Dieser Weg wird kein leichter sein
wollte ich mir die Freude auf die WM nicht nehmen lassen, die Nazis sollten sie nicht kaputt machen. Aber als auch Horst Köhler, der damalige Bundespräsident, mit dem gleichen Slogan und einem Bild, das ihn bei einem Besuch in einer Synagoge zeigte, diffamiert wurde, entschloss ich mich zu reagieren. Ich drohte juristische Schritte an, woraufhin die Organisation mein Foto gegen eine Zeichnung von mir austauschte. Das allerdings war mir nicht genug. Ich wollte für die Unterlassung der Verbreitung sorgen. Das Landgericht Berlin gab mir recht und sprach bei Zuwiderhandlung die Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 250 000 Euro oder Haft bis zu sechs Monaten aus. Das war ein kleiner, aber nur juristischer Sieg.
Vielmehr hoffte ich, die WM würde die Skeptiker einer MultiÂkulti-Gesellschaft schon überzeugen, trat das Nationalteam doch mit einer echten Multikulti-Truppe an, um für Furore zu sorgen. Leider musste ich in Rostock nach der WM dann Âerfahren, dass die Botschaft nicht jeder verstanden hatte. Vielleicht aber hatte mein Kampf gegen eine rechte Organisation im Osten auch die Reaktion von Rostocker Rechten nach der WM herausgefordert. Dennoch: Immer wieder taucht das Phänomen Rassismus in den Stadien auf. 2009 beispielsweise waren in Jena Affenlaute im Stadion und auf dem Weg meines Teams zum Bus zu hören â ich hatte beim 4:1-Pokalerfolg mit Schalke eine rote Karte kassiert und wurde so zur Zielscheibe der sogenannten »Fans«.
Man muss etwas tun
Noch Mitte 2000 kam es vor, dass ich mit meinem Bruder aus einer Billardkneipe verwiesen wurde, weil dort angeblich nur Stammgäste reinkämen. Oder ein Schiedsrichter sagte mir: »Du nicht machen Schwalbe, du sonst fliegen vom Platz.« Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man fast schmunzeln.
Enttäuschung und Frust, das sind meine Reaktionen auf solche und ähnliche Vorkommnisse. Aber ich weiÃ, dass man auch etwas tun kann und muss. Dazu gehört, dass man die Dinge beim Namen nennt, wobei man gleichzeitig aufpassen muss, den rechten Gedanken keine Bühne und Ãffentlichkeit zu geben. Das ist nicht immer einfach. Es gibt Farbige, die mich auf der StraÃe ansprechen und sagen, ihnen werde mehr Anerkennung und Respekt entgegengebracht, seit ich für Deutschland gespielt habe. Das ist ein Zeichen, das mich freut. Und dennoch bin ich nicht der Retter der Schwarzen in Deutschland. Dafür ist noch viel mehr nötig, zum Beispiel Aufmerksamkeit im Alltag und natürlich eine intensive Beschäftigung mit dem Thema in Schulen und auch in Familien. Denn Rassismus fängt im Kopf an.
Ich bin der Meinung, dass gerade die Unterschiede das Leben ausmachen, und nur wer die Barrieren überwindet, wird merken, wie bunt und vielfältig unsere Welt ist und dass AndersÂartigkeit eine Chance ist und keine Angst machen darf. FuÃball ist ein Teil des gesellschaftlichen Lebens. Er hat in Deutschland und Europa einen hohen Stellenwert und den müssen wir FuÃballer auch nutzen, indem wir uns klar positionieren. Wir müssen ein klares Vorbild geben mit unserer Einstellung. Und nicht nur reagieren, wenn irgendwo wieder irgendetwas passiert. Da ist Kontinuität gefragt â und die versuche ich zu leben, indem ich für den DFB mehrere Aktionen unterstütze. Diese beschäftigen sich auch mit dem AmateurfuÃball, wo die Probleme immer häufiger auftauchen. Rassismus und Diskriminierung gehören nicht zu meinem Bild einer modernen Gesellschaft. Deshalb habe ich mich nach den Vorfällen in Rostock auch dagegen entschlossen, aus der Nationalmannschaft zurückzutreten. Es wäre nur ein Erfolg für eine Minderheit gewesen, die sich rassistisch äuÃert. Ich bin froh, dass ich mich entschieden habe weiterzumachen.
Man spricht kein Deutsch
Integration ist das Ziel, um verschiedene Nationalitäten näher zusammenzuführen. Im FuÃball ist das manchmal schwierig. Das musste ich öfter erleben und hat mich dann immer geärgert. Meist ging es um die Kommunikation.
Ich selbst finde es komisch, wenn man in ein Land kommt, dort Geld verdient, sich in einer Gemeinschaft bewegt und trotzdem die Sprache nicht spricht. Dabei ist es doch ein Zeichen von Respekt dem jeweiligen Land gegenüber, die dortige Sprache zu lernen, allein, um sich mit den Menschen unterhalten zu können. Ich will doch wissen, was im Bus oder in der Kabine gesprochen wird. Kurz und gut, für
Weitere Kostenlose Bücher