DIESES MAL IST ALLES ANDERS
Inlands- und Auslandsschuldenkrisen – oftmals gleichzeitig mit Bankenkrisen auf, vor allem, wenn es sich um schwere Bankenkrisen handelt. Wir betonen noch einmal, dass schwere Bankenkrisen mit tiefen und lang anhaltenden Rezessionen einhergehen und dass weitere Forschungsarbeit nötig ist, um die Kausalität festzustellen und – noch wichtiger – die Priorisierung der politischen Antworten zu unterstützen. Nichtsdestotrotz sollte die Tatsache, dass Rezessionen, die in Verbindung mit schweren Bankenkrisen entstehen, so konsistent gravierend sind und so viele gemeinsame Eigenschaften aufweisen, zukünftigen Forschern bei ihren Untersuchungen dieser schwierigen Episoden als zentraler Ausgangspunkt dienen.
Zahlungsausfall durch Währungsabwertung : ein Favorit der »Alten Welt«
Zwar wurde die Inflation erst mit der Verbreitung des Papiergeldes am Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem weitverbreiteten und chronischen Problem, doch diejenigen, die sich mit der Geschichte des Metallgeldes beschäftigt haben, wissen, dass Regierungen bereits lange vor dieser Zeit Wege fanden, » Seigniorage-Gewinne « aus dem zirkulierenden Geld zu ziehen. Die Hauptmethode bestand in der Verringerung des Edelmetallgehalts der Münzen, entweder durch Beimischung unedler Metalle oder durch die Prägung kleinerer Münzen desselben Wertes. Die modernen Notenpressen sind lediglich eine technisch fortschrittlichere und effizientere Methode zur Erreichung desselben Ziels. 1
In der gesamten Geschichte sind Könige, Kaiser und andere Herrscher stets sehr findig darin gewesen, eine Schuldenrückzahlung zu umgehen. Winkler liefert eine besonders unterhaltsame Schilderung der frühen Zahlungsausfälle, beginnend mit Dionysios aus dem griechischen Syrakus im 4. Jahrhundert v. Chr. 2 Dionysios, der sich von seinen Untertanen Geld in Form von Schuldscheinen geliehen hatte, erließ ein Dekret, dass das gesamte im Umlauf befindliche Geld der Regierung ausgehändigt zu werden habe, andernfalls drohe die Todesstrafe. Nachdem er alle Münzen eingesammelt hatte, prägte er auf jede 1-Drachme-Münze den Wert von 2 Drachmen und nutzte den so erzielten Gewinn zur Rückzahlung seiner Schulden. Wenngleich wir keine Daten aus dieser Zeit haben, trifft die Standardpreistheorie die starke Annahme, dass das allgemeine Preisniveau nach Dionysios’ Schwindel in die Höhe geschossen sein muss. Die klassische Geldtheorie legt in der Tat nahe, dass sich unter ansonsten gleichen Umständen (einschließlich der Produktion eines Landes) die Preise mit der Verdoppelung der Geldmenge auch verdoppeln müssen – das entspricht einer Inflationsrate von 100 Prozent. In der Praxis könnte die Inflation noch höher gewesen sein, wenn man davon ausgeht, dass das Finanzchaos und die Unsicherheit, die Syrakus befallen haben müssen, mit der Verdoppelung der Geldmenge zu einem gleichzeitigen Rückgang der Wirtschaftsleistung führten.
Ob diese Innovation einen Vorgänger hatte, entzieht sich unserer Kenntnis. Aber wir wissen, dass das Beispiel von Dionysios mehrere Elemente enthielt, die sich im Verlauf der Geschichte mit alarmierender Regelmäßigkeit wiederholt haben. Erstens ist die Inflation seit Langem die bevorzugte Waffe zur Herbeiführung eines Zahlungsausfalls bei Inlandsschulden und womöglich auch bei Auslandsschulden. Zweitens beweisen Regierungen mitunter eine extreme Kreativität, wenn es darum geht, Zahlungsausfälle zu provozieren. Drittens verfügen souveräne Staaten über Druckmittel auf ihre Bürger, die ihnen dabei helfen, Zahlungsausfälle in Bezug auf Inlandsschulden »reibungslos« verlaufen zu lassen, was gegenüber ausländischen Gläubigern im Allgemeinen unmöglich ist. Selbst in modernen Zeiten haben zahlreiche Länder drastische Sanktionen über diejenigen verhängt, die gegen Kapitalverkehrs- und Währungsrestriktionen verstoßen haben. Viertens greifen Regierungen gern zur Seignioragebesteuerung der Bargeldhaltung (indem sie den Wert der Landeswährung weginflationieren und zur Befriedigung der Nachfrage mehr Geld in Umlauf bringen). Allerdings wollen sie auch den realen Wert der ausstehenden öffentlichen Schulden verringern oder sogar eliminieren. Wie in Kapitel 8 erwähnt, wurden die Inlandsschulden bei vielen Krisenepisoden ignoriert – so offensichtlich, wie die Inlandsstaatsschulden auch sind – weil es kaum Daten dazu gibt.
Für Ökonomen sollte Heinrich VIII. von England beinahe so berühmt für die Wertminderung der Währung seines
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