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Dieser eine Moment (German Edition)

Dieser eine Moment (German Edition)

Titel: Dieser eine Moment (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Wortberg
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streicheln und dann langsam weiter nach unten gleiten.
    »Zieh dich aus«, flüstert sie, während ihre Finger zwischen ihren Beinen verschwinden.
    Er merkt, wie er von ihr wegdriftet. Je mehr sie sich ihrer Lust hingibt, desto weniger Lust empfindet er. Ihre Berührungen erreichen ihn nicht, seine Teilnahmslosigkeit erschreckt ihn. In seinem Mund ein schaler Geschmack.
    Er zieht sich seinen Pullover über den Kopf, sein T-Shirt. Ihre Brust an seiner Brust, ihre Brustwarzen auf seiner Haut. Sie drückt seinen Kopf auf ihren Bauch, er folgt ihren Anweisungen wie eine Marionette. Seine Wange auf ihrer Haut, seine Lippen an ihrem Nabel. Vorgetäuschte Leidenschaft, bedeutungslos.
    Sie hebt ihr Becken, sie streckt es ihm entgegen wie eine reife Frucht, sie wartet auf seinen Mund. Das Kreisen ihrer Finger zwischen ihren Schenkeln, der bezwingende Geruch ihrer Lust, während sie sich an der Schnalle seines Gürtels zu schaffen macht, ungeduldig und fordernd.
    Hinter der Wand die Leidenschaft der anderen. Das Schreien von Inkie, erst laut und anhaltend, dann langsam verebbend, ein kleiner Tod. Ein letztes Keuchen von Lars. Dann Stille.
    Die Lippen geöffnet, starrt Jan auf das dunkle Dreieck vor seinem Mund. Doch anstatt es zu küssen, dreht er den Kopf zur Seite.
    »Was ist denn?«, fragt Laura.
    »Ich kann nicht«, sagt er.
    »Du meinst, du willst nicht.«
    »Tut mir leid.«
    »Tut dir leid«, wiederholt sie wie ein Echo. Sie presst ihre Beine zusammen, verbirgt ihr Geschlecht mit den Händen.
    »Wie dumm von mir«, sagt sie leise. »Dabei hätte ich es mir doch denken können.«
    Sie zieht die Wolldecke über ihren schutzlos gewordenen Körper, wickelt sich darin ein wie ein kleines Kind. Beschämung, die sich in Wut verwandelt. Er kann es sehen an der Art, wie sie dasitzt, mühsam beherrscht, vor dem verglimmenden Kaminfeuer.
    »Warum tust du das?«, fragt sie.
    »Was?«
    »Mir Märchen auftischen. Mich anlügen.«
    »Tue ich doch gar nicht.«
    Die Kälte in ihren Augen lässt ihn erschaudern. Er begreift, dass sie sich bereits entschieden hat. Dass er gegen die Verletzung, die sie ihm zuschreibt, nicht ankommen kann. Was ihm bleibt, ist ein Geständnis oder der hilflose Versuch, an seiner Lüge festzuhalten.
    »Wo warst du wirklich?«, fragt sie.
    »Bitte?«
    »Vorhin, als ich dich angerufen habe.«
    »Habe ich doch gesagt.«
    »Du hast irgendwas gesagt.«
    »Mit Dario ein Bier trinken.«
    Dieser Blick, in dem alles liegt. Liebe, Enttäuschung, Hass. Die Angst zu ertrinken, der Wunsch, ihm wehzutun. Dieser Blick, der ihm sagt, dass er sie nicht kennt, dass alles, was er von ihr weiß, nur Oberfläche ist.
    »Irgendwas zwischen uns läuft furchtbar schief«, sagt sie.
    »Wie kommst du darauf?«
    »Warum fragst du das, du spürst es doch auch.«
    Natürlich spürt er es. Seit Tagen schon, seit Wochen, vielleicht von Anfang an. Die Flüchtigkeit eines Glücks, in dem der Kern eines Unglücks eingeschlossen ist.
    »Warum sagst du nichts?«, fragt sie.
    »Was soll ich denn sagen?«
    »Ich weiß nicht, irgendwas.«
    »Irgendwas?«
    »Dass es nicht so ist. Dass ich mich irre.«
    Er sieht sie an. Ihre Augen ein Meer von Traurigkeit. Er weiß, was er jetzt sagen müsste. Aber selbst wenn er es sagte, wäre es falsch.
    »Siehst du«, sagt sie müde, »das ist genau das, was ich meine.«
    Betreten, die Lippen zusammengepresst, wendet er sich ab. Ihren Blick in seinem Rücken, nimmt er sein T-Shirt vom Sofa, streift es sich über, zieht den Reißverschluss seiner Hose hoch.
    »Entweder du liebst mich nicht«, sagt sie, »oder du hast jemand anders kennengelernt.«
    »Das ist doch Unsinn.«
    »Warum solltest du mich sonst belügen?«
    »Zum letzten Mal: Ich hab dich nicht belogen.«
    Er schließt seinen Gürtel. Die Schnalle verursacht ein metallisches Geräusch. Er schämt sich und staunt. Über die Unausweichlichkeit, mit der eine Lüge die nächste nach sich zieht.
    »Soll ich ihn fragen?«
    »Wen?«
    »Dario. Meine Schwester hat bestimmt noch seine Nummer.«
    »Lass uns damit aufhören. Bitte.«
    »Du willst also, dass ich es tue.«
    »Laura!«
    »Nur weil du zu feige bist, mir die Wahrheit zu sagen.«
    »Das ist doch albern.«
    »Albern? Ich finde es eher armselig.«
    Eine Sekunde lang wirkt sie wie ein wildes Tier vor dem Sprung. Als wolle sie ihm im nächsten Augenblick ins Gesicht schlagen. Stattdessen fängt sie an zu weinen.
    »Was ist denn hier los?«, fragt Inkie.
    Sie steht in der Tür, wie aus dem Nichts, ein Laken um

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