Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dihati Qo – Die, die sein werden (German Edition)

Dihati Qo – Die, die sein werden (German Edition)

Titel: Dihati Qo – Die, die sein werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Maximilian Spurk
Vom Netzwerk:
für Dich. Dir soll Dein Grinsen noch vergehen!« Voller Hass stampfte sie mit ihrem Stiefelabsatz sein Gesicht zu Brei, solange bis keinerlei Züge mehr erkennbar waren.
    Illwar war entsetzt über ihre Wildheit. Ihre Blöße diesen Leuten ausgesetzt zu haben, schien sie stärker getroffen zu haben, als er für möglich gehalten hatte. Seine Gedanken kreisten darum, diese Leute wiederzuerwecken, nicht die Toten zusätzlich zu schänden.
    Als Xarna mit ihrem Kunstwerk fertig war, blickte Illwar lange ausdruckslos in das ebenso gestaltete Gesicht. Der Mann hatte kein Antlitz mehr. Er konnte ihn so nicht mehr erwecken. Nie wieder würde sich dieser Soldat über jemanden lustig machen, nie wieder würde er lachen. Ganz egal, was er gewesen war, ganz egal was er vollbracht hatte. Ob er als Vater dreier Kinder mit diesen vergnügt am Feuer gespielt hatte, ob er als Geschichtenerzähler Leute unterhalten, am Stammtisch Witze gerissen oder seiner alten Mutter durch Aufmerksamkeit glückliche Stunden beschert hatte. Kein Lächeln, kein Lachen, kein Laut würde jemals wieder über seine Lippen kommen.
    Ein sentimentaler Zug verirrte sich auf Illwars Gesicht, während Xarna auf die Leiche spuckte. Er hatte eine Handvoll Menschen bereits wiedererweckt, mit mehr oder weniger großem Erfolg. Keiner hatte lange wieder gelebt. Aber nie hatte er sich gefragt, welches Leben sie vorher geführt hatten. Ob sie Kinder hatten, oder wie sie weiter ihr Dasein verbringen wollten.
    Xarna bekam von all diesen Überlegungen nichts mit und ging zur Tür der Kammer, um auf den Flur zu treten. Nur ihren katzengleichen Reflexen verdankte sie, nicht in zwei Hälften dort anzukommen. Sie duckte sich und rollte unter der Schwertklinge hinweg, die ihre schlanke Taille zerteilen wollte. Allerdings blieb sie aufgrund des Bogens, der wieder ihren Rücken zierte, am Türbogen hängen und befand sich nun am Boden liegend in einer äußerst misslichen Position.
    Der Anführer des Trupps stand über ihr. Er fletschte die Zähne. Er hatte hier draußen abgewartet, bis der richtige Zeitpunkt gekommen war, ganz mucksmäuschenstill. Hatte seine Leute drinnen geopfert und abgewartet. Zu Xarnas unbehaglicher Bewunderung durchaus mit Erfolg. Deutzen war sein Name, erinnerte sich Xarna, als der Mann das Schwert zum Schlag ausholte. Ihr kurzzeitiger Verbündeter, Sendrig, hatte den Namen erwähnt. Er sagte auch, dass Deutzen kein Dummkopf war. Die Klinge senkte sich viel zu schnell auf Xarnas Haupt. »Verflucht!«, dachte sie sich. »Sendrig hatte recht.«
    Xarnas Augen konnten der Klinge nicht folgen. Sie sah nur ein von den Fackeln matt beschienenes Schimmern, das gleich ihr Antlitz rauben würde, so wie sie es mit dem Soldaten zuvor gemacht hatte. Ein dumpfer Schlag echote durch die Gänge und Xarnas Ohren vernahmen, wie Stahl quietschend von hartem Holz abglitt. Ihre Augen sahen nur noch schwarz – ebenholzschwarz.
    Illwar riss den Stab hoch und mit ihm Deutzens Klinge, die er kurz vor Xarnas Kopf geblockt hatte. Der Feldwebel zog sich zwei Schritte zurück und stellte sich seinem neuen Gegner. Xarna löste den Bogen von ihrem Rücken und sprang auf. Sie riss eine Fackel aus der Wandhalterung und griff an.
    Deutzen schlug gekonnt gegen die Fackel und blockte sie so ab. Aber Xarna startete einen zweiten wilden Angriff, dem sich Deutzen erwehren musste. Illwar nutzte seine Chance und rammte das Stockende gegen den Brustpanzer des Feldwebels. Dieser krachte keuchend rücklings auf den Steinboden. Illwar schlug der zappelnden Schildkröte auf dem Boden das Schwert aus der Hand. Er stellte seinen Fuß auf Deutzens Brust, hob dessen Klinge auf und senkte sie emotionslos zwischen Deutzens Halswirbel. Der Mann stieß Blut statt Atem aus, dann blieb er in seinem Panzer regungslos liegen. »Ob er wohl Kinder hatte?«, blitzte es durch Illwars Kopf. »Vielleicht sollte ich den Nächsten, den ich wiedererwecke, fragen.« Dann zog er das Schwert wieder raus.
    Er säuberte den Stahl notdürftig, borgte sich eine Scheide und gürtete beides zusammen um seine Hüften. Xarna hatte sich den Bogen wieder zurechtgelegt. Sie nickten sich einander zu, blieben aber stehen und schauten sich in die Augen. Dann kam Xarna auf ihn zu und gab ihm einen ebenso flüchtigen wie zärtlichen Kuss auf die Lippen. Sie drehte sich um und beleuchtete mit ihrer Fackel den Weg.

20
    »Sagt das noch mal!«
    Dolche schossen seine Augen durch ihre engen Schlitze auf den eingeschüchterten Soldaten. Der

Weitere Kostenlose Bücher