Dieser Weg wird kein leichter sein
beninische FuÃballspieler Moudachirou Amadou verlieà Cottbus nach nur zwei Jahren, weil er mehrfach wegen seiner Hautfarbe angepöbelt und seine Frau auf offener StraÃe beschimpft wurde. Dass ausgerechnet Energie Cottbus in der Bundesligasaison 2000/01 der erste deutsche Verein war, der komplett ohne deutsche Spieler auflief, ist eine Pointe, die damals noch nicht vorherzusehen war. Das aber war kein Zugeständnis an die weite FuÃballwelt, sondern eher der wirtschaftlichen Situation eines Vereins geschuldet, der nicht so viel Geld zur Verfügung hatte. Die meisten Spieler kamen aus Osteuropa, nur einer war schwarz und stammte aus Benin.
Immer wenn ich später nach Cottbus zurückkehrte, mit Schalke und auch als Nationalspieler, hatte ich ein mulmiges Gefühl. Zwar habe ich dort Ãhnliches niemals mehr erlebt, was mich aber nicht davor schützte, woanders wegen meiner Hautfarbe beschimpft zu werden.
Kurz nachdem wir mit der deutschen FuÃballnationalmannschaft 2002 Vizeweltmeister geworden waren, gab es im August in Sofia ein Länderspiel gegen Bulgarien. Dort spielten wir 2:2, aber die bulgarischen Fans hatten mich als eine Art Objekt der anderen Begierde auserkoren. Nach meiner Einwechslung zur Halbzeit gab es von erstaunlich vielen der 10 000 Zuschauer Affengeräusche bei jedem Ballkontakt. Das war ziemlich krass und ich fühlte mich zurückversetzt in das Spiel in Cottbus. Alle, inklusive Rudi Völler als Teamchef, waren geschockt und ich tröstete mich damit, dass dies ein bulgarisches Problem sein musste und nichts mit Deutschland zu tun hatte.
Doch leider musste ich meine Meinung in dieser Beziehung noch mehrmals revidieren. Denn beim Länderspiel gegen die Slowakei konnte auch der Fernsehzuschauer genau hören, was deutsche vermeintliche »FuÃballfans« zu skandieren in der Lage waren. Das waren Affengeräusche, die uns dunkelhäutigen Spielern galten, und Sprechchöre, die sich auch gegen die slowaÂkischen Zuschauer richteten wie »Zickzack Zigeunerpack« oder »SS SA Germania« und natürlich »Deutschland den Deutschen â Ausländer raus!«. Widerlich und schlimm. Das gab ein Jahr vor der WM im eigenen Land kein gutes Bild für Deutschland im Ausland ab.
Als Sommerheld in Rostock
Die WM 2006 sollte für alle ein groÃes Erlebnis werden. Für uns FuÃballer, weil wir vor unseren eigenen Fans über uns hinauswachsen wollten, und natürlich auch für das Publikum, das teilhaben konnte an einem Märchen in Schwarz-Rot-Gold. Gerade das Ausland sollte sehen, dass Deutschland sich verändert hatte, viel lockerer und vor allem offen für Fans aus aller Welt geworden war. Und das war es dann auch: ein groÃes Fest für alle.
Wie schnell die gute Laune aber wieder verfliegen konnte, habe ich kurz darauf bei einem Pokalspiel erfahren. Wir waren in der ersten Runde des Wettbewerbs mit meinem Verein, dem FC Schalke 04, gegen die Amateure von Hansa Rostock gelost worden. Keine schwere Aufgabe, obwohl wir in Rostock antreten mussten. 10 000 Zuschauer waren in das Stadion gekommen und schnell hatte ich das Gefühl, nur wegen mir. Denn schon beim Warmmachen spürte ich den Hass, der mir von den Rängen entgegenschlug. Er kam aus heiterem Himmel und setzte sich während des Spiels fort. Die Zuschauer schienen sich abgesprochen zu haben, sie agierten, als wollten sie ein Zeichen setzen nicht gegen, sondern für Rassismus. Bei jedem meiner Ballkontakte waren Affengeräusche, Sprechchöre, Beleidigungen zu hören.
In meinem Kopf rumorte es. »Hallo, liebe Rostocker, ich habe für Deutschland gespielt, bin Dritter der WM. Wir haben doch zusammen gefeiert, ich bin Deutscher, ist das denn alles schon vergessen?« Tatsächlich ja. Der Schiedsrichter wollte das Spiel in der Halbzeit schon abbrechen, mein eigener Trainer Mirko Slomka fragte mich, ob ich überhaupt weiterspielen wolle. Sie hatten natürlich alles mitbekommen. »Das sei beschämend und abstoÃend, ich hätte nicht gedacht, dass es so was noch gibt«, sollte mein Trainer nach dem Spiel den Journalisten in den Notizblock diktieren. Und auch der Schiedsrichter machte seine Eintragungen in den Spielbericht. Aber ich wollte den Leuten den Triumph nicht gönnen, dass sie einen schwarzen Spieler dazu bringen, sich auswechseln zu lassen und zu kapitulieren. Ich wollte meine Antwort auf dem Platz geben, so wie es schon in der
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