auch über Privates. Friederike erzählte mir, dass sie seit ihrer letzten Beziehung viel darüber nachgedacht habe, warum sie sich in ihren damaligen Freund verliebt hatte. Vor ihrer nächsten Beziehung wolle sie erst mal mehr über sich erfahren und sich der Liebe nur »theoretisch nähern«. Das fand ich reichlich ungewöhnlich – und bat sie um ein Interview.
Einige Wochen später sitze ich in einem Fünfziger-Jahre-Sessel in ihrem Hamburger Zwei-Zimmer-Apartment und trinke Tee. Selbst genähte Vorhänge, über ihrer Kommode zwei Hirschgeweihe, an denen Ohrringe und Ketten hängen – Friederikes Zuhause wirkt so einzigartig und liebevoll, wie Friederike gerne auch als Partnerin wäre. Doch da ist kein Mann, der ein solches Leben mit ihr teilen möchte. Beruflich läuft alles prima, Friederike arbeitet als Grafikerin für eine renommierte Werbeagentur, die unter anderem von Nike und größeren Buchverlagen beauftragt wird.
Die 33-Jährige mit den langen braunen Locken und dem kleinen Leberfleck über dem rechten Mundwinkel hatte eigentlich erst zwei richtige Beziehungen. Eine von 18 bis 21 mit einem Jungen aus ihrer Kollegstufe. Es ging auseinander, als Friederike nach Hamburg zum Studieren zog. Die zweite zwischen 27 und 30, die Beziehung endete abermals genau nach drei Jahren. Jetzt ist Friederike wie so viele Singles unumwunden kompromisslos: Beim nächsten Mal muss es hundertprozentig passen, sonst wolle sie sich gar nicht darauf einlassen. Entweder oder. Sie sucht das perfekte Match.
Vor einem halben Jahr hatte sie Carsten kennengelernt, ebenfalls Grafikdesigner. Sie waren sich auf der Buchmesse ein paar Mal über den Weg gelaufen und zufällig mit demselben Zug von Frankfurt zurück nach Hamburg gefahren. Sie verstanden sich auf Anhieb. Carsten war zwar schon 43, aber ansonsten passte alles sehr gut. Der ironische Sound seiner E-Mails. Sein Faible für alte Plattenspieler. Seine puristisch eingerichtete Dachgeschosswohnung.
Was Friederike erst nach zwei Monaten herausfand: Carsten war ein Gesundheitsapostel. Kein Fast Food. Kein Alkohol. Nur Biofleisch und früh ins Bett. Weil er gleichzeitig zum Missionarischen tendierte, hatten sie sich nach fast jeder Party gestritten. »Ich musste mich dauernd rechtfertigen, wenn ich etwas getrunken hatte.« Friederike spürte, dass sie einfach nicht zusammenpassten. Am Sonntag um halb acht Uhr aufzustehen, »um beim Spaziergehen die Binnenalster für sich zu haben«, dafür fühlte sie sich mit 33 noch zu jung. Sie beendete das Ganze, und zu ihrer Überraschung hatte Carsten nichts dagegen.
Da stand sie nun im Frühsommer 2011 und wusste nach zwei Beziehungen, zwölf One-Night-Stands und drei Dutzend Mal Partyknutschen vor allem eines: was sie nicht wollte. Aber sie konnte natürlich auch formulieren, was sie wollte.
Friederike schenkt Orangen-Hibiskus-Tee nach, stellt die Kanne zurück auf das Stövchen und holt dann zu ihrer Suchbeschreibung aus. »Also, am liebsten wäre mir einer, der beruflich auch etwas Gestalterisches macht – wie ich. Eine gemeinsame künstlerische Ader ist mir total wichtig. Sonst versteht der mich ja gar nicht.«
Außerdem soll er handwerklich begabt und kein Scheidungskind sein (»die haben alle einen Knall«), eine individuell eingerichtete Wohnung haben (»eine Mischung aus Designklassikern, Habitat und Flohmarkt«). Sein Kleidungsstil soll lässig, unkonventionell und chic sein (»keine Outdoorklamotten in der Stadt!«). Er soll große Hände, reichlich Haupthaar und schöne Zähne haben. Beim Satz »Wir müssen reden« nicht die Augen verdrehen. Selbstironie: ganz wichtig. Sushi mögen. Fertigpizza nicht. Er sollte im Job erfolgreich sein, er soll verlässlich sein, aber auch ein bisschen Rock’n’Roll. Er sollte, sollte, sollte. Mit leuchtenden Augen spricht Friederike von ihrem zukünftigen Partner. In ihrem Kopf hat sie ihn schon gefunden.
Ich frage Friederike, ob sie sich schon mal gefragt habe, ob sie zu anspruchsvoll sei. »Natürlich. Meine Freundinnen sagen mir das ständig. Aber ich kann doch nicht aus meiner Haut. Diesen genauen Blick, den ich auf mich selbst und andere habe, kann ich nicht abstellen. Ich verliebe mich eben nicht in Männer, die glauben, die Schrift Comic Sans sehe irgendwie lustig aus, und die Funktionsjacken
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