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DIESES MAL IST ALLES ANDERS

DIESES MAL IST ALLES ANDERS

Titel: DIESES MAL IST ALLES ANDERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CARMEN M. REINHART , KENNETH S. ROGOFF
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Versionen der Definition illegitimer Schulden eine gewisse Relevanz. Die Umstände, unter denen eine Schuldenlast angehäuft wurde, kann Einfluss auf die Sicht des Schuldners über die »Fairness« und damit seine Bereitschaft zur Rückzahlung haben. Gelegentlich kann die internationale Gemeinschaft auch bereit sein, Schuldnern unter solchen Umständen mehr Entgegenkommen zu zeigen (zumindest indem sie ihnen den Zugang zu subventionierten Überbrückungskrediten erleichtert).
    Inlandsstaatsschulden
    Wenn die Theorie über die Auslandsschulden souveräner Staaten komplex ist, dann gilt das für die Theorie über Inlandsstaatsschulden umso mehr. Für die Diskussion in diesem Buch gehen wir davon aus, dass Inlandsschulden in inländischer Währung emittiert werden, der Gerichtsbarkeit des emittierenden Landes unterliegen und die Schuldtitel von Inländern gehalten werden. Von diesen drei Voraussetzungen entspricht eine einzige unserer Definition in Kapitel 1, nämlich dass die Schuldtitel der Gerichtsbarkeit der inländischen Autoritäten unterliegen. Beginnend vielleicht mit Argentiniens auf britische Pfund ausgestellten »inländischen« Anleihen Ende des 19. Jahrhunderts, hat es eine Reihe von historischen Beispielen gegeben, bei denen Inlandsschulden an eine Fremdwährung gebunden waren (von denen die von der mexikanischen Regierung Anfang der 1990er-Jahre emittierten Tesobonos und ihre in Infobox 7.1 in Kapitel 7 aufgeführten Vorgänger die berühmtesten sind), wobei sich dieses Phänomen in der jüngeren Vergangenheit gehäuft hat. Mit der zunehmenden Liberalisierung der Kapitalmärkte der Schwellen- und Transformationsländer ist es auch üblicher geworden, dass Ausländer inländische Schuldtitel halten. Die Nuance, dass sowohl Aus- als auch Inländer einen bestimmten Typus an Schuldtiteln besitzen, kann relevant sein, doch zur Vereinfachung der Diskussion werden wir diese Nuance hier außer Acht lassen. 18
    Inlandsschulden sind Gelder, die das Land sich selber schuldet. In Robert Barros berühmtem ricardianischen Äquivalenztheorem spielen Inlandsstaatsschulden überhaupt keine Rolle, weil die Bürger einfach mehr sparen, wenn die Verschuldung steigt, weil sie für die Zukunft mit höheren Steuern rechnen. 19 Barros Analyse geht jedoch davon aus, dass die Schulden stets zurückgezahlt werden, selbst wenn die Sparmuster nicht homogen sind und die Schuldenrückzahlung (im Gegensatz zu einer Weigerung, die Schulden zurückzuzahlen) einige Gruppen zulasten anderer begünstigt. Diese Annahme wirft die Frage auf, warum politische Ergebnisse Länder nicht regelmäßig in den Zahlungsausfall bei ihren Inlandsschulden führen, und verwirft die Frage, warum überhaupt irgendjemand einer Regierung Geld leiht. Wenn zum Beispiel alte Menschen den größten Teil der Schulden halten, warum stehen dann junge Wähler nicht regelmäßig auf und votieren für eine Verweigerung der Rückzahlung, um der jungen Generation einen Neubeginn mit niedrigeren Steuern zulasten eines geringeren Wohlstands für die ältere Bevölkerung zu ermöglichen?
    Eine der auffälligsten Erkenntnisse über Inlandsstaatsschulden in Teil III des Buches lautet, dass echte Zahlungsausfälle weitaus öfter auftreten, als man annehmen würde, wenngleich nicht ganz so oft wie Zahlungsausfälle bei Auslandsschulden. Regierungen können auch aufgrund einer unvorhergesehenen hohen Inflation zahlungsunfähig in Bezug auf ihre Inlandsschulden werden, wie in den 1970er-Jahren bekanntermaßen in den USA und zahlreichen europäischen Ländern geschehen.
    Wozu Inlandsstaatschulden? Warum erhalten inländische Anleiheinhaber überhaupt irgendeine Zahlung? North und Weingast argumentieren, die Fähigkeit einer Regierung, politische Institutionen zu etablieren, die dauerhaft hohe Schuldenrückzahlungen leisten können, stelle einen enormen strategischen Vorteil dar, da diese einem Land ermöglichten, sich umfangreiche Ressourcen zu beschaffen, insbesondere zu Kriegszeiten. 20 North und Weingast zufolge ist eines der wichtigsten Ergebnisse von Englands »Glorious Revolution« Ende der 1680er-Jahre die Förderung der Bedienung von Schuldkontrakten gewesen, was England einen entscheidenden Vorteil gegenüber seinem Rivalen Frankreich verlieh. Wie wir sehen werden, befand sich Frankreich zu jener Zeit auf dem Höhepunkt seiner Ära der gehäuften Zahlungsausfälle. Die Fähigkeit der englischen Krone, Schuldtitel zu emittieren, verlieh dem Land den gewaltigen Vorteil, die

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