"Dieser Weg wird kein leichter sein,,,": Mein Leben und ich (German Edition)
Afrikanisches zu essen. Das hat meine Freunde offensichtlich beeindruckt. Dass sich mein Tagesablauf zu Hause auch nicht änderte, selbst als ich Profi war, erstaunte aber viele. Doch für mich stand außer Frage, mich irgendwie rauszuziehen. Dazu muss man wissen, dass meine Eltern sich irgendwann entschieden hatten, einen kleinen Laden, einen typischen Afrika-Shop, wo man Lebensmittel, Cremes und Haarprodukte kaufen konnte, in Hannover aufzumachen. Auch Stoffe und Textilien waren im Sortiment, da nähen neben handeln, das heißt Dinge besorgen und verkaufen, schon von jeher das Hobby meiner Mutter war. Das Ganze war ein ziemlich riskanter Schritt in die Selbstständigkeit, vor allem für eine afrikanische Familie. Aber mein Vater hat diesen Traum meiner Mutter unterstützt. Anfangs arbeitete er noch parallel im Reifenwerk Continental, später aber stand auch er mit im Laden, der zugleich auch eine große Herausforderung für mich bedeutete. In Form von mehr Arbeit im Haushalt.
Auch wenn ich anfangs stolz auf meine Eltern und ihren Schritt zur Selbstverwirklichung war, für mich als Fußballer bedeutete das Stress pur. Denn mein Vater erwartete selbstverständlich von mir, dem Ältesten, dass ich mithalf und mich um alles Mögliche kümmerte. So glich mein Tagesablauf einem Kabinett des Grauens für einen Fußballprofi: vier Uhr aufstehen, mit dem Vater zum Großmarkt fahren, die Ware einräumen, dann nach Hause, aufräumen, Hausarbeit, danach zur Schule, von der Schule in den Laden, dann zum Training, nach dem Training wieder in den Laden, um aufzuräumen, und schließlich Hausaufgaben. Das war für lange Zeit meine Routine, der Fußball kam darin fast schon einer Freizeitveranstaltung gleich. Denn das tägliche Training war die einzige Zeit des Tages, in der ich an mich denken konnte – und das habe ich genossen. Meine Mannschaftskollegen schüttelten oft den Kopf über das, was ich so nebenbei alles trieb. Aber ein bisschen Respekt habe ich mir damit auch verdient und nebenbei eine Hartnäckigkeit entwickelt, die ich später auf dem Platz noch gut brauchen konnte.
Als ich später auf Schalke spielte, gaben meine Eltern den Laden auf. Sie brauchten ihn nicht mehr unbedingt für ihren Lebensunterhalt. Außerdem wollten sie wieder öfter in Ghana sein. Ich war ganz froh darüber. Noch heute wache ich manchmal schweißgebadet auf, wenn im Traum um vier Uhr früh der Wecker klingelt. Aufstehen um diese Zeit, das ist nichts mehr für mich!
Unfassbar – »Du bist nicht Deutschland«
Schule ohne Rassismus
Im Sommer 2011 war ich zu Besuch in einer Schule. Sie wurde ausgezeichnet als Schule ohne Rassismus und hatte mich eingeladen, als Talk-Gast zum Thema Fremdenfeindlichkeit zu sprechen. Natürlich ist mir dieses Thema ein großes Anliegen, aber an diesem Morgen war mir ein bisschen mulmig, dorthin zu fahren. Denn diese Schule, das Heinrich-Heine-Gymnasium, befindet sich in Dortmund. Das hieß im Klartext: Ich als Schalker Spieler ging in eine Schule, an der es bestimmt ein paar blau-weiße Fans gab, die überwiegende Zahl aber der Borussia die Daumen drückte. Wie würden die Schüler reagieren in einer vollbesetzten Aula?
Schließlich bin ich der Schalker mit den meisten Revierderbys, 17 an der Zahl, und gerade gegen den BVB habe ich mich immer besonders reingehauen. Besonders der 18. August 2007 wird vielen Schülern noch in Erinnerung sein, als ich im 130. Revierderby mit dem Dortmunder Keeper Roman Weidenfeller in der 50. Minute zusammenprallte.
Ich lief mit dem Ball von links in den Strafraum und alleine auf Roman zu, legte mir den Ball aber einen Tick zu weit vor, sodass im letzten Moment ein Dortmunder Abwehrspieler mir ihn noch vom Fuß spitzelte, bevor ich schießen konnte. Ich aber war im vollen Lauf und konnte nicht mehr stoppen. Die Folge: Weidenfeller, der mir schon entgegenkam, und meine Wenigkeit rauschten mächtig zusammen. Ich muss dazu sagen, es war generell ein hitziges Spiel, auch weil der BVB uns in der Saison zuvor beim Heimspiel in Dortmund 2:0 besiegt und damit unsere Meisterschaftsträume hatte platzen lassen. Diesmal gewannen wir 4:1, der höchste Heimsieg gegen den BVB seit 16 Jahren. Ich machte auch das Tor zum 3:1 in der 59. Minute. Zlatan Bajramovic flankte von halbrechts und ich stand völlig frei und konnte mit dem Kopf den Torwart der Dortmunder überwinden. Aber das war doch eher eine Nebensache.
Roman Weidenfeller und ich sind sicher beide keine Chorknaben, aber dass mich Roman
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