Dihati Qo – Die, die sind
gilt das ja auch für Euch.«
Die Verblüffung ließ Retsetlees Mund offenstehen. »Aber wie? Mit was? Das kann nicht sein, es ist unmöglich …«
»Unmöglich? Ihr sagtet, keine Macht dieser Welt könnte die Kugel zerstören. Nun, wie Ihr wisst, sind wir nicht von hier und vielleicht sind wir ja auch nicht von dieser Welt.«
Retsetlee zog die Luft scharf durch die Zähne ein und hielt den Atem an. Dann nickte er. Er verstand Noraks Andeutung, woher die Freunde wirklich stammten. Und offensichtlich wusste er nicht, dass die Kugel unversehrt war.
Retsetlee war bewusst, dass der Rat der Zwölf, ihre Götter aus einer anderen Welt stammten. Durch Noraks Offenbarung konnte der Älteste nicht sicher sein, ob der junge Magier nicht doch das Potential besaß, die Kugel zu zerstören.
»Wollen wir nicht losgehen und Eurem Meister die gute Nachricht verkünden?« Häme mischte sich in Erics Unterton.
»Falls Ihr die Wahrheit sprecht«, Retsetlee musterte beide kritisch, »dann wird er alles andere als erfreut sein. Und Euer Leben wird er geringer schätzen, als den Dreck unter Euren Stiefeln.«
Norak lachte gekünstelt. »Warum sollten wir den Schelm fürchten, oder ihn über schätzen, jetzt, nachdem wir die Quelle seiner Macht zerstört haben? Was glaubt Ihr, kann er uns zuleide tun, wenn wir das vollbringen, was Eurer Meinung nach kein anderer kann?«
»Entweder seid Ihr kühn und dumm, oder weit gefährlicher als selbst ich geahnt habe. Nun gut, wie Ihr wünscht. Lasst uns dem Schelm die Nachricht überbringen. Es steht nicht nur Euer Leben auf dem Spiel, aber alle Dinge enden einmal.« Mit diesen Worten drehte er sich um und machte sich auf den Weg. Den Freunden stand es frei, ihm zu folgen.
* * *
»ZERSTÖRT?« Der Schelm war außer sich. Seine Hände krampften sich zusammen, sein Gesicht lief rot an. Sein Atem keuchte stoßweise aus den Lungen hervor. Gnom hin oder her, so wie er vor Wut kochte, fragten sich die Freunde, ob ihre Vorgehensweise die allerklügste war. »Ihr lügt! «
War das Hoffnung oder Gewissheit? Woher sollte der Schelm wissen, ob die Wasserkugel noch existierte? »Na, sicher tun wir das«, konterte Norak. »Das ist auch der Grund, warum der Narr aufgehört hat, Wasser aus dem Sumpf abzuziehen. Weil wir lügen und er ein solcher Menschenfreund ist.« Norak verpackte die Lüge im Geschenkpapier der Wahrheit.
Der Schelm erbleichte, wie vor nicht allzu langer Zeit Retsetlee vor ihm. An diesen gewandt schimpfte er » Ihr seid schuld! Euch habe ich entsandt, die beiden im Auge zu behalten! Wo wart Ihr, als das geschah?«
»Innerhalb der Grenzen Eures Reiches, wie Ihr befahlt, mein Meister.«
»SCHWEIGT! Dummkopf! Ist das Gebiet des Narren vielleicht nicht innerhalb meines Reiches?«
Entweder der Schelm bog sich gern die Dinge so zurecht, wie er es gerade brauchte, oder Retsetlee besaß tatsächlich eine etwas eigenwillige Auslegungsart seiner Befehle. Begründet dadurch, dass er mit dem Narren verbündet war? Diese Frage ließ die Freunde nicht los.
Noraks Nackenhaare kribbelten. Etwas stimmte nicht. Er versuchte herauszufinden was. »Ja, sie existiert nicht mehr. Und wenn Ihr wollt, dass etwas so geschieht, wie Ihr es wünscht, schickt das nächste Mal keine Handlanger! Was regt Ihr Euch auf? Ihr wolltet doch den Narren stoppen! Das haben wir für Euch getan. Das Gleichgewicht kann sich wieder herstellen. Keiner besitzt die Kugel. Keiner kann sie mehr für seine Zwecke missbrauchen. Keiner seine Macht stärken!«
Dem Schelm entging nicht, dass Norak auch auf ihn anspielte und es brachte ihn zur Raserei. Doch seine Unsicherheit ließ ihn zögern. Sagten sie die Wahrheit? Falls ja, konnte er was gegen sie tun? War er ihrer Macht gewachsen? Auf der anderen Seite stellten sich Norak und Eric genau dieselbe Frage.
Noraks Blick stöberte in den Winkeln des Raumes nach einer Idee für ihr weiteres Vorgehen – und da war es! Das, was nicht stimmte. Das, was nicht so war, wie insgeheim erwartet, obwohl er darüber gar nicht näher nachgedacht hatte. Davion! Selbstverständlich war der Berater des Königs anwesend. Selbstverständlich hatte er die ganze Zeit zugehört. Aber er, Davion, der Hetzer, der Kettenhund, der sie am ersten Tag hinrichten lassen wollte, Choleriker und Sprachrohr des Schelms, war unerwartet ruhig. Er sprach nicht, mischte sich nicht ein, er hörte nur zu. Er wartete ab! Genau das tat er. Wie ein Aasgeier beobachtete er, wie die Raubtiere sich wegen der Beute gegenseitig
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