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Diesen Sommer bin ich dein

Diesen Sommer bin ich dein

Titel: Diesen Sommer bin ich dein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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der Wälder. Wenn dies deine Vorstellung
davon ist, mich zu erfreuen, dann bin ich einen traurigen Handel eingegangen.«
    Also ärgerte sie sich über ihn. Die ach so
korrekte Miss Lauren Edgeworth ließ es zu, dass in ihrer Stimme Verärgerung
mitschwang. Kit grinste.
    Sein Ziel war der Pavillon, der vor jahren
an einer malerischen Stelle nahe am Ufer gebaut worden war, vor allem, um vom
anderen Ufer aus bewundert  werden zu können, wo sich an ruhigen Tagen seine
marmorne Vollkommenheit im Wasser spiegelte. Aber er hatte auch eine praktische
Funktion als Restplatz für Spaziergänger, die genug Energie aufbrachten um den See
ganz zu umrunden. Seine Brüder und er hatten ihn in seiner Kindheit als
Badehütte benutzt. Sie hatten stets im See baden dürfen, sofern sie ein
Erwachsener beaufsichtigte. Der Haken an der Sache war, dass nur sehr selten ein
Erwachsener verfügbar und bereit war, sie zu begleiten, und wenn doch einmal
jemand mit ihnen kam, so wurden sie dauernd zurechtgewiesen, nicht von Baumästen
ins Wasser zu springen, nicht zu tauchen, nicht ins Tiefe zu gehen und einander
nicht aufzulauern, mit Wasser zu bespritzen oder unterzutauchen. Daher hatten
sie lieber dort gebadet, wenn sie vom Haus aus nicht gesehen werden konnten und
wahrscheinlich unentdeckt blieben.
    Kit stieg ab, als sie den Pavillon
erreichten, und band sein Pferd an einen Ast. Dann hob er Lauren aus dem
Sattel, bevor er das Bündel löste, das er hinter dem seinen befestigt hatte. Er
ging voraus, entlang dem Pavillon und die flachen Marmorstufen hinauf, um die
Doppeltüren hinter den vier Säulen zu öffnen.
    Drei Innenwände waren von Holzbänken
gesäumt. Der Boden war gefliest, die Wände schlicht, bis auf einen kunstvoll
geschnitzten Fries, auf dem nackte lockige Jünglinge durch unwirkliche Haine
wilder Blumen und reifer Früchte leichtfüßigen Nymphen nachjagten. Mit seinen
Brüdern hatte er mehr als einmal auf der Bank gestanden, um über die Nymphen zu
kichern, deren durchsichtige Kleidung keine ihrer weiblichen Reize verbarg. Kein
Wunder, dass die Jünglinge ihnen auf ewig hinterherliefen.
    »Setz dich«, forderte er sie auf, und sie
ließ sich an der Innenwand nieder, vor der aus man den See betrachten konnte,
die Füße ordentlich nebeneinander gestellt, die Hände im Schoß gefaltet. Kit
legte sein Bündel ab und setzte sich auf eine der Seitenbänke. Lauren wirkte
streng und spröde.
    »Newbury Abbey liegt nahe am Meer, nicht
wahr?«, fragte er sie.
    »Ja. Der Strand ist Teil des Parks.«
    »Aber du bist dort nie geschwommen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich mochte den
Strand nie. Der Sand gerät in Schuhe und Kleidung, und der Salzwind vom Meer
trocknet die Haut aus. Und das Meer selbst ist ... wild.«
    »Wild.« Er betrachtete sie neugierig. »Du
magst die wilde Natur nicht?« Liebte nicht jeder das Meer? War in ihrem
tiefsten Inneren letztendlich doch nur Sprödigkeit?
    »Das Meer mag ich nicht.« Sie blickte auf
den See hinaus, der so früh morgens wie ein glatter Spiegel wirkte und die
Strahlen der Sonne reflektierte. »Es ist so unermesslich, so unberechenbar, so
unkontrollierbar, so ... grausam. Nichts kommt vom Meer zurück.«
    Was oder wer war nicht zurückgekommen? War
jemand, den sie kannte, ertrunken? Und dann stieg eine dunkle Ahnung in ihm
auf.
    »Als deine Mutter und dein Stiefvater auf
Hochzeitsreise gingen«, fragte er, »sind sie da übers Meer gefahren?«
    Sie wandte den Kopf zu ihm um, eher
überrascht, als hätte er jäh das Thema gewechselt.
    »Sie sind zunächst nach Frankreich
gereist«, erklärte sie, »während eines Waffenstillstands, und dann langsam nach
Südosten. Sie waren in Indien, als ich zum letzten Mal von ihnen hörte.«
    Das Meer hatte ihre Mutter nicht
zurückgebracht.
    »Man erzählte mir, mein Onkel und meine
Tante hätten mich mitgenommen, als sie sie verabschiedeten. ich soll mit einem
Taschentuch gewinkt haben, bis das Schiff am Horizont verschwand. Es muss sehr
lange gedauert haben. Aber ich erinnere mich nicht daran. Ich war erst
dreijahre alt.«
    Gar keine Erinnerung? Oder eine so tief
vergrabene Erinnerung, dass sie nicht in ihr Bewusstsein dringen konnte?
    Das Meer hatte ihre Mutter niemals
zurückgebracht.
    Aber dies war nicht das Meer, und er hatte
sie nicht hierhergeführt, um sie zu betrüben. Er erhob sich, trat in den
Eingang und blickte hinaus.
    »Ist auch keiner deiner Spielgefährten
jemals geschwommen? Selbst in diesem Teich nicht, von dem du mir erzählt

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