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DIESES MAL IST ALLES ANDERS

DIESES MAL IST ALLES ANDERS

Titel: DIESES MAL IST ALLES ANDERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CARMEN M. REINHART , KENNETH S. ROGOFF
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definiert (wenn auch auf vereinfachte, willkürliche Weise): Für den Zeitraum von 1818 bis 1913 erhält Großbritannien eine Gewichtung von 1 (USA, 0); für die Zeit von 1914 bis 1939 sind die Leistungsbilanzen beider Länder gleich gewichtet. Für die Zeit nach 1940 erhalten die USA eine Gewichtung von 1.
    Wie zuvor angemerkt, sind Auslandsschuldenkrisen zudem ziemlich sensibel für den globalen Kapitalflusszyklus. Wenn die Kapitalströme plötzlich abreißen, geraten mehr Länder in Zahlungsverzug. Abbildung 5.6 dokumentiert diese Verknüpfung, indem sie die Leistungsbilanz der Weltfinanzzentren (Großbritannien und USA) der Zahl neuer Zahlungsausfälle vor der Abschaffung des Bretton-Woods- Abkommens gegenüberstellt. Dabei lässt sich eine markante visuelle Korrelation zwischen den Spitzen des Kapitalstromzyklusses und neuen Zahlungsausfällen feststellen. Die Leistungsbilanzen der Finanzzentren spiegeln den Druck der globalen »Sparwut« (»Saving Glut«) wider, da sie einen besseren Nettomaßstab für Ersparnisüberhänge bieten als der Bruttomaßstab, den die Kapitalstromreihen in unserem Datensatz liefern.
    Eine noch striktere Faustregel, die sich in der Literatur über moderne Finanzkrisen finden lässt, lautet, dass Länder, die plötzliche umfangreiche Kapitalzuflüsse erfahren, einem höheren Risiko ausgesetzt sind, in eine Schuldenkrise zu geraten. 15 Die vorläufigen Erkenntnisse legen nahe, dass dies auch für wesentlich längere historische Zeiträume gilt, nämlich dass seit 1800 – wenn nicht schon früher – Auslandsschuldenkrisen auf Länder-, Regions- oder globaler Ebene oft ein plötzlicher Anstieg der Kapitalzuflüsse vorausging.
    Uns ist bewusst, dass die Korrelationen, die diese Zahlen wiedergeben, rein illustrativen Charakter haben und unterschiedliche Episoden der Zahlungsausfälle viele unterschiedliche Faktoren enthalten. Doch abgesehen von den Erkenntnissen, die sich aus einem derart umfassenden Datensatz ziehen lassen, heben die Abbildungen deutlich die Anfälligkeiten der Länder für globale Konjunkturzyklen hervor. Das Problem besteht darin, dass die krisenanfälligen Länder, vor allem solche, die immer wieder in Zahlungsschwierigkeiten geraten, dazu neigen, sich in guten Zeiten zu hoch zu verschulden, was ihre Krisenanfälligkeit während des unvermeidlichen Abschwungs verstärkt. Die sich hartnäckig haltende Auffassung, dass »dieses Mal alles anders ist«, ist genau der Grund, warum dieses Mal üblicherweise nichts anders ist und sich schließlich erneut eine Katastrophe ereignet.
    Der in Abbildung 5.6 dargestellte Kapitalflusszyklus lässt sich noch deutlicher in Fallstudien über individuelle Länder erkennen, allerdings würden solche Studien den Rahmen dieses Buches sprengen.

    Abbildung 5.7 Dauer der Auslandsschuldenkrisen, 1800–2008.
    Quellen: Lindert und Morton (1989); Suter (1992); Purcell und Kaufman (1993); Reinhart, Rogoff und Savastano (2003a); MacDonald (2006); Standard und Poor’s sowie Berechnungen der Autoren.
    Anmerkungen: Die Dauer einer Auslandsschuldenkrise ist die Anzahl der Jahre ab dem Jahr gerechnet, in dem sich der Zahlungsausfall ereignete, bis zum Jahr der Lösung der Krise, sei es durch eine Restrukturierung, Rückzahlung oder einen Schuldenerlass. Der Kolmogorov-Smirnov-Test in Bezug auf die Gleichheit zweier Verteilungen verwirft die Null-Hypothese der gleichen Verteilung mit einem Signifikanzniveau von 1 Prozent.
    Dauer der Auslandsschuldenkrisen
    Eine weitere beachtenswerte Erkenntnis aus der »Panoramaperspektive«: Die mittlere Dauer der Zahlungsausfälle in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war halb so lang wie in der Zeit von 1800 bis 1945 (drei Jahre versus sechs Jahre, wie in Abbildung 5.7 dargestellt).
    Eine wohlwollende Interpretation dieses Umstands lautet, dass sich die Krisenlösungsmechanismen seit den Tagen der Kanonenboot-Diplomatie verbessert haben. Schließlich büßte Neufundland nicht weniger als seine Souveränität ein, als es im Jahr 1936 seine Auslandsschulden nicht bediente, und wurde zu einer kanadischen Provinz (siehe Infobox 5.2). Ägypten wurde neben anderen Ländern zu einem britischen Protektorat, nachdem es in einen Zahlungsverzug geriet.
 
    Infobox 5.2 Die Strafe für einen Zahlungsausfall auf Auslandsschulden: der außergewöhnliche Fall Neufundland, 1928 –1933
    So wie Regierungen gelegentlich Druck ausüben, damit eine gesunde Bank eine bankrotte Bank übernimmt, drängte England das souveräne, aber

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