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Dieser Sonntag hat's in sich

Dieser Sonntag hat's in sich

Titel: Dieser Sonntag hat's in sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Dann ermahnte
ich mich selbst, nicht vorschnell über eine Situation zu urteilen, von der ich
nur wenig wußte. Außerdem, dachte ich etwas herzlos, ist Vicky so verrückt, daß
sie Hal sicherlich gewachsen ist.
    »Die Schlösser sind sehr gut gesichert.
Und Gerry und die Mädchen sind vielleicht gar nicht da.« Ich erzählte ihr kurz
von meiner Begegnung mit ihm und wie er davongestürmt war, ohne seine Töchter
abzuholen. »Wir rufen am besten dort an.«
    An der Wand hinter mir hing ein
Telefon. Ich stand auf und wählte die vertraute Nummer der Schlösser. Vicky
nahm ab. Sie klang zur Abwechslung einmal normal. Ich nannte meinen Namen und
fragte nach Gerry.
    »Tut mir leid«, sagte sie. »Er ist
nicht da. Er ist vor ein paar Stunden mit den Mädchen weggegangen. Er hat nicht
einmal seine Schlüssel mitgenommen. Ich nehme an, es wird später, und ich muß
aufbleiben und sie hereinlassen.«
    »Ich glaube, die Mädchen schlafen bei
Freunden von mir.«
    »Oh! Bei wem?« Komischerweise klang sie
nicht beunruhigt.
    Ich erzählte ihr von Daphne und
Charlie.
    »Ich kenne die beiden. Ich bin Kundin
in ihrer Druckerei. Ich könnte rübergehen und die Kinder abholen.«
    »Sie schlafen wahrscheinlich schon.«
    »Sie haben recht. Sie bleiben besser
da. Außerdem ist es Gerrys Sache; soll er sich doch um sie kümmern.«
    Etwas an ihrer Art zu sprechen
verursachte mir Unbehagen.
    »Wie geht es Ihnen, Vicky?«
    »Was soll die Frage?« Nun war es
deutlich hörbar: das kaum gebändigte Zittern ihrer Stimme, das dem vorausging,
was ihre Töchter »ihre Anfälle« nannten.
    »Vicky...«
    »Wo zum Teufel ist Gerry überhaupt?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Sie wissen Bescheid. Er ist nun
endlich mit diesem Miststück durchgebrannt, nicht wahr?«
    »Natürlich nicht.«
    »Eben doch. Antworten Sie mir gefälligst!«
    Ich legte auf. Wenn sie mir zugehört
hätte, hätte ich ihr geraten, ihre Therapeutin anzurufen.
    Ich warf einen Blick auf Irene. Vicky
hatte so laut geschrien, daß sie einen guten Teil hatte verstehen können. Bevor
sie etwas sagen konnte, meinte ich: »Sie brauchen sich nicht für ihren Zustand
verantwortlich zu fühlen. Sie mögen auch dazu beigetragen haben, aber das hat
sich schon lange zusammengebraut.«
    »Ich weiß.«
    Ich ging wieder zum Telefon und rief
die Polizei an. Gallagher war nicht im Dienst, aber ich teilte einem anderen
Beamten in seiner Einheit mit, daß ich ein Geständnis im Fall Goldring gehört
hatte. Der Inspektor notierte sich die Einzelheiten und sagte, daß er versuchen
werde, Gallagher zu erreichen. Ich sollte mich nicht von der Stelle rühren, bis
Gallagher sich melde.
    Dann rief ich bei Daphne und Charlie
an. Daphne meldete sich mit erschöpfter Stimme. Die Kinder waren immer noch bei
ihr und schliefen auf der Couch. Gerry hatte sich nicht gerührt. Aber sie hatte
eine Nachricht von All Souls für mich.
    Sie entfernte sich vom Telefon. Als sie
zurückkam, hörte ich sie gähnen. »Ted hat angerufen«, sagte sie. »Er wollte dir
mitteilen, daß Bob sich gemeldet hat. Um Viertel vor zwölf. Also vor einer
Stunde.«
    Ich schaute auf die Uhr. Ich war
erstaunt, wie spät es war, und fühlte mich schuldig, daß ich das Leben meiner
Freunde derartig störte.
    »Bob sagte, daß er mit dir sprechen
wolle«, fuhr Daphne fort. »Für fünfzig Dollar. Nicht zwanzig — fünfzig. Wenn
das in Ordnung geht, sollst du Red treffen — kommst du mit?«
    »Ja, schon.«
    »Dann sollst du Red um ein Uhr bei
McDonalds im Haight-Viertel treffen. Das ist in fünfzehn Minuten.«
    »Danke. Ich bin euch wirklich was
schuldig.«
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte sie
trocken. »Wir treiben die Entschädigung schon ein.«
    Ich legte auf. Irene beobachtete mich.
»Sie bringen Susan am besten in ein Hotel«, sagte ich zu ihr. »Hier sind Sie
beide nicht sicher.«
    »In Ordnung. Wollen Sie warten, bis die
Polizei zurückruft?«
    Ich dachte an Gallagher; ich hatte
keine Ahnung, wie lange es dauern würde, ihn zu erreichen. Dann dachte ich an
die Verabredung mit Red; er würde vermutlich nicht warten. »Nein, ich muß
gehen. Wenn Sie irgendwo ein Quartier gefunden haben, dann hinterlassen Sie
bitte eine Nachricht auf meinem Anrufbeantworter, damit ich Sie erreichen
kann.«
    »Warten Sie — wohin gehen Sie?«
    »Ich muß jemanden treffen.«
    Ich wußte nicht, ob ich Mac’s Steak
House — wie Hank es nannte — quer durch die Stadt rechtzeitig erreichen würde,
aber ich mußte es versuchen. Gerry hatte mir da vorher etwas

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