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Dimension 12

Dimension 12

Titel: Dimension 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Spektrum des sichtbaren Lichts hinaus und badete mich in einem Schwall Ultraviolett, das mich quälte, auch wenn ich es nicht sehen konnte. Ihre Blätter hingen schlaff herab, ihre Augen glitzerten, und ihre Nasenlöcher kniffen sich zusammen.
    »Gefallen sie dir nicht?« fragte sie.
    »Ich war nicht darauf gefaßt. Du hast mich überrumpelt…«
    »Ich hab’s für dich getan!«
    »Aber mir gefielen deine alten Zähne«, wandte ich ein.
    »Nein, das stimmt nicht. Du hast dich vor ihnen gefürchtet. Ich weiß, wie ein Terraner küßt. Du hast mich nie auf diese Weise geküßt. Aber jetzt habe ich prachtvolle Zähne. Küß mich, Paul.«
    Sie zitterte in meinen Armen. Ich küßte sie.
    Wir erlebten unseren ersten Ehekrach. Sie hatte diese verrückte Zahntransplantation nur mir zuliebe vornehmen lassen, aber die neuen Zähne gefielen mir nicht, und jetzt war sie ganz durcheinander. Ich tat alles, um sie zu beruhigen. Nur daß sie sich schleunigst wieder ihre alten Zähne einsetzen lassen solle, sagte ich ihr nicht. Dadurch wäre alles nur noch schlimmer geworden.
    Es fiel mir verdammt schwer, mich an eine Landy mit irdischen Beißerchen in ihrem zarten Mündchen zu gewöhnen. Natürlich hatte sie ein makelloses Gebiß erhalten, zwei blitzende, elfenbeinfarbige Reihen, aber sie paßten nicht in ihren Eßschlitz. Nur mühsam unterdrückte ich einen Schauer, sobald sie den Mund öffnete. Wenn sich jemand einen alten gotischen Dom kauft, dann gefällt es ihm auch nicht, wenn ein Architekt den Turm mit wackelnden bioplastischen Einlagen modernisiert. Und wenn jemand eine Suvornesin heiratet, dann soll sie sich nicht stückweise in eine Terranerin verwandeln. Wohin kämen wir denn da? Als nächstes läßt Landy sich vielleicht einen synthetischen Nabel verpassen und die Brüste versetzen und die Geschlechtsorgane ändern, damit…
    Nichts dergleichen geschah. Sie trug ihre irdischen Zähne etwa zehn Tage lang, ohne daß einer von uns viel darüber sprach. Dann ging sie wieder zum Chirurgen und ließ sich von ihm ein suvornesisches Gebiß einpflanzen. Ich verlor kein Wort über die Veränderung. Damit hoffte ich, den Zwischenfall als vorübergehende Verirrung abzutun, die nun vorbei war. Trotzdem hatte ich das Gefühl, daß Landy sich einbildete, sie sollte ein irdisches Gebiß besitzen. Aber wir sprachen nie darüber, und ich war froh, daß sie ihr suvornesisches Aussehen wiederhergestellt hatte.
    Ja, so geht es eben in der Ehe. Zwei Leute versuchen ehrlich, einander alles zuliebe zu tun. Das gelingt ihnen nicht immer, und trotz der besten Vorsätze endet alles manchmal sogar mit Kummer. Genauso ging es Landy und mir. Aber wir waren reif genug, um die schwere Zahnkrise zu überleben. Wäre es meine zehnte oder elfte Heirat gewesen, es hätte eine Katastrophe geben können. Aber mit zunehmender Erfahrung lernt man, Fallstricke zu vermeiden.
    Wir befanden uns häufig in Gesellschaft unserer Mitreisenden. Sie boten uns Schulbeispiele dafür, wie man eine Ehe nicht führen soll. In der Kabine neben uns wohnte ebenfalls ein gemischtes Paar. Grund genug für uns, öfters mit den beiden zu plaudern. Wir bemerkten aber bald, daß uns ihre Gesellschaft nicht behagte. Beide legten es nämlich auf einen Versicherungsschwindel an. Ein widerliches Schauspiel, das können Sie mir glauben.
    Die Frau war Terranerin – ein großes, üppiges Weib mit orangegelbem Haar und getupften Augen. Sie hieß Marje. Ihr neu Angetrauter war ein Lanamorianer, ein klotziger Ochs von einem Humanoiden mit gewellter blauer Haut, vier Teleskoparmen und einem Dreigestell an Stelle von Beinen. Auf den ersten Blick wirkten sie ganz sympathisch; beide etwas leichtsinnig, die typischen interplanetarsichen Touristen, die schon alles gesehen und erlebt hatten und sich jetzt sechs Monate in die Seligkeit zurückzogen. Aber schon bald bemerkte ich, daß sie vor Zeugen unfreundlich, ja sogar bissig miteinander sprachen. Einer wollte den anderen verletzen.
    Sie kennen ja die Bedingungen des sechsmonatigen Ehevertrages, nicht wahr? Jeder Gatte schließt eine Versicherung gegen böswilliges Verlassen ab. Hält einer der Partner die sechs Monate nicht durch und bricht die Ehe vorzeitig ab, ist die Versicherungssumme fällig. Nun ist es nicht übermäßig schwer, sechs Monate verheiratet zu bleiben, und die Versicherungen müssen kaum jemals die’ Schadenssummen ausschütten. Wir leben in einer reifen Zivilisation. Versicherungsschwindel, bei dem ein Ehepartner den anderen

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