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Dieser Sonntag hat's in sich

Dieser Sonntag hat's in sich

Titel: Dieser Sonntag hat's in sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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standen.«
    Sie zuckte die Achseln. »Ich habe nicht
gesagt, daß Hals Ängste rational waren.«
    Ich dachte daran, wie Hal seinem Vater
von Irenes Affäre mit Frank Wilkonson erzählt hatte. Wahrscheinlich wollte er
den Verdacht in die falsche Richtung lenken.
    »Was ist mit Rudy?« fragte ich. »Hat er
gedacht, daß Susan Franks Kind war?«
    »Ja.«
    »Und Vicky?«
    »Sie auch.«
    Ich zögerte. Ich wußte immer noch
nicht, warum sie mit Hal geschlafen hatte. »Sind Sie sicher, daß Susan Hals
Tochter ist? Sie ähnelt ihm, aber Sie hatten zu dem Zeitpunkt, als sie gezeugt
wurde, ein Verhältnis mit Frank.«
    »Ich bin mir sicher. Ich war damals
nicht mehr mit Frank zusammen. Auch mit sonst niemandem. Wenige Monate, nachdem
Hal zur Ranch zurückgekehrt war, machte ich mit Frank Schluß. Hal hatte
Verdacht geschöpft, und ich wußte, daß er Harlan sofort davon erzählen würde,
sobald er die nötigen Beweise hatte. Außerdem hatte Jane gerade entbunden und
litt sehr stark unter postnatalen Depressionen; sie brauchte Frank mehr als
ich.«
    Ich hatte immer noch meine Zweifel, was
ihre Beweggründe Jane Wilkonson gegenüber betraf, aber darum ging es im Moment
nicht. »Erzählen Sie weiter.«
    »Dann wurde ich von Hal schwanger.«
    Da sie sich erneut weigerte, ihr
scheinbar inkonsequentes Verhalten zu erklären, fuhr ich sie an: »Könnten Sie
das etwas genauer erklären? Sie sagten doch, er hasse Sie. Offensichtlich
hegten Sie ihm gegenüber auch keine zärtlichen Gefühle.«
    Sie schwieg. Ihre Finger umklammerten
einander so fest, daß ihre Fingernägel weiß wurden.
    »Irene?«
    »Ja. Ich weiß nicht, wie ich es sagen
soll.«
    »Lassen Sie es einfach raus.«
    »Ja, gut.« Sie atmete tief durch. »Hal hat
mich vergewaltigt«, sagte sie.
    Sie brachte diese Worte so tonlos
hervor, daß ich im ersten Augenblick meinte, mich verhört zu haben. Dann sah
ich ihre Augen: Das Eis war geschmolzen; sie füllten sich mit Tränen.
    Ich berührte ihre Hände. Sie löste ihre
Finger und zog sie weg. Unter den Tränen sah ich Angst aufflackern.
    Sie fürchtet, daß ich ihr nicht glaube, dachte ich.
    Es ist so üblich, Vergewaltigungsopfern
zu mißtrauen; das einzige Verbrechen, bei dem das Opfer die Beweislast trägt.
Aber Irene mußte mir nichts beweisen. Wenn Frauen nicht ernsthaft psychisch
krank sind, haben sie nichts zu gewinnen, aber alles zu verlieren, wenn sie
einen Mann zu Unrecht der Vergewaltigung beschuldigen — egal, wie oft behauptet
wird, der Mann wäre hereingelegt oder herausgefordert worden. Dieses qualvolle
Eingeständnis mir gegenüber hatte Irene sicherlich größte Überwindung gekostet.
    »Erzählen Sie mir, was passiert ist.«
    Die Angst wich etwas aus ihren Augen,
und sie wischte sich die Tränen weg. Dann erzählte sie weiter, ruhig und
sachlich, als ob wir über das Wetter sprächen.
    »Wie gesagt, Hal ahnte etwas von Frank
und mir. Selbst nachdem ich mit Frank Schluß gemacht hatte, ließ er immer
wieder anzügliche Bemerkungen fallen, die sonst niemand verstand. Dann hat er
angefangen, mir aufzulauern. Wahrscheinlich dachte er, mich auf diese Weise
vertreiben zu können. Wenn ich mich wehrte, schlug er mich.«
    »Ich verstehe ja, warum Sie Ihrem Mann
nicht davon erzählen konnten, aber warum sind Sie nicht zu Frank gegangen?«
    »Frank hatte selbst Probleme. Außerdem
fürchtete ich seinen Jähzorn, daß er Hal etwas antun könnte. Ich wollte selbst
damit fertig werden.«
    »Aber das gelang Ihnen offensichtlich
nicht.«
    »Nein. Eines Abends mußte Harlan
geschäftlich nach San Francisco. Ich bat ihn, mich mitzunehmen. Aber er
weigerte sich. Ich erwog, die Ranch zu verlassen, aber ich wußte, daß es Schwierigkeiten
geben würde, wenn Harlan davon erführe — er war so eifersüchtig. Und ich wußte
nicht, wohin; ich hatte keine Freunde, die mich decken würden, denn Harlan
hatte mich gezwungen, alle Kontakte abzubrechen. Also bin ich geblieben.«
    »Und da passierte es dann.«
    »Ja. Ich kann nicht über die
Einzelheiten sprechen.«
    »Das brauchen Sie auch nicht.«
    »Glauben Sie mir, ich habe akzeptiert,
was passiert ist. Ich war lange Zeit in Therapie, nachdem ich das Frauenhaus in
Tustin verlassen hatte. Das hat mir sehr geholfen und mich in dem Entschluß
bestärkt, das Baby zu behalten. Und ich habe erkannt, daß es nicht meine Schuld
war — was Hal auch sagen mochte. Die Schuld lag in seiner perversen und
gewalttätigen Natur.«
    »Ich habe gehört, wie er heute abend zu
Ihnen sagte, daß alles

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