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Diesseits Des Mondes

Diesseits Des Mondes

Titel: Diesseits Des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asta Scheib
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Straße spielen und mussten nie ihre beiden jüngeren Schwestern hüten, denn sie hatten ein Dienstmädchen. Ihre Mutter schrieb für den
Kölner Stadtanzeiger,
fuhr Motorrad und rauchte. Ihr Vater war abgehauen, hieß es. Er habe die vielen Weiber daheim nicht ausgehalten. Dafür hatten Heidi und Billie aber einen Großvater, der ein berühmter Professor war und riesige Bilder malte, die in Köln im Museum hingen. Michael war gern bei den Wellings, weil es bei ihnen so angenehm unordentlich zuging. Die Kinder mussten nie aufräumen, die Mutter und das Dienstmädchen ärgerten sich nicht darüber. Das ist eine polnische Schlampe, sagten die Leute. Michael hätte es gern gehabt, wenn seine Tante Flora auch eine polnische Schlampe gewesen wäre. Sie fuhr ihm mit ihrem Scheuerlappen überall hinterher und hätte am liebsten die ganze Familie in den Keller gesperrt, wenn sie geputzt hatte. Und das Gezeter, wenn etwas dreckig oder kaputt an Michael war. Die Wellings durften daheim alles bemalen, sogar die Türen und Fenster. Im Winter durften sie Kniestrümpfe anziehen und Schnee essen. Sie mussten nicht in die Kirche gehen und durften dem Lehrer patzige Antworten geben, ohne dass ihre Mutter sie deshalb verdroschen hätte.
    In der Kiesgrube angekommen, machten sie alle erst einmal Wettpinkeln. Michael war gut dran, er hatte gerade ein großes Glas Waldmeisterbrause von Flora bekommen. Heidi wollte auch im Stehen pinkeln. Sie stellte sich breitbeinig hin, schob das Becken vor und den Zwickel ihrer Hose beiseite, doch das brachte nichts, und sie zog verärgert ihren nassen Schlüpfer aus. Manni hatte eine Flasche Apollinaris dabei zum Wettrülpsen, doch das Wasser war warm und Manni spie es aus. Er hatte Lust auf anderes. Flicken ohne L machen. So nannte es Birgit, sachlich. Michael war das Wort peinlich, aber Lust hatte er auch. Und so suchten sie sich Büsche oder dicke Steinquadern, um zu zweit zu verschwinden. Doch zuerst losten sie mit Streichhölzern, die von den Mädchen in der rechten oder linken Hand versteckt wurden. Alle fügten sich rasch dem Schicksal, und Michael hatte schon wieder Glück, denn er gewann Billie. Sie hatte die schwärzesten Haare, die stupsigste Nase und die frechste Klappe im ganzen Ort. Michael glaubte ihr, dass sie nach Amerika fahren, sich einen reichen alten Mann suchen und den totkitzeln würde. Mit Billie hatte Michael es noch nicht gemacht, nur mal mit Birgit, aber da hatte deren Oma sie gerufen und es war aus. Aber heute, im Steinbruch, rief sie niemand. Michael wurde ganz heiß im Bauch. Es dauerte ihm zu lange, bis sie inmitten eines Busches hockten und sich sicher fühlten. Von den anderen war nichts mehr zu sehen. Billie hatte schon den Schlüpfer herunten. Sie zeigte Michael alles. Es brennt, du musst Salbe dran tun, sagte Billie, und Michael kannte sich aus. Er tat Spucke auf seinen Zeigefinger und bestrich Billie damit, immer wieder, solange sie stillhielt. Jetztdu, sagte sie, und er knöpfte den Latz seiner Lederhose auf.
    Billie sagte, der von Hansi sei größer, aber das mache nichts. Ihm, Michael, machte es wirklich nichts, es war ihm richtig schwindlig, so schön war es.
    Plötzlich hörte er eine quiekende Stimme. Kuckt mal, die Säue. Ein großer Junge riss Michael hoch und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht, dass sofort das Blut aus der Nase kam. Der nächste Faustschlag traf ihn am Auge, und für einen Moment sah er rote und schwarze Sterne. Billie schrie und die anderen kamen gerannt, auch die Freunde des Großen. Vergreift sich an kleinen Kindern, sagte einer und spuckte aus. Michael erkannte jetzt auch den Schläger, dem Billie Schimpfwörter nachschrie. Michael hielt sich Billies Schlüpfer unter die Nase, denn keiner von ihnen hatte ein Taschentuch.
     
    Am nächsten Morgen kam Michaels Mutter in der großen Pause auf den Schulhof. Michael hatte ihr alles berichten müssen, es war ihm sogar gelungen, das Wichtigste wegzulassen. Seine Mutter war so außer sich über sein geschundenes Gesicht, dass sie nur den Namen des Jungen wissen wollte. Michael sah mit Unbehagen, wie sie den Schulhof absuchte, von niemandem beachtet. Dann entdeckte sie den Jungen, der gerade in einen Apfel biss. Sie ging wortlos auf den Gleichgroßen zu, fuhr ihm in die Haare, riss seinen Kopf herum und schlug darauflos. Ihr müssen die Hände wehtun, dachte Michael, nur um was zu denken. Das konnte sie doch nicht machen, sie sollte aufhören. Inzwischen waren alle Schüler um den Jungen und

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