Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen (German Edition)
eingeteilt: In der einen Gruppe musste der Lernende zusätzlich zum Betrachten von Bild und Name eine zum Nobject passende Handlung (stecken, greifen, schneiden, hineinlegen) lernen und pantomimisch ausführen. In der zweiten Gruppe hingegen wurden Bild und Name gezeigt, wobei das relevante Detail, auf das der Proband mit dem Zeigefinger deuten sollte, durch einen Kreis hervorgehoben wurde.
7.11 Lernen durch Handeln mit dem Nobject [187]
Sieht man von vier Probanden ab, die auf der Strecke blieben und nicht durchhielten, wurde in beiden Gruppen zunächst einmal gleich gut gelernt: Nach Abschluss des Trainings beherrschten die Probanden alle 64 Nobjects, konnten sie richtig benennen und korrekt den übergeordneten Kategorien zuordnen. Um den Lernfortschritt zu messen, hatten die Probanden schon während der Trainingssitzungen Aufgaben zu bewältigen, die darin bestanden, die Nobjects oder deren Kategorienzugehörigkeit zu benennen. Hierzu sahen die Probanden nacheinander zwei Nobjects und sollten dann durch Tastendruck angeben, ob diese zur gleichen Kategorie gehören oder nicht. Ab der fünften Trainingssitzung – die Nobjects und deren Namen waren zu diesem Zeitpunkt schon halbwegs gut bekannt – wurde eine Variante der Aufgabe eingesetzt, bei der nur deren Namen – ebenfalls hintereinander – gezeigt wurden. Wieder sollten die Probanden angeben, ob die benannten Nobjects zur gleichen oder zu verschiedenen Kategorien gehörten. In beiden Aufgaben zeigte sich, dass die Probanden der Handlungsgruppe die Objekte signifikant schneller kategorisieren konnten.
7.12 Lernfortschritt bei der Kategorisierungsaufgabe. Dargestellt sind die mittleren Reaktionszeiten der Probanden, getrennt nach den Lerngruppen – Handeln (schwarze Kreise) versus Zeigen (weiße Kreise) – jeweils bei den ersten vier Durchgängen der Aufgaben. [188]
Wenn die Bilder der Nobjects gezeigt werden, braucht man nur nachsehen, welche Merkmale sie haben. Hat man dann die Kategorienzugehörigkeit der einzelnen Nobjects (anhand der Merkmale) gelernt, dann kann man auch sagen, ob die beiden zu der gleichen Kategorie gehören oder nicht. Werden jedoch nur die Namen der Nobjects gezeigt, muss man bei der Erledigung der Aufgabe recht heftig nachdenken (siehe vorherige Grafik, rechts): anhand des Namens sich an das Nobject zu erinnern, sich dieses bildhaft vorzustellen, die Vorstellung mit dem geistigen Auge zu betrachten und das Nobject zu kategorisieren; dann das Ganze noch einmal mit dem zweiten Nobject und dann die beiden Kategorien vergleichen. Gerade diese aktiven geistigen Leistungen werden durch das Training in ganz unterschiedlichem Maß ermöglicht, wie die Reaktionszeiten zeigen. Wer beim Lernen der Nobjects handelnd mit ihnen umgeht, kann mit ihnen ganz offensichtlich mental schneller umgehen als derjenige, der beim Lernen nur auf das relevante Detail zeigt.
Mit anderen Worten: Wie gut das Denken mit gelernten Inhalten funktioniert, ist abhängig davon, wie diese Inhalte gelernt wurden! Dieses Ergebnis wurde noch dadurch untermauert, dass während der Aufgabe ein 64-Kanal-EEG abgeleitet und die Daten ereigniskorreliert ausgewertet wurden. Hierbei zeigten sich nur in der Handlungsgruppe frühe Aktivierungen frontaler motorischer Bereiche des Gehirns.
Daraus lässt sich ableiten, dass nur beim Lernen durch Hantieren, nicht aber beim bloßen Zeigen, die Handlungsaktivierungsmuster im Gehirn Teil der gelernten begrifflichen Struktur geworden sind. Anders ausgedrückt: Die Art, wie etwas gelernt wird, bestimmt die Art, wie das Gelernte im Gehirn gespeichert ist. Damit ist auch klar: Wer sich die Welt nur durch Mausklick erschließt, wie von manchen Medienpädagogen befürwortet [189] , wird deutlich schlechter – nämlich deutlich langsamer – über sie nachdenken können. Denn ein Mausklick ist nichts weiter als ein Akt des Zeigens und gerade kein Akt des handelnden Umgangs mit einer Sache.
Wer also gerade erst dabei ist, sich die Welt anzueignen, der sollte sich unbedingt der realen Welt zuwenden. Wenn ich Sachverhalte am Computer lerne, werden sie in meinem Gehirn schwächer repräsentiert als bei handelndem Umgang. Wir wissen, dass mentale Geschwindigkeit sehr eng mit Intelligenz gekoppelt ist. Mentale Schnelligkeit deutet auf einen hohen Intelligenzquotienten. Man kann sogar Reaktionszeit-Unterschiede in IQ-Punkte umrechnen. Würde man dies mit den hier vorgestellten Daten tun, so ergäbe sich ein sehr großer
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