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er inzwischen gut auf Deutsch kann. Eje-toglisch-kaiz-säugnis, so ungefähr.
Wir unterhalten uns eine Stunde auf Deutsch, eine auf Französisch, und als ich an diesem Abend durch den Schnee nach Hause gehe, bin ich trotz »Themenschwerpunkt: seine Freundin« nicht enttäuscht: Schließlich habe ich mich mit Matthieu vor allem getroffen, um mein Französisch zu verbessern. Und, voilà, ich habe viele neue Wörter gelernt: Brautkleid, Junggesellenabschied, Standesamt.
Ich freue mich, als Matthieu fünf Tage später schreibt, ob wir uns bald wieder treffen. Wir verabreden uns für Freitag nach der Arbeit, und ich lerne die schönen Ausdrücke »Bouche-à-oreilles« (Mundpropaganda) und »mille-pattes« (Tausendfüßler).
Nach zwei Bieren steht die Frage im Raum, was man mit dem angebrochenen Abend noch macht. Ich bin mit einer Freundin in einer nahe gelegenen Bar verabredet und frage ihn, ob er nicht mitkommen will. Er bedaure sehr, aber seine Verlobte warte mit dem Essen.
Wenig später erhalte ich folgende SMS : »Liebe Annabel, du bist eine sehr schöne Person, ich fühle mich in deiner Gegenwart sehr wohl. Ich würde sehr gerne demnächst andere Sachen mit dir machen, als mich im Café zu treffen, ich bin da sehr offen ;-)«
Ich muss lachen. Und dann bin ich traurig: Ich habe soeben mein Sprachtandem verloren. Keine Frage, ich werde mich nicht mehr mit Matthieu treffen, die Anstiftung zum Seitensprung ist mir zu direkt, und auf Komplikationen mit Fast-Verheirateten habe ich keine Lust.
Mit meiner Freundin rede ich an diesem Abend noch lange darüber, wie unverblümt das Arrangieren von Sex-Dates geworden ist: Auch in den Partnerbörsen schreiben mir immer wieder Männer, die unumwunden zugeben, dass sie in einer Beziehung stecken. »Bin am Montag auf Dienstreise in München – Lust auf ein Abenteuer?« – Viele solcher Nachrichten habe ich erhalten.
Tag 230 – Der Zauber einer Nacht, oder: Endlich wieder analog verliebt
Der Winter geht allmählich zu Ende, und ich verliebe mich zum ersten Mal seit meiner letzten Beziehung. In einer Frauenzeitschrift lese ich, dass man seinen künftigen Partner ab einem gewissen Alter immer schon kennt und nur nicht auf dem Radar hat. Genau so ist es mit Philip. Vom Grenzgebiet meines Bekanntenkreises war er ins Zentrum meiner Aufmerksamkeit katapultiert worden.
Auslöser war eine Party, auf der wir uns – ich weiß nicht mehr genau, wie es sich ergab – plötzlich küssten. Von da an musste ich eigentlich 24 Stunden am Tag an ihn denken, an seine Harry-Potter-Haare, die Zahnlücke zwischen den Schneidezähnen und an diesen düsteren Blick, in dem irgendein Schmerz lag, über den ich mehr erfahren wollte.
Zwei Wochen später treffe ich ihn zufällig beim Ausgehen, uns umfängt der Zauber einer Frühlingsnacht, in der man zum ersten Mal nicht mehr friert; einer, von der man hofft, sie würde in einen endlosen, verliebten Sommer münden. Wir reden stundenlang und küssen uns, und als es schon hell ist, gehen wir zu ihm nach Hause. »Ich beleuchtete alle Schaufenster meines Herzens«, schreibt Tucholsky in »Schloss Gripsholm«, und das tat ich auch: Ich war unfassbar verliebt. Das schönste Gefühl der Welt.
Als wir am Morgen aufwachen, fragt Philip mich über meine Exbeziehungen aus, über meine Familie, meine Pläne. Er sieht mich verliebt an und sagt, dass er am liebsten möchte, dass ich sofort bei ihm einziehe. Stundenlang liegen wir an diesem Morgen im Bett, wir sprechen über die Vergangenheit und die Zukunft. Zu keinem Zeitpunkt glaube ich, dies sei eine Sache für eine Nacht. Und doch ist es so.
Nach drei Wochen beendet Philip das, was da angefangen hat, und es überrascht mich noch nicht einmal. Er hatte sich kaum noch gemeldet. Schmerzhaft ist vor allem, dass er so offiziell Schluss macht. Hätte er es nicht langsam ausklingen lassen können, sich einfach nicht mehr melden? Anscheinend hält er es für nötig, eine emotionale Status-Meldung auszusenden, mich wissen zu lassen, wie hoch ich bei ihm im Kurs stehe. Nicht hoch genug nämlich. »Leider bist du nur eine vier von fünf auf der Gefühle-Skala, das ist mir zu wenig« – so in etwa hatte Philip es gesagt. Es reichte nicht. Ich reichte nicht. Zum ersten Mal seit langer Zeit habe ich richtigen Liebeskummer.
Um mich abzulenken, logge ich mich noch am selben Tag bei Finya ein. Ich sehe, dass Julian, der Ewan-McGregor-Verschnitt, mein Profil besucht hat. Ich bin gekränkt, mein Selbstbewusstsein hat wegen
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