Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin
die fertige Präsentation, Herr Höbel» klingt. Insofern kann als Faustregel gelten, dass solche grundlegenden und deadlineaufschiebenden Entdeckungen frühestens nach der Hälfte und spätestens nach zwei Dritteln der veranschlagten Zeit kommuniziert werden müssen.
Eigentlich soll dieses ganze Buch dazu führen, dass seine Leser keine Ausreden erfinden müssen, sondern es sich in ihrem Arbeits- und Organisationsleben so einrichten, dass sie unnötig werden. Wenn es auf dem Weg dorthin aber doch zum Äußersten kommt und in zwanzig Minuten Ergebnisse von vier Wochen Arbeit erwartet werden, hilft alles Regenschirmaufspannen nicht mehr – eine treffsichere, kraftvolle Ausrede muss geladen und entsichert werden. In Ausreden steckt durchaus auch hilfreiches Potenzial: Wer sie gut einzusetzen weiß, wird seltener in eine Schockstarre verfallen, die dazu führt, dass man sich bei den wartenden Kunden, Kollegen oder Ämtern niemals wieder meldet. Zu den am meisten gefürchteten Phänomenen bei LOBOs gehört nämlich, dass sie schlechte Nachrichten ungern überbringen und deshalb jeden Kontakt vermeiden.
Grundsätzlich sind die beiden wichtigsten Maßstäbe für gute Ausreden Nachvollziehbarkeit und Zukunftsfähigkeit. Letztere ist simpel erklärt: Keine Ausrede sollte den mittelgroßen Stein, der jetzt im Weg liegt, durch einen Riesenfindlingfür nächste Woche ersetzen. Die oft für wichtig gehaltene Glaubwürdigkeit spielt nur eine untergeordnete Rolle: In dem Moment, wo der Zuschauer die Wahrheit dessen, was man ihm erklärt, in Frage stellt, ist es bereits zu spät. Ausreden sind wie Pompeia, die Frau des Caesar – sie dürfen nicht einmal in den Verdacht des Betruges geraten.
Die Nachvollziehbarkeit hingegen ermöglicht es den Adressaten der Ausrede, sich und andere zu beruhigen, egal, ob die Ausrede geglaubt wird oder nicht. Nachvollziehbarkeit ist eine Typfrage – man sollte also wissen, was für eine Ausrede einem gut zu Gesicht steht. Das kann bei dem einen eine niedergeschlagen vorgetragene, wahr anmutende Geschichte sein, bei dem anderen ein Abenteuermärchen, das niemand glaubt, aber alle toll finden. Am besten jedoch sind Ausreden, die sich selbst erzählen.
Kommunikationsmanager Cedric Ebener berichtet von einer Kundenpräsentation, die auch nach nächtelangem Durcharbeiten nicht fertig werden wollte. Am Tag vor dem Kundentermin war klar, dass man allenfalls ein 5 0-prozentiges Ergebnis würde präsentieren können, vor allem die graphischen Darstellungen fehlten. In der Krisensitzung am Nachmittag kam ihm die rettende Idee. Er kaufte einen kaputten Laptop für 50 Euro und fuhr zum verabredeten Treffen. Mit den üblichen charmanten Sprüchen unterhielt er das anwesende Entscheiderdutzend, während er mit einigen geübten Handgriffen den Beamer an den Laptop anschließen wollte. Mit einer scheinbar der Übermüdung und der Euphorie geschuldeten Drehbewegung wischte er den Computer vom Tisch. Sowohl der Rechner als auch der edle Marmorboden zeigten sich wohlwollend und inszenierten einen gelungenen Aufprall, der visuell und akustisch nichts zu wünschen übrigließ. Cedrics mäßige Schauspielbegabung ermöglichte es ihm, leicht fassungslos gar nichts zu tun. Nacheiner Schockminute für alle Beteiligten kostete Cedric die Mischung aus Ärger und Mitleid aus und trug die Ergebnisse mündlich vor, wobei er sie mit einem Filzstift auf einen im Raum befindlichen Overhead-Projektor skizzierte – «live!». Es ist Cedrics rhetorischer Begabung, aber eben auch dem «Unglücksfall» geschuldet, dass der Vortrag mit Applaus endete. Die vollständige Präsentation, auf eine DVD gebrannt, erreichte die Entscheiderrunde zwei Tage später.
Auch die verbale Ausrede sollte Nachvollziehbarkeit anstreben und mit Wortbildern arbeiten. Allerdings reicht es in ungefähr 99 Prozent aller Fälle, einfach ohne weitere Begründung zu sagen: «Tut mir leid, dass ich zu spät komme.» Man muss nicht jedes Mal gleich lügen, man sei auf dem Weg zum Termin von Aliens entführt worden. Beim verbleibenden Prozent sollte die Ausrede so viel Wahrheit wie irgend möglich enthalten. Es gibt nichts Ärgerlicheres als eine Ausrede, die aus anderen Gründen als dem zentral zu verschleiernden auffliegt, wenn man sich also in selbst aufgebauten Widersprüchen verheddert. Gute Ausreden dehnen daher eher die Tatsachen in eine leicht gekrümmte Realität hinein; die Ausrede ist die kleine Adoptivschwester der Lüge, die eigentlich gar
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