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Titel: Diesen Partner in den Warenkorb legen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annabel Dilling
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ein genialer Streich unseres Gehirns, um nicht darüber nachdenken zu müssen, dass es mit dieser oder jener Person theoretisch auch möglich gewesen wäre, eine Beziehung einzugehen. Stattdessen erzählt man allen Freunden (und sich selbst) von der Unwahrscheinlichkeit, dass man the one gefunden hat: »Es war einfach Schicksal!«
    Mein ehemaliger Mitbewohner Max gestand mir vor einigen Jahren, dass er jede Frau aus Prinzip toll findet, die sich zufällig zum Rhythmus eines Liedes bewegt, das er gerade auf seinem iPod hört: Auch aus dieser Aussage spricht der Wunsch, dass Amor uns ein Zeichen gibt, das uns die Auswahl erleichtert. Einen Wink des Schicksals. Ein Wippen des anderen zur Melodie des Herzens.
    Früher ritzte man Anfangsbuchstaben in Baumrinde, heute hängen junge Paare Schlösser an Brücken und werfen den Schlüssel in den Fluss. Auch das zeigt die Schicksalssehnsucht der Liebenden von heute. Ob an der Hohenzollernbrücke in Köln, am Pont des Beaux Arts in Paris oder an der milvischen Brücke in Florenz – in ganz Europa finden sich die Liebesschlösser. Sie stehen symbolisch für die Hoffnung, in die Annalen der Liebe einzugehen. Denn wenn das Vorhängeschloss keinem Bolzenschneider zum Opfer fällt (oder der Baum mit den Initialen einer Kettensäge), dann bleibt dieses Denkmal der Liebe sehr lange Zeit dort zu sehen.
    Die Schicksalssehnsucht der heute Dreißig- bis Vierzigjährigen ist ungebrochen. Gleichzeitig wissen sie mehr denn je, dass der Zauber einer Begegnung und einige Wochen hemmungsloser Verliebtheit nicht reichen für dauerhaftes Glück zu zweit. »Die Ehe war zum größten Teile verbrühte Milch und Langeweile«, schrieb Kurt Tucholsky Anfang des vergangenen Jahrhunderts. Heute will es keiner so weit kommen lassen.
    13 Etwa Clara Schumann, Bettina von Arnim oder Caroline Schlegel.
    14 Übrigens heißt diese Vorstellung, die bis heute weit verbreitet ist, nichts anderes, als dass die einzelne Kugelhälfte, sprich: der Single, ein Mängelwesen ist, der nur durch die andere Kugelhälfte »geheilt« werden kann.

Tag 190 bis 230
    Tag 190 – Partnersuche mit angenehmem Nebeneffekt: Mein Sprachtandem
    Mich stört, dass es bei den Verabredungen immer um das eine geht: nicht etwa um Sex, das ließe ich mir ja noch eingehen, ich bin schließlich Single, sondern um »die große Liebe«. Klar, das ist ja das große Versprechen der Partnerbörsen, genau dafür habe ich 239 Euro bezahlt. Aber ich will nicht zwischen Milchkaffee und Apfelkuchen permanent mein Innerstes befragen müssen, ob ich mir vorstellen kann, dass die Person, die ich seit genau siebzehn Minuten kenne, mich auf meiner eigenen Hochzeit zum Altar begleitet. Ich sehne mich nach mehr Subtilität, nach weniger Direktheit. Und eine »kleine Liebe« täte es auch fürs Erste.
    Weil ich schon seit Langem mein Französisch aufbessern will, beschließe ich, mir ein Sprachtandem zu suchen, also einen in München lebenden Franzosen, der Deutsch lernen möchte. Im Studium hatte ich das öfter gemacht: Man trifft sich, unterhält sich miteinander in beiden Sprachen und geht mit jeder Menge neuer Vokabeln nach Hause. Doch damals waren die Treffen klassische Blind Dates: Ich erinnere mich an einen leicht müffeligen 25-Jährigen aus Dijon, der wirkte, als hätte er noch nie eine Freundin gehabt. Inzwischen, erzählte mir eine Freundin, gebe es auch Seiten, die wie Partnerbörsen aufgemacht seien: Das heißt, man sieht vorher ein Profilbild und kann sich einen Eindruck verschaffen. Très bien!
    Ich melde mich bei erstenachhilfe.de an und schreibe Matthieu, einem sehr großen Volleyballspieler, der bei EADS als Ingenieur arbeitet (ich rate übrigens allen Soziologen dieses Landes, einmal zu erforschen, warum ausgerechnet dieser Berufsstand in Single-Portalen so signifikant überrepräsentiert ist).
    Für unsere erste Verabredung bestelle ich Matthieu in meine Lieblings-Date-Kneipe. Nach elfeinhalb Minuten erwähnt er zum ersten Mal seine Freundin, die bald seine Frau werden soll. Oha! Die singlebörsenartige Aufmachung der Sprachtandem-Seite hat mich fälschlicherweise annehmen lassen, mein Gegenüber sei Single. Matthieu ist 35, also nur vier Jahre älter als ich, scheint aber schon deutlich mehr erlebt zu haben: Er hat mit Anfang zwanzig seine Jugendliebe geheiratet, zwei Kinder mit ihr bekommen und lebt seit drei Jahren in Scheidung. Um seine neue Freundin heiraten zu können, braucht er ein Ehetauglichkeitszeugnis, ein sehr langes Wort, das

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