Dinner fuer drei Roman
dich wieder verziehen würdest.«
Sie sprang auf. Wie hatte sie sich auch nur eine Sekunde einbilden können, dass er sie verstand? Dass sie ihm wichtig genug sein könnte, um sie zu trösten? Wann würde sie sich endlich eingestehen, dass sie ihm absolut egal war? Verzweifelt überlegte sie, wie sie es ihm heimzahlen konnte, wie sie ihn verletzen konnte, wie er sie verletzt hatte.
Sie holte tief Luft. »Nun, wer will denn schon mit dir zusammen sein, du alter Säufer?«, zischte sie und funkelte ihn zornig an.
Er zuckte nicht einmal mit der Wimper, sondern starrte einfach nur in Richtung der Berge. Im Schatten seiner Hutkrempe waren seine Augen nicht zu erkennen, doch seine
Stimme war so flach wie die Prärie in Oklahoma, als er meinte: »Wie wäre es dann, wenn du den alten Säufer einfach in Ruhe lassen würdest?«
Ihre Verletztheit wich augenblicklich blankem Hass. Nie wieder würde sie einem von ihnen ihre wahren Gefühle anvertrauen. Sie verbarg ihr gebrochenes Herz hinter einer finsteren Miene, wirbelte herum und stapfte in Richtung ihres Wohnwagens zurück.
Hinter den künstlichen Felsen rann Dash Coogan der Schweiß in Strömen von der Stirn. Er kniff die Augen zusammen und versuchte das Verlangen zu unterdrücken, das ihn plötzlich zu überwältigen drohte. Das Mädchen würde nie erfahren, wie nahe es mit seiner Bemerkung der Wahrheit gekommen war. Er brauchte etwas zu trinken.
Seine Hand zitterte, als er nach der Packung Kaugummi tastete, die stets in seiner Hemdtasche steckte. Während der letzten Jahre hatte er begonnen, seine Heilung als selbstverständlich hinzunehmen, doch diese Selbstgefälligkeit hatte sich als großer Fehler herausgestellt. Während er sich zwei der Pfefferminz-Kaugummis zwischen die Lippen schob, sagte er sich, dass er bereits vor langer Zeit damit aufgehört hatte, anderen die Schuld an seinem Alkoholproblem zu geben. Und daran würde sich auch jetzt nichts ändern. Doch jedes Mal, wenn sich dieses kleine Mädchen an seine Fersen heftete, in der Hoffnung, er könnte auch im wahren Leben die Rolle des Vaters übernehmen, überkam ihn plötzlich das Verlangen nach einem Drink. Nicht einmal seinen eigenen Kindern war er ein guter Vater gewesen, also würde es ihm bei diesem Mädchen ebenso wenig gelingen.
Während der ersten paar Tage, als sie angefangen hatten, die Drehbücher zu lesen und sich konkret über die Serie zu unterhalten, war er nett zu ihr gewesen, doch es hatte nicht lange gedauert, bis er eingesehen hatte, dass das ein großer Fehler war. Sie war ihm gefolgt wie ein kleines Hündchen und hatte ihm nicht einmal genügend Raum gelassen, um noch frei
zu atmen. Schließlich hatte er erkannt, dass er sie auf Abstand halten musste. Die Leere in ihm selbst war einfach zu groß, um die Leere in ihrem Inneren ausfüllen zu können.
Er wusste, wie sehr er sie verletzte, doch sie besaß, ebenso wie er als Kind, eine starke Persönlichkeit und würde seine Zurückweisung ebenso überleben wie er damals die Reise von einem Waisenhaus ins nächste. Es war eindeutig besser für sie, frühzeitig zu lernen, nicht zu viel von anderen zu erwarten und ihre Gefühle so gut wie möglich zu verbergen, sodass niemand auf ihnen herumtrampeln konnte.
Aber verdammt, sie hatte etwas an sich, das ihn mitten ins Herz traf, und genau das war der wahre Grund, weshalb er sich von ihr fern hielt. Denn wenn er sich verletzlich fühlte, brauchte er etwas zu trinken, und nichts auf dieser Welt, nicht mal diese Göre, würde ihn dazu bewegen, die inzwischen sechsjährige Abstinenz zu brechen, die er sich so mühsam erarbeitet hatte.
Honey entdeckte das Haus Anfang März, unmittelbar vor der viermonatigen Drehpause, und ein paar Wochen später zogen sie, Chantal und Gordon bereits ein. Am ersten Abend kurz vor Sonnenuntergang ging sie nach draußen und betrachtete die gekalkte Steinfront. Ein Netzwerk aus Bougainvilleen zog sich über sämtliche Mauern und ringelte sich um die tiefschwarzen Fensterläden, von denen die zweigeteilten Fenster gerahmt wurden. Die grünliche Patina auf dem kleinen Kupferdach über dem Eingang verlieh der Fassade eine Aura der Ehrwürdigkeit. Links und rechts der Eingangstür wuchsen sorgsam gestutzte Büsche, und neben dem Gebäude hatte jemand einen halbmondförmigen kleinen Rosengarten angelegt. Sie hätte nie gedacht, je in einem so schönen Haus zu leben. Ein Traum war in Erfüllung gegangen.
»Natürlich liegt es zu nah am Wiltshire Boulevard, um
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