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Dieser Sonntag hat's in sich

Dieser Sonntag hat's in sich

Titel: Dieser Sonntag hat's in sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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stieg ich aus und ging zweimal den
Häuserblock auf und ab und atmete die feuchte Luft ein. Es war jetzt wärmer,
der Nebel hatte sich wie eine Wärmedecke auf die Stadt gelegt. Ich bewegte mich
schnell, kreiste mit den Armen und fühlte mich nach einer Weile wieder
munterer.
    Nun, eine Stunde und vierzig Minuten
später, ging das Licht in Zimmer 209 an. Ich sah, wie sich hinter den Vorhängen
ein großer Schatten bewegte. Kurz darauf trat Wilkonson mit einer kleinen
Reisetasche in der Hand heraus. Während er zu seinem Ranchero ging, ließ ich
mein Auto an. Er wendete und fuhr an mir vorbei in Richtung Stadtzentrum. Ich
blieb zurück, damit ihm meine Scheinwerfer nicht auf fielen; da zu dieser
Stunde nur wenig Verkehr war, konnte ich ihn kaum aus den Augen verlieren.
    Er führte mich schließlich zu dem
Gewerbegebiet südlich von Market, wo ich am Freitag Rudy Goldring besucht
hatte. Die Straßen waren verlassen und so schmutzig, daß selbst der Nebel
schmuddelig wirkte. Lagerhäuser und Sattelschlepper zeichneten sich in der
Dunkelheit ab. Meine Scheinwerfer huschten über das Gitterwerk der
Maschendrahtzäune. Vor mir glitzerten Bahnschienen, die das Pflaster kreuzten.
Es waren keine anderen Fahrzeuge in Sicht, und ich hatte allmählich Angst,
Wilkonson würde merken, daß ihm jemand folgte. Doch dann kamen wir in eine hellerleuchtete
Gegend. Plötzlich verstopften Autos, Laster und Menschen die Straße. Verblüfft
bremste ich ab. Es war, als ob wir den Schauplatz eines schrecklichen Unglücks
erreicht hätten. Dann sah ich ein grünweißes Neonschild mit der Aufschrift
KALIFORNISCHER BLUMENMARKT.
    Der Blumenmarkt an der Kreuzung von
Fifth und Brannan Street — nicht weit vom Justizpalast entfernt — gehört ebenso
zu San Francisco wie Cost Plus, aber er ist lange nicht so bekannt. Während der
Rest der Stadt noch schläft, treffen sich hier an fünf Tagen in der Woche
Großhändler aus dem Norden des Bundesstaates, um den örtlichen Floristen,
Einzelhändlern und Straßenverkäufern ihre Waren anzubieten. Ich war noch nie
zuvor hier gewesen — nur Leute aus dem Blumenhandel waren hier vertreten. Aber
in einer Zeitschrift hatte ich einmal einen Artikel gelesen, in dem der Markt
als »unglaublich emsiger Bienenkorb« bezeichnet wurde. Die Beschreibung hätte
nicht zutreffender sein können.
    Lastwagen parkten in zweiter und
dritter Reihe und verstopften die Straße vor mir. Vor den Hintertüren der
Stände luden Männer und Frauen Kisten, Schachteln und Steigen mit Blumen ebenso
wie Bäume und Sträucher auf Handkarren und Gabelstapler. Nur Zentimeter vor
meiner Stoßstange überquerten Leute die Straße, ohne auf das fahrende Auto zu
achten. Wilkonson vor mir hatte ähnliche Schwierigkeiten, vorwärts zu kommen:
Er umfuhr einen Lastwagen, legte eine Vollbremsung hin, um nicht mit einem mit
Schößlingen beladenen Handwagen zu kollidieren, fuhr im Schrittempo an einer
Gruppe Männer vorbei, die mitten auf der Straße Kaffee tranken. Es war ein Stau
wie vorhin im Wharf-Viertel, nur noch viel schlimmer, und ich befürchtete einen
neuerlichen Wutausbruch. Aber Wilkonson fuhr weiterhin langsam und schlängelte
sich an den Hindernissen vorbei. Ich verlor den Ranchero kurz aus den Augen,
als er auf die Brannan Street abbog, dann holte ich ihn wieder ein, als er an
einem belebten, hellerleuchteten Etablissement mit Namen ›Flower Mart
Restaurant‹ vorbeifuhr. Auf der anderen Seite der Sixth Street fand er einen
fast legalen Parkplatz. Ich entdeckte weiter unten eine Parklücke, wurde aber
von einem alten Chevy ausgebootet. Schließlich ließ ich den MG beim Ladedeck
einer Kugellagerfabrik zurück und eilte durch das Menschengewühl in Richtung
Markteingang.
    Ein Schild an der Tür besagte, daß der
Eintritt nur Personen mit Ausweis erlaubt sei. Vor mir sah ich Wilkonson; er
zeigte dem Wachmann irgendeinen Ausweis und wurde hineingewinkt. Ich schob mich
zu seinem Posten vor, wartete auf eine Lücke in der gleichmäßig
vorwärtsdrängenden Schlange und zeigte ihm meinen Ausweis. Der Wachmann war
jung, und meine Lizenz beeindruckte ihn. Mich hätte sie seinerzeit, als ich
meinen Lebensunterhalt damit verdiente, die Eingänge und Hallen von
Bürogebäuden zu kontrollieren, genauso beeindruckt. Er telefonierte kurz mit
seinem Vorgesetzten und gab mir dann den Hörer. Ich stellte mich vor und sagte,
daß ich einen ihrer Ausweisinhaber beschatte; es handele sich dabei um einen
zivilrechtlichen Fall, und für die Kunden

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