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Dinner for One auf der Titanic

Dinner for One auf der Titanic

Titel: Dinner for One auf der Titanic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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der Mann schnüffelte einfach weiter. Verstieg sich in verwegene Ideen, redete von Mordkomplott und einem Geheimnis um diesen Tiger. Himmel, den musste er ja auch noch füttern!
    Aber bei Licht betrachtet, war der Plan dieses Smooth Gentle gar nicht so übel gewesen. Und er hatte seinen Beitrag geleistet. In der Bordapotheke hatte er jede Menge Abführmittel besorgt. Und auch gleich noch ein paar Päckchen von einem anderen Zeug mitgenommen, das dort herumlag. Die Idee war bestechend. Den Tiger mit Abführmitteln vollstopfen, und wenn der große Durchfall kommt, rasch hinein in den Käfig und das Bild herausholen.
    Sicher, dass Smooth Gentle ihn, James, erpresst hatte und Miss Sophie darüber informieren wollte, dass er den Liebesbrief in seinem Auftrag geschrieben hatte, nein, das war nicht gerade gentlemanlike gewesen.
    Und dann seine unsittlichen Anträge! Konnte man ihn denn nicht in Ruhe lassen? Vielleicht hatte Miss Sophie etwas von diesem Alleingang mitbekommen. War das der Grund, warum sie die Mittel vertauscht und damit diese fatalen Ereignisse in Gang gesetzt hatte?
    Alles hätte er, James, geduldig ertragen, nur ...
    James dachte an seine Pfanne. Nein, das Bild, das sich da in seinem Kopf eingebrannt hatte, war zu abstoßend. Böse. Jedenfalls drückte sich Smooth Gentle aus heiterem Himmel den Bauch und griff hinter eine Kiste. Plötzlich hielt er seine Pfanne in der Hand, zog sich die Hose herunter und hockte sich darüber. Ekelhaft. Ganz und gar entwürdigend.
    Seine Pfanne, seine Zukunft, von einem lästernden und versnobten Dichter zuge ... Nein, das durfte nicht sein. Angeblich hatte er sich die Pfanne nur ausgeliehen, um damit den Tiger in Schach zu halten.
    Was war nur im Kopf dieses Mannes vorgegangen? Sicher, er hatte ihm das gute Stück über den Schädel geschlagen, aber zum Käfig mit dem Tiger war er aus eigenen Stücken getorkelt.
    War halt Pech, dass der völlig außer Rand und Band geratene Tiger ihn erwischt und den Unglücklichen trotz seiner Körperfülle durch die Gitterstäbe gezogen und wieder herausgedrückt hatte.
    Nein, so hatte er diese Raubkatze noch nicht erlebt. Da konnte man mal sehen, welch schädliche Wirkung diese Rauschmittel selbst auf Tiere ausübten. Ja, der Tiger hatte noch mehr gerast als damals der Löwe im Zoo, dem er als Kind zwei lebendige Meerschweinchen in den Käfig geworfen hatte. Anschließend hatte er einen Aufsatz darüber schreiben wollen. Er erinnerte sich noch genau an das Ge-kreische der Mütter, die sich mühten, ihre brüllenden Kinder zu beruhigen.
    Aber in der freien Wildbahn kam so etwas schließlich auch vor. Meerschweinchen gegen Löwe, klar, dass der Löwe gewinnt. Bis heute war es für ihn ein Rätsel, warum der Zoo-Direktor ihm lebenslanges Hausverbot erteilt hatte.
    Nein, auch bei dieser Verkettung unglücklicher Umstände durfte er sich nicht verrückt machen lassen. Die Titanic fuhr nach Amerika, und die beiden Herren Balgakov und SmoothGentle waren eben vom Kurs abgekommen. Auf einer anderen Route aus dem Leben gesegelt. So musste man das sehen.
    James strich über den knisternden Stoff des Chiffonkleides.
    Energisch wurde an die Kabinentür gepocht. James sprang in die Höhe.
    »Sophie, es tut mir leid, aber ...«, sagte der Kapitän durch die geschlossene Tür. »Würdest du bitte öffnen?«
    Miss Sophie stürzte aus ihrem Ankleidezimmer. Hektische Flecken breiteten sich auf ihrem Gesicht aus. Auch der Turban, den sie sich aus einem Handtuch über den Kopf gedreht hatte, kam ins Rutschen.
    Der Kapitän stand vor der Tür. Hinter ihm dieser Bordschnüffler Finch-Meyers.
    Miss Sophie korrigierte ihren Turban.
    »Geht das Schiff unter oder handelt es sich um etwas Wichtiges?«
    James glaubte, ein leichtes Zittern zu bemerken. Ihr Blick schwankte zwischen Angst und wilder Entschlossenheit. Ein wenig erinnerte ihn das an den Tiger. Fühlte sie sich in die Enge getrieben?
    »Nun, Sophie ...«
    Der Kapitän starrte auf die offene Schublade mit Miss Sophies Miedern. Sie bemerkte seinen Blick und stieß die Schrankkoffer-Schublade mit einem Fußtritt zu.
    »Ich hoffe, ich höre eine Erklärung für dieses rüde Auftreten?«
    James öffnete eine Hutschachtel und stopfte zwei Bänder hinein.
    »Nun, Sophie-Täubchen, es tut mir leid, außerordentlich leid, dass ich dich behelligen muss, aber der Mann steht nunmal in deinen Diensten.«
    »In meinen ...«
    Hörte James da Erleichterung in ihrer Stimme? Über ihr Gesicht huschte ein

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