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Dimension 12

Dimension 12

Titel: Dimension 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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retten!«
    »Wie denn? Der Druck…«
    »Wir müssen unseren Willen wieder vereinen und uns an die Oberfläche teleportieren. Ihr wißt selbst, wie es oben aussieht. Dort können wir leben. Ich wollte, daß man uns ins Meer stößt! Rasch! Kommt zu mir!«
    »Die Oberfläche«, sagte Roger. »Wir können nicht…«
    »Doch, wir können dort leben. Schnell!«
    Michael war dagegen. »Teleporation erfordert einen gewaltigen Energieaufwand. Der Rückstoß wird die Gocke zerschmettern. Ein ganzer Stadtteil wird überschwemmt werden!«
    Neu-Baltimore umfaßte zwanzig wasserdichte Teile. Brach das Wasser hier durch, so bedeutete das den Tod von fünfhundert Menschen.
    »Na und?« sagte Mary. »Sie haben uns auch zum Tode verurteilt, oder nicht? Schön, jetzt verurteile ich sie.«
    Zu langen Debatten fehlte die Zeit. Die Mikrosekunde näherte sich bereits ihrem Ende. Das Wasser erfaßte sie. Der Druck würde sie im Nu töten.
    Wie immer war Mary die Stärkste. Skrupellos unterjochte sie den Willen ihrer Gefährten. Sie vernahm Rogers schwachen Protest, aber sie unterdrückte ihn. Zum zweitenmal verschmolzen die Vier zu einer Einheit. Mary sammelte Kraft für den riesigen Sprung. Ob er ihr gelingen würde, wußte sie nicht, aber sie zog die Möglichkeit eines Versagens gar nicht erst in Betracht.
    Hinauf!
    Die vier Bewußtseine vereinigten sich zu einer Exponentialreihe und schossen augenblicklich durch das zischende Wasser zur Oberfläche. Zur grünen, warmen, fruchtbaren Oberfläche.
    Zur geschwärzten, versengten, radioaktiv verseuchten Oberfläche.
    Mary verblieb nur ein kurzer Überraschungsmoment. Die Erdoberfläche war ganz anders, als ihr geistiges Auge sie erblickt hatte. Sie war sogar noch trostloser als im dreidimensionalen Film in der Gemeinschaftshalle. Geschmolzene Felsblöcke standen in schwarzen Aschefeldern. Der Himmel schwirrte von radioaktiven Teilchen. Jedes Leben war erstorben.
    In der blasigen Asche, die noch warm von den Bränden des vorigen Jahrhunderts war, sank Mary auf die Knie. Die schweren Partikel fraßen sich brennend in ihr Fleisch. Wie ist das möglich? staunte sie. Wir sahen blühendes Land.
    Ein Impuls erreichte sie von Roger, der links neben ihr an der Strahlenseuche starb:
    … dich gefoppt, Mary. Dir doch in einer Hinsicht überlegen. In der Projektion von Traumbildern. Habe das echte Bild gelöscht durch ein erdachtes ersetzt. Hast den Unterschied nicht bemerkt, Mary, wie? Fröhliches Sterben…
    Sie fauchte wütend und wollte nach ihm greifen, um ihm die Augen auszukratzen, aber die Kraft verließ sie. Sie fiel vornüber und erwartete den Tod.
    Zum besten gehalten, dachte sie verzweifelt. Von ihm!
    Fünftausend Fuß tiefer toste das aufgebrachte Meer, von der Passage von vier Menschen zum Brodeln gebracht, gegen den Westausgang der Glocke Neu-Baltimores. Wütend prallte es gegen die Glocke, zertrümmerte sie und überschwemmte die Stadt. Und oben unter einem bleigrauen Himmel lag Mary Foyle im Todeskampf.

Die 91. Braut
    Es war der übliche Ehevertrag auf sechs Monate. Ich unterschrieb ihn, und Landy unterschrieb ihn, und damit waren wir Mann und Frau. Der Apparat für Zivilangelegenheiten schnarrte und warf unsere Heiratsurkunde aus. Meine Freunde schmunzelten und schlugen mich auf die Schultern und sprachen ihre Glückwünsche aus. Fünf von Landys Schwestern kicherten und summten und durchliefen sämtliche Regenbogenfarben. Alle waren sehr glücklich.
    »Gib der Braut einen Kuß!« riefen meine Freunde und Landys Schwestern.
    Landy warf sich in meine Arme, in die sie ausgezeichnet paßte. Sie war biegsam und zart, und ich umschlang sie. Die Blätter ihres Eßschlitzes bebten lieblich, als ich meine Lippen darauf drückte. So verharrten wir etwa eine halbe Minute lang. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, sie hielt sich wacker. In Landys Welt küßt man nicht, zumindest nicht mit dem Mund. Ich glaube kaum, daß ihr diese neue Empfindung sehr behagte. Aber wir hatten eine Ehe nach irdischem Brauch geschlossen und das auch im Ehevertrag festgelegt. Zwischenweltliche Ehen verlangen schon im vorhinein klare Verhältnisse. Und bei uns herrscht der Brauch, die Braut zu küssen, also küßte ich sie. In einem Anfall von Begeisterung packte mein Freund Jim Owens eine von Landys Schwestern und gab auch ihr einen Kuß. Sie versetzte ihm einen Hieb gegen die Brust, daß er quer durch die Kirche flog. Schließlich war es aber auch nicht ihre Hochzeit.
    Die Feierlichkeiten waren beendet, wir

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