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DIESES MAL IST ALLES ANDERS

DIESES MAL IST ALLES ANDERS

Titel: DIESES MAL IST ALLES ANDERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CARMEN M. REINHART , KENNETH S. ROGOFF
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Kaminsky und Reinhart Belege dafür, dass die Wahrscheinlichkeit einer Bankenkrise abhängig von einer zuvor erfolgten Finanzliberalisierung größer ist als die Wahrscheinlichkeit einer Bankenkrise ohne erkennbaren Grund. Demirgüç-Kunt und Detragiache zeigen in ihrer 53 Länder umfassenden Stichprobe für den Zeitraum von 1980 bis 1995 im Kontext eines multivariaten Logit-Modells zudem, dass eine Finanzliberalisierung einen unabhängigen negativen Effekt auf die Stabilität des Bankensektor hat und dass dieses Ergebnis über zahlreiche Spezifikationen robust ist. 16
    Die grundsätzlichen Erkenntnisse, die Caprio und Klingebiel präsentiert haben, legen nahe, dass eine ungenügende Regulierung und eine mangelnde Finanzaufsicht zur Zeit der Liberalisierung möglicherweise eine Schlüsselrolle bei der Erklärung gespielt haben, warum Deregulierung und Bankenkrisen so eng miteinander verflochten sind. 17 Auch das ist ein Thema, das auf entwickelte und aufstrebende Ökonomien gleichermaßen zutrifft. In den 2000er-Jahren zeigte sich, dass die USA, bei all ihrer Selbstüberschätzung, die auf dem »Dieses Mal ist alles anders«-Syndrom basierte, keine Ausnahme bildeten, da Finanzinnovation eine Variante des Liberalisierungsprozesses ist.
    Kapitalstrombonanzas, Kreditzyklen und Assetpreise
    In diesem Abschnitt untersuchen wir gemeinsame Merkmale von Bankenkrisen über alle Länder, Regionen und Epochen. Der Fokus liegt auf den Regelmäßigkeiten in den internationalen Kapitalstrom-, Kredit- und Assetpreiszyklen (insbesondere der Immobilien- und Aktienpreise).
    Kapitalstrombonanzas und Bankenkrisen
    Ein gemeinsames Merkmal im Vorfeld von Bankenkrisen ist ein anhaltender Anstieg der Kapitalzuflüsse, die Reinhart und Reinhart als »Kapitalstrombonanza« bezeichnet haben. Sie definieren den Begriff »Kapitalstrombonanza« (grob gesagt, eine Zunahme der Kapitalzuflüsse über mehrere Jahre, und zwar um mehrere Prozent gemessen am BIP), katalogisieren (Land-für-Land) »Bonanzas« im Zeitraum von 1960 bis 2006 und untersuchen den Zusammenhang zwischen der Dauer von Bonanzas und Bankenkrisen. 18 Sie verwenden die Krisen wie in Anhang A.3 definiert und datiert. 19
    Aus den Daten der Bankenkrisen und Kapitalstrombonanzas lassen sich zwei länderspezifische Wahrscheinlichkeiten berechnen: die Wahrscheinlichkeit einer Bankenkrise ohne erkennbaren Grund und die Wahrscheinlichkeit einer Bankenkrise drei Jahre vor bis drei Jahre nach einem Bonanza-Jahr – das heißt die durch eine Ursache bedingte Wahrscheinlichkeit einer Krise. Wenn Kapitalstrombonanzas die Krisenanfälligkeit eines Landes erhöhen, sollte die begründete Krisenwahrscheinlichkeit – W (Krise Bonanza) – größer sein als die unbegründete Wahrscheinlichkeit – W (Krise).
    Tabelle 10.7 zeigt einen Teilausschnitt der von Reinhart und Reinhart präsentierten Ergebnisse, die für Bankenkrisen relevant sind. 20 Diese Tabelle bildet die aggregierten Werte der länderspezifischen konditionalen und unkonditionalen Wahrscheinlichkeiten für alle drei Gruppen ab (alle Länder, Länder mit hohem Einkommen sowie Länder mit mittlerem und niedrigem Einkommen). Die Wahrscheinlichkeit einer begründeten Bankenkrise – das heißt einer durch eine Kapitalstrombonanza bedingten Bankenkrise – ist größer als die Wahrscheinlichkeit ohne ersichtlichen Grund. Die unterste Zeile der Tabelle 10.7 zeigt den Anteil an Ländern, für die gilt W (Krise Bonanza) = W (Krise) als weiterer Hinweis darauf, wie weit verbreitet das Phänomen von Bonanzas in Verbindung mit einem stark krisenanfälligen Umfeld ist. Die Mehrheit der Länder (61 Prozent) zeigt eine größere Tendenz zu Bankenkrisen im Zusammenhang mit Kapitalstrombonanzas. Bei einer Berücksichtigung der Daten aus der Zeit nach 2007 würde dieser Prozentsatz noch höher ausfallen. (Zahlreiche Länder, die Ende der 2000er-Jahre am schwersten von Bankenkrisen betroffen waren, hatten im Vorfeld der Krise zudem hohe Leistungsbilanzdefizite. Dazu gehören auch viele entwickelte Länder, wie zum Beispiel Großbritannien, Irland, Island, Spanien und die USA.)
TABELLE 10.7
Der Effekt einer Kapitalstrombonanza auf die Wahrscheinlichkeit einer Bankenkrise in einer Auswahl von 66 Ländern, 1960–2007
Indikator
Prozentsatz an Ländern
Wahrscheinlichkeit einer Kapitalstrombonanza-bedingten Bankenkrise (Dreijahresfenster)
18,4
Unbegründete Wahrscheinlichkeit
13,2
Unterschied
5,2*
Prozentsatz der Länder, in denen die begründete

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