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Dinner for One auf der Titanic

Dinner for One auf der Titanic

Titel: Dinner for One auf der Titanic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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es ist Zeit für eine Enthüllung. Ich muss Sie ins Bild setzen.«
    Dr. Breastsucker ließ sein Besteck sinken. Kapitän Smith räusperte sich.
    »Nun, auch unser teurer Finch-Meyers und seine reizende Assistentin Miss Sterlingtree sind für die Sicherheit an Bord der Titanic zuständig. Incognito, sozusagen. Als Borddetektive.«
    Miss Sophie stieß hörbar die Luft aus. Kapitän Smith blickte sie entschuldigend an.
    »Ich hoffe, das klingt nicht zu dramatisch. Aufgrund trauriger Umstände ermitteln sie nun im Falle des Todes von Mr.Smooth Gentle.«
    »Donnerwetter«, sagte Miss Sophie. »Wir haben Pinkertons an Bord.«
    »Sie sind kein Priester?«, fragte Dr. Breastsucker.
    »Nun ...«, hob der Kapitän an, doch Finch-Meyers unterbrach ihn.
    »Wir untersuchen den bedauerlichen Tod von ... ja, wer war eigentlich Mr. Smooth Gentle?«
    Miss Sophie klatschte in die Hände.
    »Ein Ratespiel, wie wunderbar.«
    Plötzlich wich alle Farbe aus dem Gesicht von Dr. Breastsucker. Er sprang von seinem Stuhl. Mit weit aufgerissenen Augen breitete er die Arme aus, wollte vorstürzen, kam aber nicht vom Fleck.
    »Professor, also ...«
    Mit einem Buch vor dem Gesicht schritt der österreichische Gelehrte Sigmund Freud durch den Speisesaal. Die Augen auf die Zeilen gerichtet, versuchte er sich mit ausgestrecktem Arm einen Weg zu ertasten. Geradeso wie ein Wanderer, der unversehens in eine Nebelbank geraten war.
    »Um Himmels willen, er löst wieder einen Fall«, sagte Dr.Breastsucker.
    »Ich dachte immer, das wird auf einer veritablen Couch erledigt?«, erwiderte Miss Sophie. »Neue Moden aus Wien?«
    »Er löst einen Kriminalfall«, erläuterte Dr. Breastsucker.
    Mr. Finch-Meyers blickte den Kapitän an, der ratlos den Kopf schüttelte.
    »Ich muss ihn irgendwie in seine Kabine dirigieren«, sagte Dr. Breastsucker. »Vielleicht sollte ich die Kriminalromane verschwinden lassen. Es ist wohl mehr als eine Leidenschaft.«
    Breastsucker entschuldigte sich und eilte zum Professor, der mit seiner Lektüre in eine andere Welt eingetaucht schien. Für einen Augenblick sah er von den Seiten auf, nahm Breastsucker wahr und nickte ihm freundlich zu. Dann vertiefte er sich wieder in sein Buch und ließ sich lesend von seinem Assistenten aus dem Speisesaal führen.
    Jessup Finch-Meyers zog den Zeitungsartikel aus seinem Jackett und donnerte ihn auf den Tisch. Miss Sophie blickte ihn spöttisch an.
    »Was für eine Demonstration animalischer Kraft«, sagte sie.
    »Was für eine Demonstration hinterlistiger Mordlust«, sagte Finch-Meyers.
    »Und haben Sie zufällig etwas Aufregendes da unten im Frachtraum entdeckt?«
    Finch-Meyers zog die Augenbrauen in die Höhe.
    »Wie meinen, Miss Sophie?«
    »Ich vermisse eine Kiste mit einem Bild. Leider nur eine Kopie, aber eben ein mir ans Herz gewachsenes Erinnerungsstück. Eine wunderbare kleine Arbeit. Sie ist Ihnen nicht zufällig begegnet?«
    »Vielleicht versuchen Sie es im Schiffs-Fundbüro. Um die flache Holzkiste, die im Tigerkäfig liegt, dürfte es sich wohl nicht handeln, oder?«
    Miss Sophie zuckte gleichgültig die Achseln. Gerissenes Luder.
    »Wie dem auch sei, es dürfte mit einigen Schwierigkeiten verbunden sein, das zu überprüfen. Zurück zu diesem Fall.«
    Finch-Meyers deutete auf das vor ihm liegende Stück Papier.
    »Wie dieser etwas angegilbte und mir zugespielte Zeitungsartikel beweist, handelt es sich, oh Verzeihung, handelte es sich bei Mr. Smooth Gentle um niemand Geringeren als ... James?«
    »Ja, Sir?«
    James stellte erschreckt die Sauciere auf den Servierwagen.
    »Interessiert Sie das gar nicht?«
    »Ungemein, Sir.«
     
    * * *
     
    Es schien Patsymoon Sterlingtree, als sei sie nicht nur unendlich viele Treppen hinabgestiegen, sondern auf wunderliche Weise ganz tief unten in der glutheißen Hölle im Mittelpunkt der Erde angelangt.
    Rußgeschwärzte Männer mit nacktem Oberkörper schoben Loren mit Kohlen vor die Kessel und schütteten sie aus. Andere öffneten gusseiserne Luken und schaufelten die Kohlestücke hinein. Immer wenn eine dieser Klappen geöffnet wurde, schlug ihr ein sengender Hitzeschwall entgegen.
    Sie tupfte sich mit dem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Das Tuch war schwarz. Ein Mann pfiff ihr nach.
    »Na, Süße, wollen wir uns heute Abend im Café Parisien verabreden?«
    »Sir, ich glaube ...«
    »Ich bestelle die Kutsche für acht Uhr«, sagte der Mann.
    Andere Männer entblößten die Zähne, die in ihren schwarzen Gesichtern weiß leuchteten. Wie

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