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DIESES MAL IST ALLES ANDERS

DIESES MAL IST ALLES ANDERS

Titel: DIESES MAL IST ALLES ANDERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CARMEN M. REINHART , KENNETH S. ROGOFF
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Rückgang der Staatseinnahmen die Staatsverschuldung ansteigen lässt. Die Staatseinnahmen werden mit den Verbraucherpreisen deflationiert. Das Krisenjahr ist mit t bezeichnet.
    Der Anstieg der Staatsschulden im Anschluss an Bankenkrisen
    Für eine grobe Annäherung an die Auswirkungen einer Krise auf die Staatsfinanzen verwenden wir die in Anhang 2 zusammengestellten Daten über Staatsschulden – wie zuvor diskutiert. Hier ist der Hinweis wichtig, dass diese Daten nur einen Teil des Bildes wiedergeben, weil das gesamte Land, einschließlich Bundesstaaten (beziehungsweise Bundesländer oder Provinzen) und Kommunen, und nicht nur die Zentral- beziehungsweise Bundesregierung von der Krise betroffen ist. Typischerweise steigt die Staatsverschuldung während solcher Krisen beträchtlich. Diese Tendenz wird aus den Zahlen zur Verschuldung der Zentralregierung allerdings nicht ersichtlich.
    Mit diesem Vorbehalt im Hinterkopf bietet Abbildung 10.10 einen Überblick über die Entwicklung der Staatsverschuldung im Anschluss an einige der großen Krisen seit dem Zweiten Weltkrieg sowohl in entwickelten als auch in aufstrebenden Ökonomien.

    Abbildung 10.10 Die Entwicklung der realen öffentlichen Verschuldung nach den großen Krisen seit dem Zweiten Weltkrieg: entwickelte und aufstrebende Ökonomien
    Quelle: Reinhart und Rogoff (2008c).
    Anmerkung: Die bestehenden Staatsschulden sind indexiert und entsprechen im Krisenjahr 100 (nur Schulden der Zentral- beziehungsweise Bundesregierung).
    Es ist keine Überraschung, dass die Maßnahmen zur Bankenrettung, der Rückgang der Staatseinnahmen und die Steueranreize, die mit einigen dieser Krisen einhergingen, insgesamt implizieren, dass die Steuerdefizite steigen und somit zum Anstieg der bereits bestehenden Staatsschulden führen. Was dabei allerdings vielleicht überrascht, ist das dramatische Ausmaß dieses Anstiegs. Wenn man die bestehenden Staatsschulden indexiert, sodass sie zum Zeitpunkt der Krise (t) 100 entsprechen, steigt die Staatsverschuldung drei Jahre nach der Krise auf 186 – das ist beinahe eine Verdoppelung. 35 Ein derartiger Anstieg der Staatsverschuldung lässt sich in entwickelten und aufstrebenden Ökonomien gleichermaßen feststellen. Das wahre Vermächtnis von Bankenkrisen besteht somit wohl in einer höheren öffentlichen Verschuldung – und zwar weit jenseits der unmittelbaren Kernkosten umfangreicher Rettungspakete. 36 (Wie zuvor erwähnt, hängt der Anstieg der öffentlichen Schulden von einer ganzen Reihe politischer und wirtschaftlicher Faktoren ab, einschließlich der Effektivität der politischen Antworten und der Schwere des ursprünglichen realen ökonomischen Schocks, der die Krise ins Rollen brachte. Nichtsdestotrotz ist das weltweite Phänomen des gewaltigen Schuldenanstiegs verblüffend.)

Leben mit dem Trümmerhaufen: einige Beobachtungen
    Länder mögen vielleicht aus gehäuften Zahlungsausfällen in Bezug auf ihre Verbindlichkeiten und wiederkehrenden Hochinflationsphasen »herauswachsen« (oder zumindest in der Lage sein, Schuldenkrisen über sehr lange Zeiträume zu vermeiden), wie Frankreich, Österreich und Spanien und andere Länder demonstriert zu haben scheinen. Die Geschichte sagt uns jedoch, dass die Befreiung von wiederkehrenden Banken- und Finanzkrisen wesentlich schwieriger ist. Und daran sollte uns nicht erst die Krise von 2007 erinnern. Von den 66 Ländern unserer Stichprobe ist es nur Belgien, Österreich, Portugal und den Niederlanden gelungen, zwischen 1945 und 2007 Bankenkrisen zu vermeiden. Im Jahr 2008 gehörten selbst drei dieser vier Länder zu denen, die massive Rettungspakete schnüren mussten.
    In der Tat hat die Welle an Finanzkrisen, die 2007 mit der US-Subprime-Krise begann, der unter Wissenschaftlern, Marktteilnehmern oder politischen Entscheidungsträgern verbreiteten Vorstellung ein Ende gesetzt, dass akute Finanzkrisen entweder der Vergangenheit angehören oder nur »volatile « Schwellen- und Transformationsländer betreffen. Das »Dieses Mal ist alles anders«-Syndrom ist in den USA quicklebendig gewesen, wo es sich in Form der weitverbreiteten Überzeugung manifestierte, dass die steilen IT-bedingten Produktivitätsanstiege Kurs-Gewinn-Verhältnisse auf dem Aktienmarkt rechtfertigten, die jede historische Norm überstiegen. 37 Diese Täuschung endete mit dem Platzen der IT-Blase im Jahr 2001. Bald darauf kam es aber schon wieder zu neuen Exzessen in anderer Form und in anderen Märkten. Die Verbriefung von

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